Für die Ärztekammer ist der elektronische Krankenakt überflüssig.
Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) sieht sich mit seinem Gesetzesentwurf für die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) einer breiten Ablehnungsfront gegenüber. Nach ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger hat am Montag auch die Ärztekammer die Pläne Stögers zurückgewiesen. Vizepräsident Artur Wechselberger meinte, mit dem Begutachtungsentwurf habe sich bestätigt, dass ELGA keinen Nutzen bringe. Deshalb brauche man das neue System nicht. Auch die FPÖ prophezeite Stöger einen "Mega-Flop".
Datenschutz vs. medizinischer Nutzen
Wechselberger begrüßte zwar die von Stöger vorgesehenen strengen datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Wenn man aber den Datenschutz so ernst nehme, dann seien viele Ausnahme die Konsequenz, verwies der Ärztekammer-Vizepräsident auf die vorgesehene Möglichkeit zur Ablehnung der Speicherung von Daten durch die Patienten. Damit sei aber der Nutzen für den Arzt nicht mehr gegeben, argumentierte Wechselberger ähnlich wie zuvor auch schon der praktische Arzt Rasinger.
"Wir brauchen ELGA überhaupt nicht"
Der Ärztekammer-Vizepräsident kommt deshalb zu dem Schluss: "Wir brauchen ELGA überhaupt nicht." Er verwies darauf, dass jeder Arzt jetzt schon jeden Befund bekomme, den er benötige. Wenn er einen Patienten zuweise, bekomme er automatisch den Befund zugeschickt, und zwar geschehe dies jetzt schon elektronisch und verschlüsselt in einem Intranet. Wird ein Patient aus dem Spital entlassen, dann werde nach dem Hausarzt gefragt, und dieser bekomme dann ebenfalls die Entlassungsbriefe und Befunde automatisch zugeschickt. Dieses System reiche aus, "man braucht nichts Neues", betonte Wechselberger.
Unklarheit über ärztliche Haftung
Ebenso wie Rasinger verwies auch der Ärztekammer-Vizepräsident darauf, dass die Haftungsfrage für Ärzte im Falle von Fehlern in Folge nicht ausreichender Informationen durch ELGA in dem Stöger-Entwurf ausgeblendet werde. Und auch Wechselberger glaubt nicht, dass es bei den vom Gesundheitsminister genannten Errichtungskosten von 30 Millionen Euro bleiben wird. Er geht ebenfalls davon aus, dass auf die Ärzte und Spitäler weitere Investitionskosten und dann auch Wartungskosten zukommen werden. Zudem verwies Wechselberger darauf, dass andere Gesundheitsleistungsanbieter wie etwa die Apotheker nicht der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen, womit der Datenschutz in diesen Bereichen in Frage gestellt sei.
FPÖ-Ärztesprecher: "Völliger Nonsens"
Auch für FPÖ-Ärztesprecher Andreas Karlsböck ist der Stöger-Entwurf "so gut wie unbrauchbar". Es sei "völliger Nonsens", eine elektronische Gesundheitsakte einrichten zu wollen, auf der nicht alle patientenrelevanten Daten gespeichert seien. "Ich frage mich, wo da die Verbesserung zum Status Quo sein soll", so Karlsböck. Schließlich gebe es bereits heute unvollständige Patientendaten, diese allerdings billiger, meinte auch Karlsböck. Auch er glaubt, dass die von Stöger genannten 30 Mio. Euro "nur falsch sein" können. Er erinnerte daran, dass vor knapp einem Jahr noch Kosten von 300 Mio. für die Basis-Infrastruktur und 150 Mio. Euro für die laufenden Betriebskosten kolportiert worden seien.