Riesige Sammlung
Dichand: Größter Kunstsammler Österreichs
17.06.2010
Dichands legendäre Kunstsammlung soll ein immenses Ausmaß haben. Zentrales Stück: Klimts "Danae".
Zeitungszar Hans Dichand war auch ein leidenschaftlicher Kunstsammler und seine Kollektion beinahe so sagenumwoben wie früher die Sammlung des Augenarztes Rudolf Leopold. Die von Wilhelm Holzbauer errichtete Dichand-Villa im Kaasgraben im Wiener Nobelbezirk Döbling sei voll von Meisterwerken, heißt es, von gut gefüllten Kunstdepots im Ausland wird gemunkelt.
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Immer wieder sind Spitzenwerke der Sammlung wie etwa Gustav Klimts Gemälde "Danae", das auf zumindest 40 Mio. Euro geschätzt wird, als Leihgaben in Ausstellungen zu sehen. In ihrer Gesamtheit wurde sie nie öffentlich präsentiert. An diesem Vorhaben war auch Wolfgang Lorenz gescheitert, der als Intendant von "Graz 2003 Kulturhauptstadt Europas" die Sammlung des gebürtigen Grazers zeigen wollte. "Ich hatte mit Herrn Dichand (das war wohl um 2000) darüber ein sehr konstruktives Gespräch und wir waren uns eigentlich handelseins, das Projekt mit dem Erscheinen eines Gesamtkataloges der Sammlung zu kombinieren", so der ORF-Programmdirektor im Vorjahr, "Es hat sich allerdings dann in weiterer Folge herausgestellt, dass Standortfragen von Sammlungsteilen, bzw. der genaue Bestand nicht so einfach zu klären seien, und dadurch auch die Erstellung des Gesamtkataloges so einfach nicht sein würde. Fest steht, dass es sich um eine immense Sammlung handeln muss."
Aufenthaltsorte der Werke zum Teil im Ausland
Vor allem an nicht
geklärten Fragen der ungehinderten Ein- und Ausfuhr der Kunstwerke dürfte
das Ausstellungsprojekts damals gescheitert sein. "Ich habe einige
wichtige Bilder im Ausland gekauft, aber vorsichtshalber draußen im
Zollfreilager gelassen, in Zürich und so. Wichtige Bilder mit Storys
dahinter: Alma Mahler und Kokoschka und diese Geschichten", schilderte
Dichand 2003 im "Wirtschaftsblatt", "Die Minister haben es
nicht fertig gebracht, dass ich die Bilder in Graz ausstellen, aber dann
wieder zurück ins Ausland bringen darf."
Die "Danae" befindet sich in Österreich - und war zuletzt in der Ausstellung "Gustav Klimt und die Kunstschau 1908" im Unteren Belvedere zu sehen. Es sei gar nicht so schwer gewesen, Dichand zu dieser Leihgabe zu bewegen, schilderte Belvedere-Chefin Agnes Husslein im Vorjahr den Sammler als "sehr gebildeten, sehr interessierten Mann - ein Grandseigneur, ein Connaisseur, ein Mensch, der die Kunst liebt."
Prunkstück "Danae"
Einen Bestandskatalog der
Sammlung Dichand gibt es zwar nicht, doch den von Hans Dichand 1986
herausgegebenen Bildband "Die Künstler der Klassischen Moderne in
Österreich". Blättert man diesen durch, stößt man auf insgesamt 41
abgebildete Werke mit der Provenienz-Angabe "Sammlung Dichand"
(dazu noch einige weitere aus der 1976 von Hans Dichand gekauften,
mittlerweile nicht mehr weiterbetriebenen Galerie Würthle): Neben dem
Prunkstück der "Danae" finden sich etwa eindrucksvolle
Zeichnungen von Klimt, Schiele und Kubin (1999 zeigte die Landesgalerie
Eisenstadt in einer eigenen Ausstellung gleich "150 Werke aus der
Sammlung Dichand"). Schieles Gemälde "Madonna mit Kind",
eine "Mutter mit Kind" von Oskar Kokoschka, weitere Bilder von
Carl Moll, Albin Egger-Lienz, Albert Paris Gütersloh, Wilhelm Thöny und
Oskar Laske zählen ebenso zu den dort beschriebenen Werken wie Holzschnitte
und Aquarelle von Ludwig Heinrich Jungnickel, Tuschzeichnungen von Franz von
Zülow oder Skulpturen von Fritz Wotruba und Anton Hanak.
Große Sammelleidenschaft
"Ja, es gab so etwas wie eine
Initialzündung, die mich zur Kunst brachte und das schon in sehr früher
Jugend", beantwortete Hans Dichand 2009 eine Anfrage, "Ich wurde
durch Plakate in Graz, die eine Kunstausstellung der bedeutenden steirischen
Künstlerin Norbertine Bresslern-Roth ankündigten, auf ein Bild aufmerksam,
das mich besonders anzog: Ein Bauer pflügt seinen Acker, gebannt blickt er
auf seine Scholle. Neben ihm läuft ein Bub in meinem damaligen Alter. Sein
Blick ist auf Störche gerichtet, die hoch über den Acker fliegen. Ich
spürte, was sich der Bub gerade denken musste, nämlich 'Fernweh'. Natürlich
konnte ich mir das Bild damals nicht kaufen. Aber ich ging in die
Ausstellung und zwar barfuß, wie ich auch in die Schule gehen musste. Meine
Kindheit spielte sich ja in großer Armut ab, in einem echten Slum, einem
Elendsviertel von Graz. (...) Das Bild von Norbertine Bresslern-Roth ist mir
stark in Erinnerung geblieben und viele Jahre später habe ich es in Wien in
einer Galerie entdeckt. Ich kaufte es, inzwischen hatte sich ja mein Leben
so verändert, dass ich es mir leisten konnte."
Mit diesem Bild von Bresslern-Roth (1891-1978) habe seine Sammelleidenschaft begonnen. "Meine Leidenschaft zum Sammeln von Kunst hat sich auch auf meine gesamte Familie übertragen. Wir hängen mit großer Liebe an den Bildern und Skulpturen", schilderte Dichand. Tochter Johanna stand selbst für Fotos von Andy Warhol und ein großformatiges Gemälde von Franz Gertsch Modell. Und so hatte der Kunstliebhaber die Gewissheit: "Meine Sammlung entwickelt sich im Familienkreis weiter."