Der Druck auf Kanzler Gusenbauer steigt, die Personaldebatte lodert. Doch der SP-Chef will nun am Montag zum Gegenschlag ausholen.
Die Einladungen sind gedruckt und ausgeschickt, die Vorbereitungen laufen an: Am 2. Juli wird SP-Kanzler Alfred Gusenbauer zum jährlichen Kanzlerfest im Gartenhotel Altmannsdorf laden. Es könnte sein Abschiedsfest werden, wenn es nach dem Willen zahlreicher SP-Granden geht, die Gusenbauer nach den heftigen parteiinternen Querelen der vergangenen Tage längst abgeschrieben haben.
Druck wächst
Denn in der SPÖ steigt der Druck auf Parteichef
Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Vor allem die Gewerkschaften schießen sich
auf den SPÖ-Chef ein. ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer fordert eine rasche
und zügige Personaldebatte für die SPÖ. Es herrsche Handlungsbedarf. Nicht
konkretisieren wollte Hundstorfer, ob er damit die Ablöse von Gusenbauer
meint. Seine persönliche Meinung dazu werde er beim Parteipräsidium am
Montag sagen.
"Mit diesem Führungsteam nichts zu machen"
Der
Vorarlberger ÖGB-Chef Norbert Loacker verlangte auch den Abgang von
Klubobmann Josef Cap. Loacker meinte konkret, dass "mit diesem
Führungsteam nichts zu machen ist". Notwendig seien sowohl
personell als auch inhaltlich "ganz gewaltige Veränderungen, sonst ist
die SPÖ weg". Kritik übte er auch an "allen möglichen
und unmöglichen Kompromissen" der SPÖ mit dem Koalitionspartner
ÖVP. Dass die Meinung von Loacker keine Einzelmeinung sei, bestätigte
Hundstorfer.
Häupl hat sich abgewendet
Klar ist: Gusenbauers Schicksal
hängt vor allem auch am mächtigen Wiener Bürgermeister Michael Häupl. Er
soll sich im Laufe der Woche lange mit Verkehrsminister Werner Faymann zur
Aussprache getroffen haben – Faymann gilt als hoffnungsreichster Nachfolger
Gusenbauers. SP-intern wird offen ausgesprochen, dass Häupl Gusenbauer
bereits fallen gelassen habe – die Tage des Kanzlers sollen gezählt sein,
heißt es aus dem Umfeld der Wiener SPÖ, die zuletzt Alt-Bürgermeister Helmut
Zilk ausschickte, um Gusenbauer öffentlich Führungsschwäche zu attestieren.
Kritische Stimmen aus Tirol
Eine solche weitere kritische Stimme
kam am Freitag aus Tirol, wo die SPÖ ja schwere Verluste bei den jüngsten
Landtagswahlen einfahren musste. Der Tiroler ÖGB-Chef Franz Reiter meinte,
die SPÖ habe in der Landesregierung "nix verloren", sollte
sich reformieren und eine starke Opposition sein, "statt weiter
Ministrant der ÖVP zu spielen". Die SPÖ müsse die Zeichen der Zeit
erkennen, sonst sei ein weiterer Absturz nach dem jüngsten von 25,9 auf 15,6
Prozent absehbar, meinte Reiter in der "Tiroler Tageszeitung".
Reiter: "Es geht noch tiefer, und zwar unter zehn Prozent".
Unterstützung aus NÖ
Dagegen bekundet Niederösterreichs
SPÖ-Vorsitzender Sepp Leitner seine Unterstützung für Gusenbauer. Am Montag
werde in den Gremien die derzeitige "schwierige Situation" besprochen. Auch
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zeigt sich mehr als unglücklich mit
der laufenden Debatte. In der Mittags-ZIB des ORF erklärte sie, "ich will
das alles jetzt nicht mehr hören". Alle sollten das, was sie sagen haben, in
den Gremien tun. Und auch die Kärntner SPÖ-Chef Gaby Schaunig will
öffentlich nicht über Personalprobleme innerhalb der Bundespartei
diskutieren. Sie forderte aber gleichzeitig zum wiederholten Mal ein
Vorziehen der Steuerreform auf Jänner 2009, eine rasche Gesundheitsreform
und die Abschaffung der Studiengebühren.
Ende der Debatte gefordert
Frauenministerin Doris Bures verlangte
ein "Ende der unwürdigen und schädlichen Personaldebatte" rund um
Gusenbauer. All jene, die sich daran beteiligten, "fügen der gesamten SPÖ
schweren Schaden zu", warnte Bures parteiinterne Kritiker.
Gusis Kampfmaßnahmen
Am kommenden Montag ist Tag der
Entscheidung für Gusenbauer. Er muss sich den Parteigremien stellen. Von der
Steiermark über Oberösterreich bis hin zu Salzburg und natürlich Wien werden
die Landesgranden ebenso wie der ÖGB mit gezückten Dolchen in die Sitzung
schreiten. Doch der Kanzler hat selbst heftige Kampfmaßnahmen vorbereitet.
Er wird gut gerüstet in die verbale Schlacht gegen seine Kritiker gehen.
Sein Umfeld stellt seit Tagen Berechnungen an, was eine Abkehr vor allem von
den ausverhandelten Eckpunkten der Gesundheitsreform die Wähler kosten
würde. Die Strategie: An den Angelpunkten der Gesundheitsreform könne nicht
gerüttelt werden, ohne Reform droht vor allem der Wiener Kasse schon zu
Jahresende ein Debakel.
Szenario 1: Die Wiener Gebietskrankenkasse geht in Konkurs – Patienten müssen für Leistungen selbst zahlen. Szenario 2: Nur durch Selbstbehalte sei die Wiener Kasse noch zu retten. Damit will Gusenbauer seine mächtigen Kritiker aus Wien ruhig stellen. Der Kritik des steirischen Landesfürsten Franz Voves, er sei zu wenig eingebunden, will Gusenbauer ebenfalls entgegentreten und die Kommunikation zu ihm verbessern.
Grabenkampf
Noch ist Gusenbauer überzeugt, dem Druck seiner
Kritiker standhalten zu können. Allerdings: Häupl könnte durch Gusenbauers
Angriffe noch mehr in Rage geraten und ihn dazu drängen, dass der Wiener
Faymann sofort den Kanzler-Job übernimmt und im Herbst auch den Job als
Parteichef. Positivster Ausgang der Sitzung am Montag für den Kanzler: Er
erhält ein allerletztes Mal von seiner Partei Rückendeckung für weitere
Verhandlungen mit der ÖVP. Dann kann sich Gusenbauer zumindest über den
Sommer retten, denn die ÖVP will ihn als Kanzler unbedingt halten.