Landeshauptmann Erwin Pröll im Gespräch über sein Amtsverständnis - Und: er kritisiert Neffen Josef Pröll.
Betont staatsmännisch gibt sich Niederösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll im großen ÖSTERREICH-Sommer-Interview.
"Schiedsrichter" hat gesprochen
Pröll nimmt in der
Ortstafelfrage, in der Stillstand herrscht, klar Stellung: "Höchstgerichtsentscheidungen
sind für mich ähnlich wie Schiedsrichterentscheidungen beim Fußball,
Tatsachenentscheidungen." Was sich aber in der Ortstafelfrage jetzt
abspiele sei, "dass die heiße Kartoffel von der Bundesregierung zum
Land Kärnten und wieder zurückgeschupft wird - aus reiner Polit-Taktik. So
geht das nicht. Ich meine, dass man nun endlich so weit sein müsste, in
einen vernünftigen Dialog miteinander zu treten, Nägel mit Köpfen zu machen,
und eine Lösung zu finden, die den Erkenntnissen des
Verfassungsgerichtshofes entspricht."
Ausführlich beschreibt Pröll sein Amtsverständnis für den Bundespräsidenten. Er wünscht sich warnende, auffordernde und wenn nötig "sogar bestimmende" Worte bei wichtigen Fragen der Republik.
Amt des Präsidenten nicht geschätzt
Zu Heinz Fischers
Amtsstil betont Pröll: "Ich werde mich von Niederösterreich aus
nicht als Oberlehrer der Nation gerieren. Aber was mir wirklich Sorgen macht
ist, dass viele Österreicher sich heutzutage fragen, wozu man einen
Bundespräsidenten überhaupt braucht. Das muss zu denken geben. Die Frage
ist: Warum es so weit gekommen ist, dass die Österreicher dieses Amt als so
wenig bedeutend einschätzen?"
Gegen Sommersitz
Pröll ist gegen ein Jagdschloss als Sommersitz
für den Präsidenten: "Wir sind nicht mehr in einer Monarchie."
Derzeit dient das vormals kaiserliche Jagdschloss Mürzsteg in der
Steiermark den Bundespräsidenten als Sommerresidenz.
Für eigenen ÖVP-Kandidaten
Und Pröll sagt ganz
deutlich, dass es einen eigenen ÖVP-Kandidaten für die kommenden Wahlen im
April 2010 geben soll: "Ich bin unbedingt für einen eigenen Kandidaten
in der ÖVP." Dass seine Partei sich noch nicht festgelegt hat,
immer wieder unterschiedliche Stimmen zur Kandidatur laut werden, schreibt
er seinem Neffen und ÖVP-Chef Josef Pröll zu und übt harte Kritik: In der
Parteiführung sei man "offensichtlich noch nicht den Weg gegangen,
hier ordentlich zu koordinieren."
Auf die Frage, ob er sich einer Präsidentschaftskandidatur eigentlich noch entziehen kann, betont Pröll: "Sie haben recht, es ehrt mich sehr, dass wirklich gewichtige Parteifunktionäre und Amtsträger in der Republik sich öffentlich für mich ausgesprochen haben." Und er betont: "Fakt ist: Sie werden von mir noch nie gehört haben: Ich will Bundespräsident werden. Aber Sie haben allerdings auch noch nie das Gegenteil von mir gehört..."