Die Demo war eine Reaktion auf die Neonazi-Störaktion bei der KZ-Gedenkfeier vor gut zwei Wochen.
Die Bevölkerung von Ebensee in Oberösterreich ist Sonntagnachmittag gegen den Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Sie reagierte damit auf die Neonazi-Störaktion bei der Gedenkfeier am Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers am 9. Mai in der Traunseegemeinde Ebensee. Nach Schätzungen der Polizei nahmen rund 1.000 Personen daran teil. Zwischenfälle hat es keine gegeben.
Gleichgesinnte
Zur Kundgebung hatten die Gemeinde, Vereine,
Jugendorganisationen und kirchliche Einrichtungen aufgerufen. Die Teilnehmer
kamen aus allen Altersschichten. Bekannte begrüßten sich und stellten
erfreut fest, dass sie Gleichgesinnte seien. Einige Teilnehmer trugen
Leibchen mit der Aufschrift "Ebensee Nazifreie Zone", andere hatten
Transparente "Aus der Vergangenheit lernen" bei sich.
Großeinsatz
Ein nicht zuletzt wegen eines Vorfalles im
selben Bezirk am Vortag bereitstehendes Großaufgebot der Polizei hielt sich
diskret im Hintergrund. Einheimische Musiker gestalteten den Auftakt mit
Rockmusik und Texten, die auf die jüngsten Vorfälle in Ebensee Bezug nahmen.
Das Lied endete mit dem Refrain "Nie mehr braun, des wollma net, des
brauchma net, hat des endlich jeder kapiert".
"Nazidorf"
SPÖ-Bürgermeister Herwart Loidl zeigte sich
in seiner Ansprache beeindruckt von der großen Zahl der Teilnehmer, die den
Anliegen von Ebensee ihr Gesicht und ihre Stimme leihen würden. Die
Marktgemeinde habe die Geschichte vorbildhaft aufgearbeitet. Diese Arbeit
solle nicht umsonst gewesen sein. Ebensee dürfe in der medialen
Aufgeregtheit nicht als "Nazidorf" geprügelt werden. Er verwehre sich gegen
pauschale Verurteilungen. Ebensee sei "anders". Er zitierte auch aus einem
zustimmenden Schreiben der Partnerschaftsgemeinde Prato in Italien.
Pfarrer Dechant Alois Rockenschaub trat für eine "Erinnerungskultur" gegen vorschnelles Vergessen ein. Bei Vergessen wiederhole sich die Geschichte. Ebensee habe vieles getan, um die dunklen Schatten über dem Ort aufzuarbeiten. Es gebe aber neben der individuellen Schuld auch die Verstrickung in die Schuld. Dazu gehöre auch der leichtfertige Umgang in Stammtischgesprächen und falsche Toleranz, nämlich das "alles gelten lassen". Aufrufe zu Engagement gegen Rechtsextremismus kamen auch von einer Vertreterin der Lehrerschaft an den örtlichen Pflichtschulen, vom Musiker Herwig Strobl und Schulkindern, die unter großem Applaus der Zuhörer forderten, wer mit 16 wählen dürfe, benötige mehr umfassende politische Bildung.
Der SPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Hannes Swoboda, erklärte dazu, die Kundgebung in Ebensee sei wichtiges Signal der Zivilgesellschaft. Dem Wiedererstarken des Rechtsextremismus dürfe nicht tatenlos zugesehen werden. Es müsse gesellschaftspolitischer Konsens sein, dass rassistische und rechtsradikale Äußerungen in keinster Weise akzeptabel seien.