Experten fordern:
"Ehrenkodex für alle Parteien"
05.05.2012
Nach VP-Vorstoß - SP, FP, Grüne: "Nicht notwendig".
Ex-Rechnungshof-Präsident Fiedler fordert einen Verhaltenskodex für alle Parteien – SPÖ, FPÖ, Grüne und BZÖ halten davon aber wenig.
Der am Freitag präsentierte VP-Verhaltenskodex regelt in zwölf Grundsätzen, wie sich schwarze Politiker in „Graubereichen“ zu verhalten haben. Festgelegt wurde, was für VP-Funktionäre in Sachen Dienstautos, Jagd- oder Urlaubseinladungen erlaubt ist und was nicht. Ein Verstoß dagegen kann bis zum Parteiausschluss führen.
„Für alle Parteien“
Am Samstag ließ Franz Fiedler, ehemaliger Rechnungshof-Präsident und Chef von Transparency International, mit seiner Forderung aufhorchen: „Es ist vorteilhaft, dass sich mit der ÖVP jetzt auch eine Partei einen internen Verhaltenskodex gibt“, sagte er Ö1. „Auch die anderen Parteien sollten sich überlegen, sich einen solchen Kodex zu geben.“ Die anderen Parteien haben für den VP-Vorstoß allerdings mehr Häme als Anerkennung übrig.
SP: „Brauchen Gesetz“
SPÖ-Managerin Laura Rudas fordert die VP stattdessen auf, das Transparenzgesetz bis 1. Juli umzusetzen: „Die SPÖ braucht keinen Verhaltenskodex. Ein solcher kann nur zusätzlich zu einem Gesetz sein, das für alle inklusive der Länder zwingend ist und von einer unabhängigen Prüfstelle kontrolliert wird. Ich hoffe auf eine Durchsetzung ab 1. Juli.“ Sie meint aber auch, dass es „jeder Partei offenstehe, einen Kodex festzuschreiben, aber nur eben zusätzlich zum Gesetz“.
FPÖ: „Feig“
Eine Absage kommt von den Grünen: „Es braucht keinen Verhaltenskodex mit Selbstverständlichkeiten. Bei den Grünen ist vieles ohne Kodex geregelt. Seit sieben Jahren sind wir Vorreiter in Sachen Transparenz“, so Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner zu ÖSTERREICH. Für FP-General Harald Vilimsky ist es „feige, sich intern fadenscheinige No-na-Reglements aufzuerlegen“. Stefan Petzner vom BZÖ: „Der Kodex ist zweck- und planlos, es braucht strengere Gesetze für alle.“
Lesen Sie auf der nächsten Seite das ÖSTERREICH-Interview mit Vizekanzler Michael Spindelegger:
Spindelegger: "Haben nichts mit Korruption zu tun"
ÖSTERREICH: Herr Vizekanzler, Sie bereiten einen „Spindelegger neu“ vor. Wie wird denn dieser Spindelegger aussehen?
Michael Spindelegger: Vom Wesen her bleibe ich der gleiche. Aber wir müssen in Zeiten der Herausforderung neue Akzente setzen. Wir müssen stärker emotionalisieren und klarmachen, wohin die ÖVP Österreich führen will. Man darf als Regierungspartei nicht nur im Alltagspragmatismus versinken, den man natürlich auch braucht. Aber es geht eben auch um die Grundstruktur mit dem Wertekonzept der ÖVP.
ÖSTERREICH: Glauben Sie wirklich, dass ein Wertekatalog da ausreichen wird?
Spindelegger: Eine Maßnahme alleine wird nicht reichen – da haben Sie recht. Wir brauchen eine Vielzahl von kreativen Ansätzen. Wir müssen auch stärker zeigen, dass die aktuelle Mannschaft der ÖVP – die gesamte Führungsriege – absolut nichts mit den Vorfällen zu tun hat. Im Übrigen habe ich auch keine Lust, ständig für die Blauen und ihre „Bad Bank“ und die Orangen den Kopf hinhalten zu müssen.
ÖSTERREICH: Sie werden am 14. Mai eine „Rede zur Lage der Nation“ halten. Werden Sie da auch diese „neue“ VP vorstellen?
Spindelegger: Da werde ich sagen, was wir wollen: Wie wir das österreichische Lebensmodell, nämlich dass sich jeder etwas aufbauen kann, wenn er hart genug dafür arbeitet, noch immer möglich ist und das Österreich für modernes Unternehmertum Perspektiven entwickelt. Aber mir geht es nicht nur um große Ankündigungen, sondern um Substanz. Wir wollen den Mittelstand entlasten. Momentan kann ich Steuern noch nicht senken, obwohl ich mir das wünsche.
ÖSTERREICH: Wann kommt die Steuerreform?
Spindelegger: Derzeit läuft die Wirtschaftsentwicklung zum Glück besser als vorausgesagt. Wenn sich das fortsetzt, dann werden wir 2013 bereits unsere Vorstellungen für eine Steuerreform vorstellen.
ÖSTERREICH: Also noch vor der Wahl?
Spindelegger: Ich lasse mich auf kein Datum festnageln. Und Sie wissen, eine Steuerreform alleine hat noch keiner Partei geholfen, bei Wahlen zu gewinnen. Die Menschen wählen nicht Geld, sondern Werte und Ideen. Das sollte sich auch Stronach hinter die Ohren schreiben.
ÖSTERREICH: Wie viel Spielraum lassen Ihnen Ihre Landeschefs?
Spindelegger: Im Unterschied zu Zentralisten stehe ich zum Föderalismus. Das Bundesgesetz für das Sauberkeitspaket ist der Mindeststandard für die Länder. Wenn einzelne Länder aber die Veröffentlichung von Parteispenden sogar auf 1.000 Euro senken wollen, warum sollten wir uns dem entgegen stellen?
ÖSTERREICH: Die Lehrerdienstrecht-Verhandlungen sind gestartet. Bei der Bildung geht nichts weiter?
Spindelegger: Man darf die Qualität der Schulen nicht immer nur mit Strukturen verknüpfen. Unsere Kinder haben teilweise Lese- und Lernschwächen. Da brauchen wir eine bessere Qualität und neue Denkansätze.
ÖSTERREICH: Eine Qualitätsverbesserung braucht mehr Arbeitsstunden, oder?
Spindelegger: Die Verhandlungen haben begonnen, und ich bin zuversichtlich, dass beiden Seiten klar ist, dass man auf die Veränderungen unserer Zeit eingehen muss. Wir brauchen ja auch mehr Ganztagesbetreuung. Es läuft auf mehr Stunden hinaus, aber konkret möchte ich den Verhandlern hier nichts ausrichten.