Elektronische Gesundheitsakte
ELGA: Hausärzte attackieren Dorner
01.12.2011
Entscheidung des Ärztekammerpräsidenten sei "völlig falsch".
Nach der niederösterreichischen Ärztekammer nimmt nun auch der Österreichische Hausärzteverband (ÖHV) Ärztekammerpräsident Walter Dorner wegen seiner Zustimmung zur Elektronischen Gesundheitsakte
(ELGA) in der Bundesgesundheitskommission unter Beschuss. Die Standesvertreter aus Niederösterreich hatten Dorner jüngst das Misstrauen ausgesprochen und seinen Rücktritt verlangt. "Wir als ÖHV schließen uns dem vollinhaltlich an", unterstrich Wolfgang Werner, Präsident der Wiener Landesgruppe, am Donnerstag in einer Pressekonferenz.
"Die Ärzte wollen ELGA nicht", diagnostizierte Werner. Die Entscheidung Dorners sei daher "völlig falsch" und "gegen die Basis" gewesen. Der Wiener ÖHV-Chef deklinierte einmal mehr die Argumentationsliste gegen die Gesundheitsakte durch. ELGA wäre wegen der Geheimhaltungswünsche und Nichtbefolgung der Medikamenteneinnahme seitens der Patienten unvollständig, würde die Ärzteschaft zeitlich mehr belasten und hätte eine faktische Aussetzung des Datenschutzes zur Folge. Außerdem könnten Ärzte infolge des Übersehens eines Befunds, der bereits Jahre zurückliegt, haftbar gemacht werden. "Wir müssten das alles jedes Mal durchlesen, sonst werden wir fertig gemacht", zeichnete Werner eine düstere Zukunft für die Kollegenschaft.
Das Problem der Doppelbefundungen, das durch ELGA vermieden werden soll, sei außerdem marginal. So habe die bisher einzige Studie zu diesem Thema im Bereich der Radiologie gezeigt, dass es hier nur bei einem Prozent der Untersuchungen Doppelbefundungen nachgewiesen worden seien. Unterm Strich gebe es trotz enormem Kostenaufwand "keine Evidenz zum Nutzen", hieß es.
Schützenhilfe holten sich die Hausärzte heute von der Arge Daten. Obmann Hans Zeger versicherte, dass das System "sicherheitstechnisch eine Katastrophe" sei: "Alle Standards werden ignoriert." Zudem stelle sich die Frage, ob ein derartiger "Eingriff in das Grundrecht", der durch die Sammlung gesundheitsbezogener Daten bestehe, angemessen sei. Schließlich würden durch ELGA weder Struktur- noch Versorgungsprobleme im Gesundheitsbereich gelöst, sondern bestenfalls verwaltet.
"Wir erfüllen die Kontrollwünsche von Aufsichtsstellen", konstatierte der Datenschützer. Der Gesundheitsaspekt werde nur vorgeschoben für andere Zwecke. So sei etwa im Gesetzesentwurf dezidiert von einer Stärkung des Wirtschaftsstandorts im IT-Sektor die Rede.