Nach der Attacke von Martin Graf will Prammer die Präsidenten-Abwahl ermöglichen. Die anderen Parteien äüßern sich jedoch skeptisch.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) will künftig die Abwahl von Mitgliedern des Nationalratspräsidiums ermöglichen. Derzeit können die drei Präsidenten nicht abgewählt werden. Angesichts der Aussagen Martin Graf will Prammer den anderen Parteien eine Änderung der Geschäftsordnung vorschlagen, wie sie am Mittwoch sagte. Damit könnten die Präsidenten künftig mit Zweidrittelmehrheit abgewählt werden.
Prammer will Abwahl ermöglichen
Dass es sich dabei um einen
Fall von Anlassgesetzgebung handeln würde, räumte Prammer zwar ein, aber: "Manchmal
braucht man Anlässe, um klüger zu werden." Graf habe
jedenfalls noch nie "in dieser Deutlichkeit" provoziert. Seine
Aussagen über Muzicant würden "zum Himmel schreien",
sagte die Nationalratspräsidentin. Hier
klicken: Die Attacke von Martin Graf auf Ariel Muzicant.
"Ich habe ihn nicht gewählt"
Ob es ein Fehler
war, Graf ins Nationalratspräsidium zu wählen, wollte Prammer nicht
beurteilen: "Ich habe ihn nicht gewählt."
Das Geschäftsordnungskomitee des Nationalrats, in dem die fünf Parlamentsparteien derzeit über eine Reform der Regeln für das Hohe Haus diskutieren, tagt am 15. Juni. Für eine Änderung der im Verfassungsrang stehenden Geschäftsordnung braucht es eine Zweidrittelmehrheit und damit zumindest die Zustimmung von SPÖ, ÖVP und einer der drei Oppositionsparteien.
Pröll gegen Änderung
ÖVP-Chef Vizekanzler Josef Pröll
hat sich gegen eine Abwahl-Möglichkeit des Nationalratspräsidiums
ausgesprochen. Dieser Vorschlag sei "nicht ausgereift". Es sei kein Platz
für "kurzfristige Anlassgesetzgebung". Eine freie Abwählbarkeit des
Nationalratspräsidiums würde im Missbrauchsfall "eine Gefährdung des
Parlaments und der Demokratie" bedeuten, so Pröll. Außerdem wäre der
Vorschlag zum Nachteil für Präsidenten, die von kleinen Fraktionen gestellt
werden.
Grüne wollen diskutieren
Die Grünen sind nach einem
anfänglichen Nein von Parteichefin Eva Glawischnig nun doch gesprächsbereit
über die Abwahl-Möglichkeit für Nationalratspräsidenten. "Wir
werden uns verhandlungsbereit zeigen", kündigte Glawischnig am
Mittwochnachmittag an. Als Grund für diesen Meinungsumschwung nannte sie,
dass Graf kurz zuvor den "antifaschistischen Grundkonsens" der
Republik seitens der FPÖ in Abrede gestellt hatte.
Klare Worte beim BZÖ
BZÖ-Klubchef Josef Bucher betonte, dass
seine Partei nicht daran denke Prammers Vorschlag zu unterstützen.
Rücktritt "kommt nicht infrage"
Graf versicherte,
weiter Nationalratspräsident bleiben zu wollen. "Selbstverständlich.
Ich bin gewählt als Dritter Präsident des Nationalrats",
betonte der FP-Politiker. Ein Rücktritt komme für ihn nicht infrage: "Höchstens
einmal aus gesundheitlichen Gründen, aber das trifft derzeit nicht zu. Ich
bin pumperlgsund." Die Angriffe auf seine Person führt er auf den
laufenden Wahlkampf zurück. Man solle "die Kirche im Dorf lassen",
so Graf: "Die Vorwürfe gegen mich entbehren jeder Grundlage."
Sollte es rechtliche Probleme geben, lege er sein Schicksal in die Hände der
Justiz.