Im zweiten Teil erfahren Sie wie Flöttl die Bawag angeblich betrogen hat.
Das ÖSTERREICH-Interview mit Helmut Elsner – es war DER Aufreger des Sonntags. Erstmals durfte der Ex-Bawag-Chef im Gefängnis fotografiert werden.
Im Gespräch, das mehr als eine Stunde dauerte, nahm sich der Ex-Manager kein Blatt vor den Mund. Der zu 9,5 Jahren nicht rechtskräftig verurteilte Ex-Banker fuhr vor allem schwere Geschütze gegen Ministerin Claudia Bandion-Ortner und ihren Kabinettschef Georg Krakow auf: „Claudia Bandion-Ortner lügt in meinem Fall wie gedruckt. Ich habe den starken Verdacht, dass bei ihr und Krakow Korruption vorliegen.“
„Habe gegen Flöttl in den USA Anzeige erstattet“
Und er sagte weiter: „Entweder belangt sie mich jetzt wegen übler Nachrede oder sie ist rücktrittsreif.“ Bandion-Ortner war im BAWAG-Prozess die Richterin, Krakow der Chefankläger (Staatsanwalt).
Im zweiten Teil des Interviews geht Helmut Elsner wieder in die Offensive. Der 75-Jährige erzählt den Bawag-Thriller im Detail. Der einst mächtig Bankmanager erklärt, warum die Geschäfte mit Spekulant Wolfgang Flöttl aufgenommen wurden. Weshalb, seiner Meinung nach, das Risiko für die Bawag gering war. Und warum er überzeugt ist, dass Flöttl das Geld nicht verspekuliert, sondern eingesteckt hat.
Elsner im Interview: „Der erste Gutachter, der vom Gericht bestellt wurde, hat in seinem ersten Zwischenbericht Zweifel angemeldet. Er kam zu dem Schluss: Die Flöttl-Unterlagen kommen ihm gefälscht vor und Aussagen können nicht stimmen.“ Und meint weiter: „Der Flöttl-Anwalt hat den Gutachter abgelehnt. Und Staatsanwalt Krakow hat diesem Antrag sofort zugestimmt.“
Morgen finden Sie in ÖSTEREICH den dritten Teil des Interviews. Elsner erklärt die „Plastiksackerl“-Affäre – und er spricht darüber, wie ihm seine Familie Kraft gibt.
ÖSTERREICH: Herr Elsner, Sie haben Flöttl den Auftrag für die Spekulations-Geschäfte gegeben. Warum fühlen Sie sich trotzdem unschuldig?
Helmut Elsner: Mein Vorgänger Walter Flöttl hat 1988 vorgeschlagen, dass man mit seinem Sohn Geschäfte machen soll. Die Konstruktion der Geschäfte war so, dass die Bank einen gewissen Betrag zur Verfügung stellte und Flöttl musste 20 Prozent dazugeben. Diese 120 Prozent waren der Bank verpfändet. Die Zins- und Währungsspekulationen, die Flöttl gemacht hat, waren nicht unser Risiko. ÖSTERREICH: Warum war das Risiko gering?
Elsner: Unser Vertrag hat so ausgesehen, dass er uns eine Vorausprovision vom eingeräumten Rahmen zahlen musste und eine Verzinsung für den Betrag, mit dem er spekuliert hat. Die Gelder wurden bei der London Inter Bank aufgenommen und Flöttl musste dafür auch noch einen Aufschlag zahlen. Für die Bank war das Geschäft sehr gut, weil wir das Treasury an Flöttl ausgelagert hatten. Für uns war es wichtig, mit einer fixen Verzinsung bei geringem Risiko rechnen zu können. Eventuelle Gewinne und Verluste gehörten Flöttl.
ÖSTERREICH: Wie haben die Bedingungen bei Verlusten ausgeschaut?
Elsner: Flöttl durfte seine 20 Prozent komplett verspekulieren. Aber nicht das Geld der Bank angreifen. Einzige Bedingung bei Verlusten war: Flöttl musste die 20 Prozent wieder auffüllen, wenn er mit der Bank weiterarbeiten wollte. Oder die Position stoppen. Bis 1994 sind die Geschäfte sehr gut gelaufen, die Zinsen sind geflossen. Die Bank hat gut verdient.
ÖSTERREICH: Die Vater-Sohn-Geschäfte haben aber schon 1994 für einen Skandal gesorgt.
Elsner: Als es den Medienwirbel gab, haben wir beschlossen, die Verträge mit Flöttl zu kündigen. Und er musste die Beträge zurückzahlen.
ÖSTERREICH: Warum haben Sie 1996 die Geschäfte mit Flöttl wieder gestartet?
Elsner: Kurz nach meiner Bestellung zum Generaldirektor kam der Vorstand für Bilanzwesen zu mir und sagte: „Uns fehlen die Karibik-Geschäfte. Ohne sie können wir die Dividende an den ÖGB nicht wie gewohnt weiterzahlen.“
ÖSTERREICH: Und da haben Sie Flöttl wieder kontaktiert ...
Elsner: Die Geschichte Vater-Sohn-Geschäfte war ja vorbei. Und an Flöttls Reputation war nicht zu zweifeln. Ich habe Flöttl gesagt, wir werden die Geschäfte auf der alten Basis wieder anfangen. Ich habe die Geschäfte vom Aufsichtsrat und vom Finanzministerium genehmigen lassen. Nach Meinung des Gerichts haben wir den Aufsichtsrat falsch informiert. Das ist eben nicht der Fall. Wir haben den Aufsichtsrat im Detail informiert.
ÖSTERREICH: Wie kam es dann zur Pleite?
Eslner: Die ersten Jahre ist alles gut gelaufen, 1998 kam dann angeblich der erste Verlust. Flöttl teilte uns mit, es habe einen Totalverlust gegeben, weil sich die Yen-Situation verändert hätte. Trotz Wirtschaftskrise sei der Yen gestiegen. Deswegen hätte Flöttl den ganzen Geldbetrag eingesetzt und verloren. Eine Behauptung, die laut Gutachtermeinung falsch ist.
ÖSTERREICH: Das Geld der Bawag hätte Flöttl laut Verträgen aber nicht angreifen dürfen ...
Elsner: Stimmt. Flöttl handelte vertragswidrig und wir erwägten eine Anzeige. Aber er hat uns glaubhaft machen können, dass das eine Ausnahmesituation war. Er hat uns sein Privatvermögen verpfändet, um den Schaden wieder gut machen zu können.
ÖSTERREICH: Wie hoch war der Verlust damals?
Elsner: 1998 waren es 460 Millionen Dollar. Das Interessante ist, dass im selben Monat Flöttl Zinserträge von 1,5 Millionen Dollar bekommen hat. Das entspricht einem Vermögen von 640 Millionen. Das bedeutet, das Geld wurde nicht verspekuliert. Es wurde die Lösung gefunden, das Flöttl-Vermögen, das von ihm mit 800 Millionen Dollar beziffert wurde, an die Bawag übertragen. Das waren Kunstwerke von Picasso, Manet, Monet etc. Und Liegenschaften auf den Bermudas, den Bahamas, ein Palais in London. Diese Übertragung war Basis für die weiteren Geschäfte 1999 und 2000. Der Gesamtverlust von 1998 bis 2000 betrug nicht, wie von Staatsanwalt Krakow behauptet, 1,7 Milliarden. Und das Unglaubliche ist, dass das Gericht im Urteil auf eine Gesamtschadensumme von 3,4 Milliarden kommt. Die Summe war nicht einmal angeklagt.
ÖSTERREICH: Wie kommt das Gericht auf diese Summe?
Elsner: Weil die Bandion-Ortner in den Grundrechnungsarten nicht firm ist. Sie hat nämlich den angenommenen Schaden und die hierfür in der Bank angesammelten Gewinne und Auflösung von stillen Reserven aus den Gewinnen nicht abgezogen, sondern dazugezählt. Bandion-Ortner war total überfordert. Wenn sie im Prozess nicht weiter wusste, hat sie Hilfe suchend den Staatsanwalt Krakow angeschaut. Mein Eindruck war, sie war Krakows Posaune. Ich habe mich immer gefragt, was der ÖVP da eingefallen ist, sich eine derartige Intelligenzruine ins Kabinett zu holen.
ÖSTERREICH: Was ist Ihrer Meinung nach mit dem Geld tatsächlich passiert?
Elsner: Alle gerichtlichen Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass man nicht nachvollziehen kann, wofür die Gelder tatsächlich verwendet wurden. Der Prüfbericht der österreichischen Nationalbank spricht den Verdacht von Malversationen (Anmerk.: Veruntreuungen) aus. Daher habe ich den Verdacht, dass Flöttl die Verluste gar nicht eingefahren hat, sondern einen Großteil der Gelder eingesteckt hat.
ÖSTERREICH: Welche Indizien gibt es noch?
Elsner: Er hat der Bank 1998 Verluste mitgeteilt und gleichzeitig in Tochtergesellschaften Gewinne gemacht. Vom Gericht wurde das alles beiseitegeschoben. Man hat nur Flöttl geglaubt.