Die ehemalige Gesundheitsministerin und Ex-SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wird Direktorin der EU-Gesundheitsbehörde ECDC.
Sie wurde vom Verwaltungsrat der Organisation für die nächste fünfjährige Amtszeit gewählt, teilte die Agentur mit Sitz in Stockholm am Mittwoch mit. Die Medizinerin folgt der deutschen ECDC-Direktorin Andrea Ammon nach. Vor dem Amtsantritt muss Rendi-Wagner nur noch eine Erklärung vor dem EU-Parlament abgeben und sich den Fragen der Abgeordneten stellen.
"Ich fühle mich zutiefst geehrt und bin dem Verwaltungsrat dankbar, dass er mir die Rolle des Direktors des ECDC anvertraut hat", sagte Rendi-Wagner nach der Nominierung am Dienstagabend laut einer Aussendung des ECDC. "Ich freue mich darauf, diese Position nach der Anhörung im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen Parlaments zu übernehmen."
Abstimmung war geheim
Der Verwaltungsrat des ECDC besteht aus einer von jedem Mitgliedstaat entsandten Person, zwei vom Europäischen Parlament bestimmten Mitgliedern und drei Personen, die die Europäische Kommission vertreten. Jedes Mitglied hatte eine Stimme und Rendi-Wagner benötigte die Unterstützung von zwei Dritteln der Personen. Die Abstimmung war geheim, erläuterte das ECDC.
"Der Vorstand ist überzeugt, dass ihre Erfahrung, Vision und Pläne dem Zentrum in den nächsten fünf Jahren gute Dienste leisten werden. Wir freuen uns auf ihre bevorstehende Anhörung im Europäischen Parlament im März", teilte die Vorsitzende des ECDC-Verwaltungsrats, Anni Virolainen-Julkunen, mit. Dabei muss Rendi-Wagner eine Erklärung vor dem Parlament abgeben und Fragen der Abgeordneten beantworten, eine zusätzliche Bestätigung durch eine weitere Abstimmung ist nicht vorgesehen. Die bisherige Direktorin Ammon geht kommenden Juni in Pension.
Für Kampf gegen Infektionskrankheiten in EU verantwortlich
Das in Stockholm ansässige Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (European Centre for Disease Prevention and Control/ECDC) ist maßgeblich für die Vorbeugung von und den Kampf gegen Infektionskrankheiten in der EU verantwortlich und spielte nicht zuletzt bei der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie eine zentrale Rolle, betonte das Gesundheitsministerium in einer Aussendung. Gesundheits- und Außenministerium hatten Rendi-Wagners Kandidatur in den vergangenen Monaten aktiv unterstützt. Die Wiener Epidemiologin setzte sich in der Endauswahl gegen drei weitere Bewerberinnen und Bewerber durch.
Rendi-Wagner hatte nach ihrem Medizinstudium fast zehn Jahre lang im Bereich Tropenmedizin und Infektionskrankheiten gearbeitet. Von 2011 bis 2017 war sie Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit. In dieser Zeit war sie bereits sechs Jahre im Verwaltungsrat der ECDC tätig und auch Mitglied im Ständigen Ausschuss des Europabüros der Weltgesundheitsorganisation WHO. Von März bis Dezember 2017 fungierte Rendi-Wagner unter Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) als Gesundheits- und Frauenministerin, von November 2018 bis Juni 2023 war sie seine Nachfolgerin als SPÖ-Bundesparteivorsitzende. Derzeit ist sie laut ECDC an der MedUni Wien beschäftigt.
SPÖ gratuliert Rendi-Wagner
Der jetzige SPÖ-Chef Andreas Babler und SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner gratulierten in einer Aussendung: "Pamela Rendi-Wagner ist eine ausgewiesene und im höchsten Maße anerkannte Gesundheitsexpertin." Durch ihre jahrelange Erfahrung im In- und Ausland im Bereich der öffentlichen Gesundheit sei sie bestens qualifiziert. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger gratulierte Rendi-Wagner via Twitter. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz ortete dagegen trotz des Auswahlprozesses durch alle im ECDC-Verwaltungsrat vertretenen Mitgliedsstaaten das Versorgen der Ex-SPÖ-Parteichefin mit einem "Systemposten".
"Dr. Pamela Rendi-Wagner vereint medizinische Expertise zu Infektionskrankheiten und politische Erfahrung, die für die Leitung einer internationalen Behörde enorm wichtig ist", freuten sich Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). Damit werde die dritte EU-Agentur unter rot-weiß-roter Leitung stehen, betonte Schallenberg. Bei den weiteren handelt es sich um die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) mit Sitz in Parma und Bernhard Uhl als Geschäftsführendem Direktor sowie die EU-Eisenbahnagentur (ERA) in der französischen Stadt Valenciennes, der Josef Doppelbauer als Exekutivdirektor vorsteht.