Kurz führt, Kern im Solo

Die große Wahlkampf-Bilanz

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ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner: Für jeden der Großen ist Platz eins drin.

Der Kurz-Hype hält an – trotz Griss

In der ÖVP ist vier Wochen nach dem Wahlkampf-Start der „Kurz-Hype“ ungebrochen. Die Partei jubelt über die klare Führung in den Umfragen und ist in Sieger-Stimmung. Selbst die schärfsten Kritiker wie Erhard Busek oder Erwin Pröll sind Kurz-Fans. Ausgehend von einer Aufbruch-Stimmung in der Jungen ÖVP „rennt“ mittlerweile die gesamte Partei um Stimmen.

Als Genie-Streich stellt sich dabei die Kurz-Idee der Vorzugsstimmen heraus: Weil damit jeder, der deutlich mehr als 1.000 Stimmen mobilisiert, Listen-Sieger in seinem Wahl-Bezirk werden kann, wetteifern Junge, Bauernbund, Wirtschaftsbund und ÖAAB jetzt um die Mobilisierung für „ihre“ Kandidaten.

Über 70.000 Österreicher sind schon via Internet bei der neuen Kurz-Plattform dabei, die Facebook-Gemeinde ist auf mehr als 500.000 angewachsen (hat Strache überholt) und Kurz wird mit Spenden überrannt. 69.000 Euro in einem Monat via Crowd­funding, mehr als 1 Million ist ihm angeblich schon von Wirtschaftskreisen versprochen. Mit – von der Konkurrenz geschätzten – 13 Millionen Euro hätte die ÖVP das größte Wahlkampf-Budget.

Enormen Zulauf hat auch das Kurz-Personenkomitee. Ständig werden Prominente genannt, die sich für Kurz aussprechen. Ob all die – vom Immobilien-Genie Benko über Mateschitz bis Lauda – aber dem Kurz-Komitee angehören werden, ist offen.

Die Strategie: Ein reiner „Positiv-Wahlkampf“ ohne jede persönliche Attacke. Starke Sicherheits-Ansagen mit dem „Aus für die Mittelmeer-Route“ als Wahlkampf-Hit, den über 80 % der Österreicher unterstützen.

Die Arbeitsweise: Nur eine Woche Urlaub, sonst durcharbeiten. Jede Woche ein neues Thema und ein neuer Kandidat für seine Liste. Er leitet den Wahlkampf selbst.

Probleme: Bei der Präsen­tation des grünen Dönmez wurde Kurz von Pilz die Show gestohlen. Frustrierte Grüne wählen eher Pilz als Kurz.

Zwischenbilanz: Kurz liegt nach wie vor mit über 30 % klar in Front, hätte damit alle Optionen zur Regierung: Schwarz-Blau geht sich locker aus, aber auch Schwarz-Grün-Neos wäre möglich. Auslands-Medien bejubeln ihn schon als neuen Kanzler und Austro-Kennedy.

SPÖ: Kern im Alleingang – Wo ist Partei?

Die SPÖ tut sich noch schwer, in diesen Wahlkampf zu starten. Kanzler Christian Kern hat klar die besten Sympathiewerte und einen enormen Kanzler-Bonus. Aber die Partei ist im Dornröschen-Schlaf. Nur in Niederösterreich und in Niessls Burgenland gibt es derzeit einen Hauch von Wahlkampf – die Wiener SPÖ liegt im Koma. Wahlkampf-Chef Georg Niedermühlbichler muss jetzt alles mobilisieren, um ein neues Hundstorfer-Debakel zu vermeiden. Er wünscht sich eine klare Positionierung gegen die FPÖ, um die Basis wachzurütteln. Motto: Wer Schwarz-Blau verhindern will, muss Kern wählen.

Sein Vorteil: Er ist ein grandioser Wahlkämpfer – charmant, bürgernah, ein Kanzler zum Gernhaben.

Sein Nachteil: Die Mobilisierung funktioniert (noch) nicht. Bei Facebook ist er mit unter 100.000 Fans weit abgeschlagen hinter Strache und Kurz. Beim Crowdfunding hat er bisher nur blamable 4.100 Euro erhalten, auch das Promi-Komitee lahmt noch.

Strategie: Er urlaubt seit gestern eine Woche auf ­Ibiza, dann eine Woche „Arbeitsurlaub“ am Millstätter See – und startet im August voll Elan mit einer großen Österreich-Tour: „Der Kanzler kommt“. Danach setzt Kern voll auf die TV-Duelle – der Kanzler gilt als Bildschirm-Talent.

Probleme: Kern selbst würde 30 % schaffen, die Partei aber drückt ihn auf unter 25 %. Die ersten Mini-Inserate waren eine Katastrophe – das Team wurde getauscht. Jetzt führt der beste PR-Mann im Land, Johannes Vetter (Ex-OMV), Regie. Aber: Die SPÖ hat kaum Geld – es werden kaum mehr als 9 Millionen zusammenkommen.

Zwischenbilanz: Kern hat bei sozialen Themen wie Gratis-Pflege gepunktet, aber Kurz stiehlt ihm regelmäßig die Themen-Führerschaft. Mit „Liste Pilz“ und „Griss-Allianz“ kommen neue Player, die Kern helfen, seine Anti-Schwarz-Blau-Ansage realistisch und „sexy“ erscheinen zu lassen. Wenn Kern im Finish mit Kanzler-Bonus über 30 % kommt, wäre eine Links-Mitte-Allianz mit Grünen (ca. 6 %), Pilz (ca. 7 %) und Neos (ca. 7  %) plötzlich drin. Spannend.

FPÖ: Strache urlaubt – Brutales Finish

Die FPÖ geht es von allen Parteien am gelassensten an. Viele Beobachter meinen, Strache habe den Wahlkampf-Start verschlafen und finde gegen Kurz keine Strategie. Der 30-Jährige würde dem 48-Jährigen Populismus-Routinier die Show stehlen. Strache kontert: „Der Wahlkampf startet erst im September. Wir heben uns Geld und Kraft für die heiße Phase auf!“

Strache stagniert in der ­Popularität. Er hat über 600.000 Facebook-Fans, davon aber mehr als 200.000 im Ausland. In Österreich hat ihn Kurz überholt. Bei den Spenden wird die FPÖ mit 11 Millionen Wahl-Budget knapp an die Kurz-ÖVP herankommen und vor der SPÖ liegen. Und im Mobilisieren seiner Social-Media-Fans ist HC Strache nach wie vor der Beste – bei oe24-TV hatte er mit großem Abstand die meisten Social-Media-Fans.

Strategie: Sicherheits-Wahlkampf mit Gesetzen gegen Zuwanderung. Er will Regierung und Kurz als große Versager bei der Zuwanderung „vorführen“. Dazu Steuer-Erleichterung und Verwaltungs-Abbau.

Strache urlaubt in aller Ruhe zwei Wochen mit Kindern und Mama auf Ibiza, steigt dann mit einer Österreich-Tour in die Wahl ein.

Zwischenbilanz: Bei dieser Wahl ist alles drin. Strache setzt auf die TV-Duelle gegen Kern und Kurz. Verliert er, fällt er bis auf 20 % zurück, gewinnt er die TV-Schlacht, sind auch für ihn 30 % und Platz 1 drin. Aber auch als Dritter wäre Strache „Gewinner“ – weil ohne ihn eine Regierung kaum möglich ist. Wird Strache Erster, träumt er von einer Regierung mit der SPÖ (mit Doskozil als Vize). Für Schwarz-Blau müsste ihm Kurz viel bieten, so stark ist die persönliche Abneigung 
der Blauen gegen den neuen Populismus-Darling der ÖVP.

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