"Keine neuen Steuern - Eberau war ein Fehler!" ÖSTERREICH: Alle Experten sprechen davon, dass uns ein Jahr des eisernen Sparens bevorsteht – kommt 2010 ein brutales Sparpaket auf uns zu? FAYMANN: Es ist richtig, dass wir in dieser Regierungsperiode 3,5 Milliarden Euro einsparen müssen, und dass der Kampf gegen die Krise teuer, aber auch erfolgreich war – je früher wir mit dem Sparen beginnen, desto besser. Wir müssen rasch die Sparmaßnahmen umsetzen, die uns der Rechnungshof empfiehlt – im Bereich der Schulverwaltung, der Spitäler. Aber wichtig ist: Sparen darf 2010 nicht Kaputtsparen heißen – wir müssen weiter investieren, um die Arbeitslosigkeit zu bremsen, wir müssen die Kaufkraft stärken. Die Krise ist nicht vorbei – aber es ist Licht am Ende des Tunnels. ÖSTERREICH: Wenn Politiker vom Sparen sprechen, denken Sie meist an neue Steuern. Können Sie Steuererhöhungen für 2010 ausschließen? FAYMANN: Mein Wort aus dem Wahlkampf gilt auch nach der Wahl: Ich schließe die Erhöhung von Massensteuern für das Jahr 2010 definitiv aus. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer kommt für mich nicht in Frage – auch die Steuern auf Arbeit werden sicher nicht erhöht, da brauchen wir Entlastung, weil wir weitere Kaufkraftstärkung brauchen. Was 2010 kommen soll, ist – so wie ich es angekündigt habe – eine Transaktionssteuer auf Aktien und ein Wegfall der Spekulationsfrist. Wenn wir europaweit auf alle Aktiengeschäfte nur 0,01 Prozent Steuer geben, bringt das bereits bis zu einer Milliarde. Das Ziel ist eine europaweite Aktientransaktionssteuer in der EU, wenn möglich sogar innerhalb der G-20... ÖSTERREICH: ...und wenn das nicht rasch umsetzbar ist? FAYMANN: Dann sollten wir in Österreich beginnen, über die Börsen-Umsatzsteuer nachzudenken und sie einzuführen – aber Steuererhöhungen für Arbeitnehmer schließe ich ebenso aus wie eine neue Diskussion über Erbschafts- oder Schenkungssteuer – das kommt nicht. Garantiert. ÖSTERREICH: Wo soll denn am dringendsten gespart werden? FAYMANN: Wir müssen zunächst die Einsparungen von 1,5 Milliarden, zu denen sich die Kassen verpflichtet haben, in die Tat umsetzen, dann muss die Spitalsreform kommen – und dann will ich 2010 das neue Lehrer-Dienstrecht ausverhandeln – und zwar gemeinsam mit dem Koalitionspartner. ÖSTERREICH: Bleibt es dabei, dass die Lehrer künftig zwei Stunden länger in der Schule unterrichten sollen? FAYMANN: Ich will, dass wir dieses Thema positiv angehen: Das neue Jahr muss das Thema Bildung als großen Schwerpunkt haben. Dazu gehört, dass wir die Zahl der Ganztagsschul-Plätze dramatisch erhöhen – derzeit gibt es nur 8.000 Plätze an Ganztagsschulen, bis 2020 sollen es 200.000 werden. Mein Ziel ist, dass wir für neue Lehrer ein neues Dienstrecht bekommen – mit höheren Einstiegsgehältern, einem flacheren Gehaltsverlauf später – mit einer höheren Unterrichtsverpflichtung an der Schule von Beginn weg. ÖSTERREICH: Bleibt es also bei zwei Stunden mehr Unterricht für die Lehrer? FAYMANN: Ziel des neuen Dienstrechts ist eine höhere Lehrverpflichtung an der Schule, Arbeitsplätze mit PCs für jeden Lehrer – aber das alles mit Blick auf die neuen, jungen Lehrer, die dann auch höhere Einstiegsgehälter bekommen. ÖSTERREICH: Die Vorgangsweise der Innenministerin bei Eberau hat einen neuen Streit um die Asyl-Lager ausgelöst. FAYMANN: Wichtigstes Ziel der Regierung im kommenden Jahr muss es sein, den Kriminal-Tourismus zu bremsen. Ich fordere von der Innenministerin volle Härte bei der Bekämpfung des Kriminaltourismus – und wir müssen sie dabei mit deutlich mehr personeller und finanzieller Ausstattung unterstützen. Die Frage des Asyllagers ist nur ein Bruchteil der gesamten Ausländerproblematik... ÖSTERREICH: ...aber jener, der für den meisten Wirbel sorgt. FAYMANN: Mir ist wichtig, festzuhalten, dass wir im Koalitionsübereinkommen gemeinsam festgelegt haben, dass wir ein zusätzliches Erstaufnahmezentrum im Süden Österreichs errichten wollen. Jeder weiß, dass Eberau im Burgenland nicht im Süden liegt... ÖSTERREICH: Sondern? FAYMANN: Definitiv im Osten, aber nicht im Süden. Und wenn die Innenministerin ein Zentrum im Süden suchen soll, dann kann sie nicht im Osten fündig werden – das sehe ich als Fehler. So einfach ist das nicht – dass ein Landeshauptmann in Kärnten, das im Süden liegt, einfach sagt, er will kein Asyl-Zentrum – und basta. ÖSTERREICH: Das heißt? FAYMANN: Eberau entspricht nicht dem Koalitionsabkommen, weil dort definitiv eine Lösung im Süden festgeschrieben ist. Wir sollten jetzt in Ruhe die Volksabstimmung abwarten. Sollte sich das Burgenland für ein Asylzentrum aussprechen, wovon der Koalitionspartner ausgeht, soll man das akzeptieren – wenn nicht, sollte eine gemeinsame Lösung mit der Landeshauptleute-Konferenz gesucht werden, wo alle Landeshauptleute eine solidarische Lösung finden. Nur eines will ich klar sagen: Eine Lösung hinter dem Rücken der Landeshauptleute wird nie funktionieren – nicht am Boden- und nicht am Neusiedlersee. Die Asylfrage kann man nur lösen, wenn man die Menschen einbezieht. ÖSTERREICH: Sind Sie wie der Bundespräsident fürs humanitäre Bleiberecht für Arigona? FAYMANN: Mein Wunsch ist eine menschliche Lösung – aber nur im Rahmen der Gesetze. Ich bin nicht dafür, dass man für einen Einzelfall die Gesetze ändert. Darum ist der Fall Arigona ein Fall für die Behörden und die Höchstgerichte – und nicht für den Bundespräsidenten, den Kanzler oder eine Ministerin. Die Gesetze müssen eingehalten werden. ÖSTERREICH: Ihre Ziele für 2010? FAYMANN: Totaler Einsatz für die Arbeitsplätze – das ist die Priorität Nummer 1. Eine Bildungs-Offensive für Ganztagsschulen und bessere Studienbedingungen. Am wichtigsten ist mir aber die absolute Aufklärung des Spekulations-Schlamassels bei der Kärntner Hypo. Hier will ich, dass die Justiz restlos klärt, wer wie viel Geld kassiert und verspekuliert hat.. ÖSTERREICH: Wie soll das rasch aufgeklärt werden? FAYMANN: Der Staat hat die Bank übernommen und somit Zugriff auf alle Akten. Ich will, dass alle fragwürdigen Vorgänge sofort beim Staatsanwalt angezeigt werden – und alle Belege der Justiz übergeben werden. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.
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