Die Regierung hat am Dienstag im Ministerrat den "Nationalen Aktionsplan für Integration" abgesegnet.
Wer nach Österreich dauerhaft einwandern will, muss künftig Deutsch können. Das ist einer der Eckpunkte des "Nationalen Aktionsplan für Integration", der am Dienstag im zweiten Anlauf den Ministerrat passiert hat. Gegenüber dem ersten Papier von ÖVP-Innenministerin Maria Fekter sind die Änderungen geringfügig, vor allem Festlegungen gegen Sozial- und Lohndumping hat die SPÖ hineinreklamiert. Kritik kam von den Grünen und NGOs, die Konkretes nur bei Verschärfungen orteten. Einen genauen Zeitplan für die Realisierung gibt es nicht, einiges soll noch heuer umgesetzt werden.
Deutsch gegen Arbeitsmarkt
Zuwanderer müssen nun vor
der Einreise Basis-Deutschkenntnisse vorweisen. Zielgruppe sind
nachzugsberechtigte Familienangehörige aus Drittstaaten, nicht aber höher
Qualifizierte, Asylwerber oder Saisonniers. Im Gegenzug soll
Familienangehörigen der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden. Auch
ausländische Studenten sollen nach einem positiven Abschluss in Österreich
unter bestimmten Bedingungen arbeiten dürfen.
Pflichten klar - Rechte nicht
Konkretes dazu gab es noch nicht.
Ganz im Gegenteil meinte ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, dass
angesichts steigender Arbeitslosenzahlen jetzt nicht der richtige Zeitpunkt
für eine Liberalisierung sei. SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer zeigte
sich gesprächsbereit, wenn die Zuwanderer wirklich Deutsch-Kenntnisse
mitbrächten. Personen aus dem Familienzuzug sind derzeit im ersten Jahr in
Österreich nicht am Arbeitsmarkt zugelassen.
Verfassungskonforme Variante
SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann
versprach nach dem Ministerrat eine verfassungskonforme Umsetzung. Der
Passus mit den Deutsch-Basiskenntnissen gelte nur für Personen aus Ländern,
wo man die Sprache auch lernen könne. Der Kanzler geht aber davon aus, dass
Österreich von bereits bestehenden deutschen Einrichtungen profitieren kann.
Das klappt schon ...
Bereits vor dem Ministerrat wischte Fekter
Zweifel an der Praktikabilität beiseite. Wenn Dänemark und Schweden die
gleichen Regelungen umsetzen könnten, müsse das auch bei einer Sprache wie
Deutsch möglich sein, die von vielen Millionen gesprochen werde.
Sozialminister Hundstorfer verwies auf die weltweit 400 Goethe-Institute und
eine Reihe anderer Einrichtungen, wo man Deutsch lernen könne. Zusätzlich
werde ja nur ein Minimum an Deutsch verlangt: "Es geht ja nicht darum, dass
sie Romanschreiber sind."
Botschaft oder Konsulat
Abgeprüft werden sollen die
Sprachfertigkeiten jedenfalls bei den österreichischen Vertretungen in den
Herkunftsländern. Fekter - sie bezeichnete die von der SPÖ
hineinreklamierten Änderungen als "semantische Korrekturen" - erklärte, dass
bei diesen Behörden auch die Anträge für den Aufenthalt in Österreich
eingebracht würden. Da könne man dann auch die Sprachfeststellung vornehmen.
"Akzeptanz unserer Werte"
Eines der Grundprinzipien des
Integrationsplans, das auch von Faymann speziell hervorgehoben wurde, ist
"Integration vor Neuzuzug". Es wird aber auch Sanktionen geben. Bei 18- bis
21-Jährigen droht die Streichung der Familienbeihilfe, wenn keine
Leistungsbereitschaft vorliegt. Beinhaltet ist auch die Akzeptanz von Normen
und Werten des österreichischen Rechtsstaates bei gleichzeitigem Kampf gegen
Fremdenhass und Rassismus.
Nicht wenig Kritik
Die schiere Befassung mit der Materie wurde in
den meisten Reaktionen positiv aufgenommen, im Detail gab es aber fast
ausschließlich Kritik. Die Verschärfungen dienten nicht der Integration,
sondern der Verhinderung von Migration, kritisierten etwa die Grünen. Das
BZÖ verlangte ein zukunftsweisendes Gesamtkonzept und eine "Green-Card" für
Österreich.
Die Caritas attestierte Fekters Papier auch positive Ansätze, etwa beim Bekenntnis gegen Rassismus. Ebenso wie die Volkshilfe bemängelte sie aber den Mangel an Verantwortungszuordnungen und daraus ableitbaren Zeit- und Finanzplänen. Die Bundesjugendvertretung sprach sich gegen den Ansatz "Integration durch Strafe" aus. Vertreter von Industrie und Wirtschaft begrüßten den Plan, sprachen sich aber für qualifizierte Neuzuwanderung aus.
Rote parteiintern uneinig
Auch aus der SPÖ gab es Kritik. Die
Wiener Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger ortete Schwammigkeit und
fehlende Finanzierung, das Prinzip "Deutsch vor Einreise" widerspreche der
Chancengleichheit. Für die Sozialistische Jugend ist die Zustimmung der SPÖ
gar "schockierend". Positiv äußerte sich dagegen Fekters rotes Gegenüber in
der Regierung, Verteidigungsminister Norbert Darabos. Ein gutes
Zusammenleben könne nur funktionieren, wenn es klare Regeln gebe, erklärte
er.