Was die EU-Wahl angeht, vermutet die Europaministerin, dass es Regierungsparteien in ganz Europa schwer haben werden.
Wien. Trotz der jüngst beschlossenen Beitrittsverhandlungen der EU mit der Ukraine und Moldau glaubt Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) nicht, dass diese beiden Staaten innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre Mitglieder der Union sein können. Dafür brauche es bei allen Bemühungen noch viele Reformen. Was die EU-Wahl angeht, vermutet sie, dass es Regierungsparteien in ganz Europa schwer haben werden. Nicht zuletzt deshalb plant sie eine Art Pro-Europa-Kampagne.
Dass Österreich laut Eurobarometer den letzten Platz bei der Zustimmung zur EU einnimmt, habe sie nachdenklich gemacht, betonte Edtstadler im APA-Interview. Einen Grund sieht sie darin, dass die Menschen krisenmüde seien. Dazu komme, dass viele Errungenschaften der Union schon selbstverständlich geworden seien.
Daher wolle sie im kommenden Jahr diese Dinge auch "trommeln". Dass man etwa in der ganzen EU arbeiten könne, keine Roaming-Gebühren zahle oder in den meisten Staaten der EU kein Geld mehr wechseln müsse, man kein Visum und keine Niederlassugsbewilligung brauche - all das sei zu wenig bewusst. Dabei gebe es keine nationalstaatlichen Lösungen - von der Energie-Autarkie bis zur Migration.
Edtstadler bekennt sie sich zu "Air Schengen"
Selbstbewusst gibt sich Edtstadler, was das österreichische Veto gegen einen Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens angeht. In elf der 27 EU-Staaten gebe es aktuell Grenzkontrollen. Da sei es "wenig sinnvoll" zu erweitern, bevor das bestehende System nicht repariert sei. Immerhin bekennt sie sich zu "Air Schengen", sprich keine Kontrollen auf Flughäfen, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt seien - etwa stärkere Grenzkontrollen zwischen Bulgarien und Rumänien bzw. zwischen Rumänien und Ungarn.
Was Ungarn angeht, sieht die Europaministerin die Zusammenarbeit mit dem Nachbarstaat als wichtig an. Gleichzeitig stellt sie sich auch hinter die EU-Kommission in deren Konflikt mit Ungarn. Junktime könne es nicht geben. Wenn Schritte zur Rechtsstaatlichkeit gesetzt würden, sollten Gelder wieder freigegeben werden. Wenn es diesbezüglich aber Probleme gebe, müsse man Ungarn "auf den Weg der Rechtsstaatlichkeit zurückführen". Hier sei auch bereits einiges weitergegangen.
Ukraine hätte noch "sehr viele Reformen" durchzuführen
Bezüglich der anstehenden EU-Beitrittsverhandlungen nennt es Edtstadler "ausgeschlossen", dass ein im Kriegszustand befindlicher Staat Mitglied werden könne. Speziell die Ukraine, aber auch das "sehr ambitionierte" Moldau hätten noch "sehr viele Reformen" durchzuführen.
Edtstadler bekennt sich auch zur Beitrittsperspektive für den Westbalkan. Als "Frontrunner" bezeichnet sie hier Montenegro, Nord-Mazedonien und Albanien. Bosnien-Herzegowina mache ebenfalls wichtige Fortschritte und hätte sich die Eröffnung der Beitrittsgespräche im März 2024 verdient. Aber auch Serbien trotz seiner autoritären Führung will die Europaministerin in der EU sehen: "Selbstverständlich ist es ein Mehrgewinn, wenn der Westbalkan an die EU und ihre Werte herangeführt wird."
Die Alternative wäre eine Verstärkung des Einflusses anderer Staaten. Da rede sie von China, Russland und Saudi-Arabien: "Darum halte ich den Prozess für absolut notwendig."