Mit 55 in Rente
Die Pensions-Tricks unserer Beamten
29.07.2010
So schamlos nutzen einzelne Beamte unser Pensionsrecht aus – zuletzt flüchteten Hunderte Beamtinnen mit 55 in die (ASVG-)Frühpension.
Die Gehälter der Beamten stiegen in den letzten Jahren viel stärker an als die Gagen von Arbeitern und Angestellten. Deshalb fordert das IHS jetzt eine Nulllohnrunde und sogar Gehalts-Kürzungen (siehe rechts). Aber: Im Pensionsbereich tut sich eine neue Front auf: ÖSTERREICH recherchierte die Pensionstricks der Beamten – und fand Erstaunliches.
Trick 1: Frauen unter 60 ab ins ASVG. Bei der Pensionsversicherungsanstalt PVA liegen 250 Anträge von (Landes-)Beamtinnen vor, die ihren Beamtenstatus aufgeben und ins ASVG wechseln wollen. Zwei Drittel der Anträge kommen von Wiener Landesbeamtinnen.
Warum, ist leicht erklärt: Während Beamte, egal ob weiblich oder männlich, erst mit 60 in Rente gehen dürfen, können weibliche ASVG-Versicherte schon mit 55 „flüchten“– in die Hacklerpension. Besonders gut funktioniert das bei Beamtinnen mit Gehältern unter 2.700 €, sie haben durch den Wechsel praktisch keinen Pensionsverlust.
Dutzende Anträge
Warum das so ungerecht ist? „Normale“
ASVG-Pensionisten (Arbeiter und Angestellte) leisten Pensionsbeiträge in
Höhe von 22 %. Für die gewechselten Beamten bekommt die
Versichertengemeinschaft aber läppische 7 %. Und weil laut
Experten-Schätzungen schon zwischen 500 und 1.000 Beamte diesen Weg
eingeschlagen haben, bekommen alle ASVG-Versicherten damit Pensionsrisiken
in der Höhe von 350 Mio. € aufgehalst.
Zwar schob das Parlament schon einen Riegel vor – das Gesetz wird aber erst in 10 Tagen kundgemacht. Es können noch Dutzende Anträge pensionswilliger Beamtinnen unter 60 eingehen. Für die Länder – allen voran für Wien – ist das Ganze ein Bombengeschäft. Insider sprechen schon von einem „kalten Finanzausgleich“.
Trick 2: Alle ab in die Hacklerpension. Immer mehr Beamte wechseln ab 60 ganz regulär in die Hacklerpension: Laut Presse gingen 2009 exakt 2.876 Beamte in Pension – mehr als die Hälfte, nämlich 1.500, bekommt eine Hacklerpension. Das gilt für Männer und Frauen ab 60, die 45 (Männer) bzw. 40 Beitragsjahre haben. Hier gelten auch nachgekaufte Bildungszeiten wie Schule und Studium. Eigentlich sollten Hacklerpensionen Arbeitern mit langen Versicherungszeiten zugute kommen. De facto profitieren Angestellte – und jetzt immer öfter Beamte.
Trick 3: Überstunden treiben Pension hinauf. Einem beliebten Beamtentrick wird jetzt zwar schrittweise der Garaus gemacht, er funktioniert aber noch. Vor allem Lehrer leisten in ihren letzten Arbeitsjahren viele Überstunden – was den Ruhegenuss in die Höhe treibt. Zwar wurde auch bei Beamten 2003 ein Durchrechnungszeitraum zur Berechnung der Pensionshöhe eingeführt, um das zu unterbinden. Derzeit beträgt der aber nur acht Jahre — ASVG-Versicherte haben 22 Jahre. Erst 2028 wird die Pensionshöhe aufgrund der letzten 40 Jahre berechnet – in beiden Systemen.