Verteidigungsminister: Zeit für Schutz der EU-Außengrenzen immer knapper. Lassen uns nicht mehr von Ankara drohen.
Angesichts immer neuer Drohungen der Türkei, das Flüchtlingsabkommen mit der EU platzen zu lassen, fordert Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) einen noch besseren Schutz der EU-Außengrenzen.
Zeit renne uns davon
Gegenüber der deutschen "Bild"-Zeitung (Samstag) sagte Doskozil: "Ich habe immer gesagt, dass der EU-Türkei-Deal nur eine Überbrückung sein darf, bis die EU selbst in der Lage ist, die Außengrenzen wirksam zu schützen und so den Flüchtlingsstrom einzudämmen. Die Zeit dafür, das zu organisieren, wird immer knapper." Doskozil hat für Montag und Dienstag die Verteidigungsminister der zentraleuropäischen Staaten eingeladen, um angesichts der Lage in der Türkei über die Flüchtlingskrise zu beraten.
"Wir wollen ein klares Signal setzen, dass wir uns darauf vorbereiten, dass die Türkei, den Deal komplett aufkündigt. Es muss unser vordringliches Ziel sein, die Anzahl der Flüchtlinge zu reduzieren," sagte er dem Blatt. "Die Türkei befindet sich gerade auf direkten Weg in eine Diktatur." Ankara solle vor der eigenen Haustür kehren. "Wir lassen uns nicht mehr länger drohen."
Der Deal
Die Türkei hat bei dem im März vereinbarten Abkommen mit der EU zugesagt, Flüchtlinge von den griechischen Inseln zurückzunehmen. Für jeden zurückgeschickten syrischen Flüchtling darf seit dem 4. April ein anderer Syrer aus der Türkei legal und direkt in die EU einreisen. Bisher wurden nach griechischen Polizeiangaben aber nur ein paar Hundert auf dieser Grundlage zurück in die Türkei geschickt. Im Gegenzug für den Pakt versprach die EU der Türkei, wo drei Millionen Kriegsflüchtlinge Aufnahme gefunden haben, Milliardenhilfen. Außerdem stellte die EU Ankara Visumfreiheit in Aussicht. Voraussetzung dafür ist aber die Erfüllung von 72 Vorbedingungen, insbesondere eine Änderung der Anti-Terror-Gesetze. Kritiker werfen der türkischen Führung vor, mit Hilfe dieser Gesetze politische Gegner und unliebsame Journalisten mundtot zu machen. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hatte im September erklärt, die Visafreiheit könne sich bis 2017 verzögern. Die Türkei hat aber der Europäischen Union mit der Aufkündigung des Flüchtlingsabkommens noch vor Ende des Jahres gedroht, sollte ihre Forderung nach Visafreiheit nicht bald erfüllt werden.