Grosz gesagt: Der kritische Blick (10.02.2022)

Die ÖVP, die Chats und die Mafia

10.02.2022

Polit-Blogger und oe24-Kolumnist Gerald Grosz kommentiert für Sie die Polit-Woche in seiner bekannt charmanten Art.    

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Liebe User und Seher von oe24
Willkommen bei Grosz gesagt, dem überaus kritischen Blick auf die aktuellen Geschehnisse unserer Zeit. Kritisch, direkt, unabhängig und scharf wie Messer. Versprochen.

Er hat sich seinen Urlaub doch wohl anders vorgestellt. Karl, der dritte Schmähammer, seines Zeichens Konkursverwalter der Regierungspartei ÖVP, oberster Kämpfer im Krieg gegen das Virus und die Grundrechte der Bürger, erholte sich von seinem schweißtreibenden Job als Kanzler auf den Osttiroler Pisten. Familienurlaub war angesagt und stilecht für das neue türkise Familienbild waren nicht Kurz, Blümel oder Schmidt, sondern Verteidigungsministerin Tanner und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner mit von der lustigen Skipartie. Das Motto: Jodelnde Hüttengaudi mit Hanni. Letztere dürfte dem Ersteren den Urlaub im Schnee ordentlich verhagelt haben. „Die Roten sind ein Gsindl“, lautete die nunmehr in weiteren Chats öffentlich gewordene Fremdbeschreibung der obersten Schwarzen aus Niederösterreich für die SPÖ.

Wir erinnern uns an die Selbstbeschreibung des obersten türkisen WhatsApp-Beauftragten Thomas Schmid: „Wir sind die Huren der Reichen“. Lustig geht’s zu auf dem glatten Wiener Polit-Parkett, das sich zumindest rhetorisch immer mehr dem Wiener Gürtel annähert. „Huren, Gsindel, Bagage“, da bleibt selbst einem ehrbaren Wiener Zuhälter die Spucke weg. Überhaupt dürfte die Handykommunikation der Österreichischen Volkspartei ein wahrer Quell der freistilringerischen Freude sein. Fast jeden Tag erblicken neue blamable Textnachrichten das Licht der Öffentlichkeit. Frust für Gust, war deshalb auch diese Woche für den männlichen Part des parlamentarischen Almdudlerpärchens Wöginger/Maurer angesagt. Ungust Wöginger soll sich, laut Chats, für einen schlecht qualifizierten ÖVP-Funktionär als Leiter eines Finanzamtes eingesetzt haben. Und welch Überraschung, der Parteigänger bekam nach Intervention von Gusti den Job, die besser qualifizierte Mitbewerberin ging leer aus, ging vorGericht und bekam recht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen den ÖVP-Klubchef wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch, für Gusti gilt natürlich die Unschuldsvermutung.

Wie auch schon für Al Capone, Bonnie und Clyde. Postenschacheralarm gibt’s im Parlament auch eine Tür weiter bei Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Der Niederösterreichische ÖVP-Funktionär und Mikl-Leitner-Vertraute mit Erwin-Pröll-Gedächtnis-Frisur soll in seiner Zeit als Innenminister eine eigene Liste von verbotenen aber dafür erfolgreich erledigten Interventionen angelegt haben. Wir erinnern uns dabei an die Film-Mafiosi und ihr kleines schwarzes Büchlein, in das minutiös das Schutz- und Schwarzgeld der Klienten mit Bleistift eingetragen wurde. La Famiglia Siciliana lässt grüßen und Onkel Bastiano Corto auch. Die ÖVP erinnert dieser Tage tatsächlich immer mehr an eine Mafiafamilie. Denn angesichts der Häufigkeit, mit der ÖVP-Funktionäre nunmehr fast jeden Tag mit eigenen Skandalen verhaltensauffällig werden und der Tatsache, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft schon eine eigene Abteilung für die ÖVP begründen könnte, stellt sich inzwischen nicht mehr die Frage, wer von den Schwarz/Türkisen verdächtigt wird, sondern wer noch nicht. Da wären wir nämlich in der Aufzählung schneller am Ziel.

Dem halbseidenen Treiben der ÖVP sieht der Koalitionspartner, die GrünInnen, stillschweigend zu. Was bleibt der Ökotruppe auch anderes übrig? Wenn es nach den Maßstäben der einstigen grünen Transparenzpartei ginge, hätten Kogler, Maurer und Co doch schon längst die Koalition auflösen müssen. Das geht bekanntlich nicht, denn dann sind die schönen Jobs, die Dienstwägen, die Gagen, die Macht, alles weg. Und dabei wären ja noch die in den Sideletters beschriebenen Posten abzuarbeiten. Und was würden Kogler, Maurer, Mückstein und Co im zivilen Leben abseits der Politik machen? Um das ramponierte Image aufzubessern, holt sich die ÖVP ausgerechnet einen ehemaligen Sprecher von Angela Merkel an Bord. Ob das gelingt, darf bezweifelt werden. Gilt doch Merkel und ihr Team eher als Experten dafür, wie man sich selbst abschafft.

Bevor sie überhaupt einmal exekutiert wurde, wird sie auch schon wieder abgeschafft. Die Impfpflicht wird zu Grabe getragen. Ausgerechnet die Landeshauptleute, die auf ihrer Konferenz am Achensee vorigen Herbst eine solche im Hinterzimmer paktierten, distanzieren sich nun vom virologischen Ermächtigungsgesetz, das hunderttausende Menschen auf die Straße trieb. Haslauer, Doskozil, Kaiser – die tapferen Helden der Länder, einst glühende Befürworter der Impfpflicht, dürften nun mit der Verzögerung von immerhin vier Monaten die Erkenntnis gewonnen haben, dass diese Impflicht über kurz oder lang auch ihr politisches Ende bedeuten könnte. Denn ein solcher Pfusch bleibt selten ungestraft und Gott verzeiht, aber der Wähler nicht. Der Verfassungsgerichtshof hat übrigens in Bezug auf die Impfpflicht die ersten Anträge erhalten. Und Österreich könnte diesbezüglich eine Premiere feiern: Erstmals könnte der VfGH ein Gesetz aufheben, das zwar in Kraft getreten ist, aber niemals exekutiert wurde.

Totes Recht, justiziell beerdigt. Außerdem ist die Pandemie vorbei. Alle Länder öffnen, geben den Menschen ihre volle Freiheit zurück. Die Schweden jubilieren übrigens, denn sie haben den Wahnsinn ohne einen einzigen Tag Lockdown überstanden. Österreichs Kerkermeister sind noch zaghaft, doch auch sie wird der Wind of Change überrollen. Sie müssen öffnen, sonst sind sie schneller Geschichte als ihnen lieb ist. Also gibt es doch gute Aussichten, dass sich die Vernunft nach langen zwei Jahren endlich durchsetzt. Nicht so lange, sondern nur bis nächste Woche warten wir auf das nächste Grosz gesagt. Bleiben Sie mir bis dahin treu!

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