Welt blickte auf Österreich

Die große Putin-Show in Wien

05.06.2018

„Zar“ Putin in Österreich: Das Protokoll des wichtigsten Staatsbesuchs des Jahres.

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Putin ließ sich lange Zeit: Letztlich waren es satte 49 Minuten, die Präsident ­Alexander Van der Bellen auf seinen russischen Amtskollegen warten musste. Die übliche Putin-Verspätung.

Putin ließ alle warten: 49 Minuten zu spät in Hofburg

Um 14.13 Uhr näherte sich Putins Konvoi – auch 7 russische Minister waren mit – schließlich der Hofburg. Erst rollten vier ­Polizeimotorräder in den Hof, gefolgt von sechs Begleitfahrzeugen. Dann stieg Putin wippend und lächelnd aus dem Wagen mit der russischen Trikolore am vorderen Kotflügel und wurde von Van der Bellen begrüßt. Nach der Hymne schritten sie an der Ehren­garde vorbei.

Russlands starker Mann gab den Spalier stehenden österreichischen Ministern Karin Kneissl und Elisabeth Köstinger sowie den Landeshauptleuten Michael Ludwig, Johanna Mikl-Leitner und Hans Niessl die Hand. Über die Adlerstiege ging’s zum zweistündigen ­Arbeitsgespräch.

© APA/HANS KLAUS TECHT
 

VdB ließ aufhorchen: Keine Vertrauenskrise mit Russland

Danach stellte man sich der Weltpresse: 90 russische Reporter kamen mit ­Putin nach Wien, ebenso wie Korrespondenten aus Deutschland und Frankreich. Putin betonte die „traditionell partnerschaftliche Beziehung“.

Nur vier ausgewählte Journalisten – je zwei aus Russland und Österreich – durften je eine Frage stellen. Dabei ließ Van der Bellen außenpolitische Distanz vermissen: „Ich sehe die grundsätzliche Vertrauenskrise gegenüber Russland nicht“, meinte er auf die Frage nach einem zunehmenden Glaubwürdigkeitsproblem Russlands angesichts der Krisen in der Ukraine und in Syrien.

© BUNDESKANZLERAMT/DRAGAN TATIC

Auch Vizekanzler Strache nahm am Gespräch mit Putin teil.
 

Charme-Offensive bei Talk mit Kurz & Vize Strache

 

Im Bundeskanzleramt traf sich Putin mit Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache zum rund halbstündigen Austausch. „Ich hatte gute und offene Gespräche mit Putin“, zieht Kurz in ÖSTERREICH Bilanz. Bei der Pressekonferenz nannte er Russland eine „Supermacht“, mit der er lieber eine „Win-win-Situation als eine Lose-lose-Situation“ hätte.

Unter „Aufsicht“ des Kanzlers und des Präsidenten unterzeichneten dann Minister beider Länder neue Abkommen.

Als Geschenk für Putin gab’s übrigens extra angefertigte Ski aus Mittersill.

© BUNDESKANZLERAMT/DRAGAN TATIC

Schrecksekunde bei Fahrt und Millionen für Wirtschaft

Schrecksekunde am Weg zur Kranzniederlegung am Schwarzenbergplatz: Ein lauter Knall klang wie ein Schuss, war aber nur ein Reifenplatzer. Ein Heimspiel hatte Putin vor 350 Unternehmern in der Wirtschaftskammer mit ­deren Neo-Chef Harald Mahrer.

Dabei wurde über 28 Projekte mit einem Wert von 2,82 Mrd. Euro gesprochen, davon wurden 14 Kooperationsvereinbarungen über rund 330 Mio. Euro bereits unterzeichnet.

Letzte Station war dann das Kunsthistorische Museum, bevor Putin am späten Abend zurück nach Moskau flog.

© APA/AFP/SPUTNIK/SERGEI GUNEYEV

Putins Nacht im Museum

Putin eröffnete am Abend mit Präsident Van der Bellen und Kanzler Kurz die Ausstellung „Die Eremitage zu Gast in Wien“. Je 14 Bilder aus dem weltberühmten St. Petersburger Museum und dem KHM werden gezeigt. Einträchtig nebeneinander sind Kaiserin Maria Theresia und ein Bildnis von Katharina der Großen zu sehen. Aus St. Petersburg kommen Kostbarkeiten wie ein Selbstporträt von Van Dyck, ein Gemälde von Botticelli und Rembrandt. Putin lobte: „Das ist ein einmaliges Experiment, so etwas hat es meiner Auffassung nach noch nie gegeben“. Der Präsident blieb bis 21 Uhr. Dann raste sein Konvoi zum Airport, seine Maschine hob gegen 21.45 Uhr nach Moskau ab.

 

 

Putin: "EU-Sanktionen sind schädlich für uns alle"

Nach dem Treffen mit Van der Bellen & Kurz sprach Putin zu den Journalisten.

  • Putin über Österreich: „Österreich ist für uns in Zukunft sehr bedeutend. Wir haben nicht nur eine sehr erfolgreiche Zusammen­arbeit auf dem Energiesektor, es geht um 20 Bereiche, die wir besprochen und ausgearbeitet haben. Wir haben gute Perspektiven.“
  • Über die Sanktionen: „Sanktionen sind politisch motivierte Begrenzungen, eine sehr einseitige Sache. Sie sind schädlich für alle. Für uns war das in der Vergangenheit natürlich nicht einfach, aber wir haben es geschafft. Alle sind daran interessiert, dass die Sanktionen aufgehoben werden.“
  • Über Austro-Hilfe beim Aufheben der Sanktionen: „Wir verstehen, dass es für jedes EU-Land schwierig ist, das Thema anzusprechen. Das wird Russland aber nicht daran hindern, seine Beziehungen zu Österreich ­weiterzuentwickeln.“
  • Über den Krieg in Syrien: „Wir registrieren den humanitären Einsatz der Österreicher, sich um die syrische Bevölkerung zu kümmern. Will man die Migrantenströme reduzieren, müssen alle dazu beitragen, dass die Menschen in ihre Häuser zurückkehren und friedlich leben können.“

 

Kurz über Gespräche mit Putin: "Interessant und freundlich"

Der Kanzler schildert für ÖSTERREICH sein Treffen mit dem russischen Präsidenten. "Ich hatte heute gute und offene Gespräche mit Präsident Putin. Er ist ein stets sehr gut informierter, interessierter und freundlicher Gesprächspartner. Wir haben viele bilaterale und internationale Fragen, darunter auch schwierige Themen, besprochen. Wir setzen uns dafür ein, Dialogkanäle offenzuhalten. Das ist notwendig für ein positives Miteinander auf unserem Kontinent.

Ein wichtiges Thema heute war, wie wir die Zusammenarbeit zwischen Österreich und Russland noch ausbauen können, insbesondere wirtschaftlich.

Ich habe aber auch den notwendigen Dialog über Menschen- und Bürgerrechte sowie die Beziehungen zur EU angesprochen. Als überzeugtes Mitglied der EU tragen wir die EU-Sanktionen mit, hoffen aber auf Fortschritte in der Ostukraine bei der Erfüllung der Minsker Abkommen, damit wir Zug um Zug die EU-Sanktionen abbauen können.

Ich habe auch betont, dass Russland als ­Supermacht eine enorme internationale Bedeutung, aber auch eine große Verantwortung hat. Wir hoffen und erwarten uns, dass Russland diese Verantwortung wahrnimmt, um in den Konflikten in Syrien und der Ukraine eine politische Lösung zustande zu bringen.“

© APA/ROBERT JAEGER

 

Kranzniederlegung am Schwarzenbergplatz

Wie auch bei vergangenen Besuchen hat Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstagabend am Schwarzenbergplatz einen Kranz niedergelegt, um an die Rolle der Roten Armee bei der Befreiung von Wien im April 1945 zu erinnern. Begleitet wurde Putin von Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) sowie der Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler (ÖVP).

Wladimir Putin, der mit deutlich mehr als einer halben Stunde Verspätung eintraf, schritt zunächst mit Kneissl eine Ehrenformation des österreichischen Bundesheeres ab. Er trat auf das Denkmal zu und justierte einen Kranz nach. Nach kurzem Innenhalten brach Putin zum nächsten Termin Richtung Wirtschaftskammer auf.

© oe24.TV

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Rigorose Personenkontrollen sorgten für Verzweiflung

Vor dem Eintreffen des Staatschefs hatten rigorose wie langsame Personenkontrollen, die russische Behördenvertreter am Rand des Schwarzenbergplatzes durchführten, für Unmut unter akkreditierten österreichischen Journalisten gesorgt. Bedingt durch die deutliche Verspätung Putins schafften es die Medienvertreter letztlich aber doch zum Termin. Außerhalb der Sperrzone hatten sich zudem Passanten, darunter zahlreiche gebürtige Russen, angesammelt, die aus der Ferne einen Blick auf den Gast aus Moskau erhaschen wollten.

Alle Entwicklungen und Ereignisse gibt es auf Seite 2 im Live-Ticker zum Nachlesen.

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