BAWAG-Berufung
Elsner zu 10 Jahren Haft verurteilt
22.12.2010
Trotz teilweiser Aufhebung der Urteile bleibt Elsner in Haft.
Helmut Elsner ist mit der heutigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zu einer insgesamt zehnjährigen Freiheitsstrafe und der damit gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe für die ihm vorgeworfene Untreue verurteilt worden. Neben der vom OGH verhängten siebeneinhalbjährigen Freiheitsstrafe für die verbliebenen, von der Aufhebung des Ersturteils nicht betroffenen Untreue-Fakten hat Elsner auch die seit längerem rechtskräftigen zweieinhalb Jahre aus der "Plastiksackerl"-Affäre - er hatte dem ehemaligen Konsum-Generaldirektor Hermann Gerharter in einem ungewöhnlichen Behältnis 560.000 Euro überlassen - zu verbüßen.
Die erste Reaktion von Ministerin Bandion-Ortner lesen Sie hier.
Alle Entwicklungen im Fall Elsner hier!
BAWAG: Die Urteile im Detail
Keine Enthaftung
Mit dem Erkenntnis des OGH dürfte Elsners Enthaftung vorerst kein Thema sein. Zwar ist die U-Haft zur Gänze auf die verhängte Strafe anzurechnen, doch ist die vorzeitige bedingte Entlassung erst nach Verbüßung der Strafhälfte möglich. Elsner befindet sich seit Februar 2007 in U-Haft, die Strafhälfte wäre damit unter Anrechnung der in Frankreich verbrachten Auslieferungshaft erst Ende Jänner 2012 erreicht. Ob seine Anwälte dessen ungeachtet einen Enthaftungsantrag einbringen werden, war vorerst nicht absehbar.
Urteile gegen Flöttl, Ex-Vorstände ganz aufgehoben
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat die Urteile der ersten Instanz gegen den Spekulanten Wolfgang Flöttl, die früheren BAWAG-Vorstände Christian Büttner, Josef Schwarzecker und Hubert Kreuch sowie gegen den Wirtschaftsprüfer Robert Reiter zur Gänze aufgehoben. Die Fälle werden an das Erstgericht verwiesen und müssen komplett neu verhandelt werden, verkündete Senatsvorsitzender Rudolf Lässig heute, Donnerstag.
Das Urteil gegen Ex-BAWAG-Aufsichtsratschef Günter Weninger wird großteils aufgehoben. Die Aufhebung erfolge wegen "Verfahrensmängeln" und "rechtlichen Fehlern", erläuterte Lässig. Die Urteile wurden von der damaligen BAWAG-Richterin und heutigen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner ausgefertigt.
Anwälte wollen Wiederaufnahme
Die Anwälte von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner, der heute vom Obersten Gerichtshof (OGH) zu insgesamt zehn Jahren Haft verurteilt worden ist, haben nach der Urteilsverkündung Anträge zur Wiederaufnahme des Verfahrens und auf Enthaftung wegen Haftunfähigkeit ihres 75-jährigen Mandanten angekündigt. Beide Anträge würden aber nicht mehr heuer eingebracht, sagten sie den Journalisten. Elsner-Anwalt Andreas Stranzinger verglich die Lage mit dem Betrugsskandal um den in den USA verurteilten Bernard Madoff: "Das heutige Ergebnis ist so zu werten, als wäre Madoff auf freiem Fuß und die Investoren in Haft."
Haftunfähigkeit
Nun werde man Haftunfähigkeit für den rechtskräftig zu zehn Jahren Haft verurteilten Elsner beantragen, kündigte Elsners Anwalt Karl Bernhauser an. Alle Anträge, Elsner aus der fast vierjährigen U-Haft zu entlassen, wurden bisher von den Gerichten unter Verweis auf Fluchtgefahr abgelehnt.
Elsner selber verließ unter großem Blitzlichtgewitter nach einem kurzen Aufenthalt mit seinen Anwälten und seiner Frau in einem Nebenzimmer das Gericht. "Kein Kommentar", rief ein Justizwachebeamter auf Fragen von Journalisten. Elsner selber wirkte ebenfalls gefasst. Er wandte sich kurz an seinen Anwalt Karl Bernhauser, er habe noch eine Frage. Beim Gehen sagte Elsner "auf Wiedersehen".
Ehefrau hofft
Seine Ehefrau Ruth Elsner zeigte sich vor Journalisten gefasst: "Mein Mann ist kämpferisch." Er wisse, dass heute ein großes Unrecht geschehen sei. Nun werde man sich weiters um die Aufklärung in den USA kümmern. Mit Hilfe von Sachverständigen und Anwälten solle geklärt werden, wohin die BAWAG-Gelder wirklich geflossen seien.
Auf der nächsten Seite die Urteilsverkündigung im Live-Ticker!
11:30
Mit dem Ende der Pressekonferenz der Justizministerin findet auch der Live-Ticker seinen Abschluß. Alle weiteren relevanten Informationen erfahren Sie wie gewohnt auf oe24.at.
11:15
Bandion-Ortner stellt bei der Pressekonferenz klar, dass sie nicht an Rücktritt denkt.
11:03
Mit dem Erkenntnis des OGH dürfte Elsners Enthaftung vorerst kein Thema sein. Zwar ist die U-Haft zur Gänze auf die verhängte Strafe anzurechnen, doch ist die vorzeitige bedingte Entlassung erst nach Verbüßung der Strafhälfte möglich
10:49
Erste Rücktrittsaufforderung an Bandion-Ortner. Ewald Stadler (BZÖ) sieht im OGH-Urteil "eine vollkommene Blamage für Bandion-Ortner."
10:45
Helmut Elsner muss vom Arzt behandelt werden, Sauerstoffflaschen werden gebracht.
10:37
Die erste Reaktion von Ministerin Bandion-Ortner lesen Sie hier
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10:24
Elsner ist somit rechtskräftig zu zehn Jahren Haft verurteilt. Er wird nun in eine Strafvollzugsanstalt überstellt.
10:20
Der Gerichtstag ist zu Ende. Ruth Elsner und die Anwälte gehen mit Helmut Elsner in ein Nebenzimmer.
10:18
Zwettler muss fünf Jahre ins Gefängnis. Der Richter hätte gerne zehn Jahre verhängt, dies geht aber aus formalen Gründen nicht. Der Richter sagt zu Zwettler sie hatten Glück, dass Helmut Elsner neben ihnen auf der Anklagebank saß.
10:08
Neben der vom OGH verhängten siebeneinhalbjährigen Freiheitsstrafe für die verbliebenen, von der Aufhebung des Ersturteils nicht betroffenen Untreue-Fakten hat Elsner auch die seit längerem rechtskräftigen zweieinhalb Jahre aus der "Plastiksackerl"-Affäre zu verbüßen.
10:06
Helmut Elsner ist somit zu einer insgesamt zehnjährigen Freiheitsstrafe und der damit gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe für die ihm vorgeworfene Untreue verurteilt worden.
9:41
Bei Elsner wurde das Betrugsfaktum zur Gänze aufgehoben, auch der Vorwurf der Bilanzfälschung hielt in der Instanz nicht.
9:38
Ministerin Bandion-Ortner hat sich schon zu Wort gemeldet. Sie sieht sich die Urteile bestätigt. "Es ist ja geradezu eine Bestätigung für die Unabhängigkeit der Justiz".
9:35
Diese Fälle müssen, gleich wie gegen Flöttl, komplett neu verhandelt werden.
9:31
Die Urteile gegen die früheren BAWAG-Vorstände Christian Büttner, Josef Schwarzecker und Hubert Kreuch sowie gegen den Wirtschaftsprüfer Robert Reiter wurden zur Gänze aufgehoben.
9:27
Für den Umfang des Urteils gegen Elsner, den der Berufungssenat bestätigte, wurde eine Zusatzstrafe von siebeneinhalb Jahren Haft festgesetzt, wobei auf ein bereits rechtskräftiges Urteil in der Plastiksackerl-Affäre Bedacht genommen wurde.
9:25
Das Urteil gegen Flöttl wurde also "wegen Mängeln" total aufgehoben.
9:23
Das Verfahren gegen Wolfgang Flöttl geht wieder in die erste Instanz zurück.
9:19
Elsner bekommt jedoch eine Zusatzstrafe von 7 1/2 Jahren.
9:11
Der OGH hebt das Elsner-Urteil teilweise auf.
9:01
Ehefrau Ruth und Tochter Marie-Therese sitzen bei helmut Elsner, reden mit ihm, halten seine Hand. Jetzt kommen die höchstrichter in den Saal. Es geht los.
9:00
Heute ist der Medienandrang noch größer als gestern. Elsner wird von allen Seiten fotografiert.
8:59
Helmut Elsner wird wieder umringt von vier Justizwachebeamten in den Saal geführt. Er begrüsst seine Frau und seine Tochter wieder mit einem Kuss.
8:53
Die Kamerateams und Fotografen sind schon positioniert und warten auf Helmut Elsner. Die zwei Mitangeklagten Johann Zwettler und Peter Narkowitz sind schon im Grossen Saal des OGH.
8:39
Hier sehen Sie die besten Bilder vom gestrigen Verhandlungstag.
8:25
Sollten Elsner und die beiden anderen Angeklagten Erfolg haben, dürfte der OGH die erstinstanzlichen Entscheidungen in wesentlichen Teilen aufheben und für den zu bestätigenden Rest neue Strafen festsetzen.
8:10
Der Oberste Gerichtshof verkündet heute öffentlich, ob den Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der drei Verurteilten gegen ihre Schuldsprüche in der BAWAG-Affäre Berechtigung zukommt.
Auf der nächsten Seite alle Infos zur Verhandlung!
30 Monate hatte man Helmut Elsner nicht mehr gesehen. Dementsprechend groß war das Medieninteresse bei der gestrigen OGH-Verhandlung. Über 100 Menschen verfolgten die Plädoyers im Großen Saal des Justizpalastes, das Medien-Interesse ist enorm.
Die beiden Mitangeklagten, Elsner-Nachfolger Johann Zwettler und Ex-Bawag-Vorstand Peter Nakowitz, sind längst anwesend, als die Journalisten noch immer auf Helmut Elsner warten. Um 8.55 Uhr wird der Ex-Banker, umringt von vier Justizwachebeamten, in den „Großen Saal“ geführt. Seine Augen sind glasig, das Gesicht aufgedunsen. Er trägt einen grauen Sweater, einen hellblauen Pulli (von Ralph Lauren), Trainingshosen und Hausschuhe. Seine Anzüge passen dem Ex-Bawag-Chef nicht mehr, deswegen erscheint er im Freizeit-Look.
„Hallo Marcel.“
Der Kampf um das beste Foto ist brutal. Mitten im Gefecht: Ruth Elsner und Tochter Marie-Therese, die immer wieder von Fotografen zur Seite geschubst werden. Als Elsner vorbeigeführt wird, ruft Ruth Elsner: „Hallo Marcel.“ Der Ex-Bawag-Chef bleibt stehen. Ruth fällt ihm um den Hals, küsst ihren Mann.
Dann nimmt Elsner vor dem Richtertisch Platz. Das Blitzgewitter findet kein Ende. „Man kann sich wohl nicht sattsehen. Können Sie mir ein Foto schicken?“, scherzt der Ex-Bawag-Chef. „Wohin, an die Privatadresse?“, fragt ein Fotograf. „Das werden wir sehen“, antwortet Elsner.
Es kommt zu einer berührenden Szene. Als sich der Ex-Bawag-Chef Wasser einschenkt, wird etwas verschüttet. Ruth Elsner zückt ein Taschentuch und wischt vor den Fotografen den Tisch trocken.
Um 9.10 Uhr eröffnet der Höchstrichter die Verhandlung. Zu Beginn fordern Elsners Anwälte für den Angeklagten die Aufhebung des Ersturteils und Freispruch. Es handle sich um ein „einzigartiges Verfahren“, nicht nur wegen der Rekord-U-Haft für Elsner sowie der „zahlreichen Ungereimtheiten“ im Akt, sondern weil die BAWAG-Richterin zur Justizministerin gemacht worden sei, sagt Elsners Anwalt Andreas Stranzinger.
Elsner rechnet ab
Gegen 13.20 Uhr erteilt dann der OGH-Richter Rudolf Lässig Helmut Elsner das Wort. Seine Stimme ist heiser, kippt immer wieder. Einmal – als er gerade den Mitangeklagten Peter Nakowitz verteidigt – hat man fast das Gefühl, dass Elsner mit den Tränen kämpft. Tatsächlich versagt nur seine Stimme. Zuerst bedankt er sich bei seiner Frau. „Ich habe große Hochachtung vor ihr“, sagt Elsner. Plötzlich bricht der Frust aus ihm und Elsner attackiert Claudia Bandion-Ortner, Kabinettchef Georg Krakow und Wolfgang Flöttl hart. Ob ihm seine Brandrede für die Freiheit genützt hat, wird man heute um 9.00 Uhr wissen. Da gibt es das Urteil.
Lesen sie hier
die besten Stellen aus Helmut Elsners Schlussplädoyer.
Ruth Elsner: "Ich bin sehr angespannt"
(c) TZ Österreich/Kernmayer
ÖSTERREICH: Frau Elsner, wie war Ihr Eindruck von der gestrigen Verhandlung am OGH?
Ruth Elsner: Ich habe die Atmosphäre als wesentlich angenehmer empfunden als beim Prozess oder beim Oberlandesgericht. Die Verhandlung war sehr sachlich und korrekt. Alle Plädoyers der Anwälte waren sehr gut.
ÖSTERREICH: Ihr Mann hat eine sehr emotionale Rede gehalten. War es richtig, die Justizministerin und Ex-Bawag-Richterin Claudia Bandion-Ortner so hart zu attackieren?
Elsner: Die Erregung meines Mannes ist verständlich. Es sind von Claudia Bandion-Ortner als Bawag-Richterin viele Verfehlungen begangen worden, die man auch dokumentieren kann. Mein Mann hat das Recht, vor dem OGH seine Meinung zu sagen. Außerdem ist es nicht Art meines Mannes, sich vor den Höchstrichtern weinerlich darzustellen. Er ist ein Kämpfer und egal, wie das Urteil ausgeht: Unser Kampf geht weiter.
ÖSTERREICH: Heute um 9.00 Uhr wird das Urteil verkündet. Wie nervös sind Sie?
Elsner: Ich bin genauso angespannt und nervös wie vor der Urteilsverkündung am 4. Juli 2008. Es ist wichtig, dass mein Mann endlich aus der U-Haft kommt. Er schaut sehr schlecht aus und man hat auch gehört, dass seine Stimme immer wieder kippt.
Bandion-Ortner: "Bin noch länger Ministerin"
(c) TZ ÖSTERREICH/Pauty
ÖSTERREICH: Heute dürfte der OGH der Generalprokuratur folgen und Ihr Bawag-Urteil kippen. Eine Blamage?
C. Bandion-Ortner: Sicher nicht. Sollte der OGH tatsächlich der Generalprokuratur folgen, dann würde er auch bestätigen, dass der Großteil des Urteils gegen den Hauptangeklagten (Helmut Elsner) zu halten wäre. Die Generalprokuratur bestätigt einen Schaden von 1,4 Milliarden statt 1,7 Milliarden.
ÖSTERREICH: Elsners Verteidiger argumentiert, dass Sie bei der Urteilsausfertigung schon designierte Ministerin waren.
Bandion-Ortner: Ich bin entsetzt, wie Parteipolitik und unabhängige Rechtsprechung vermischt werden. Ich hab’ als Richterin ein faktenbasiertes Urteil gesprochen. Ich habe als Ministerin viele Reformen auf den Weg gebracht – und will danach beurteilt werden. Sonst wäre es ja so, dass Richter niemals Minister werden könnten.
ÖSTERREICH: Elsner beschimpft Sie. Stört Sie das?
Bandion-Ortner: Ich verstehe Emotionen Angeklagter gegenüber ihrem Richter. Aber: Jeder Angeklagte muss gleich behandelt werden.
ÖSTERREICH: Es gibt Rücktrittsspekulationen. Sind Sie 2011 noch Justizministerin?
Bandion-Ortner: Ich werde im nächsten Jahr noch Ministerin sein, und hoffentlich auch übernächstes Jahr, und alle Reformen umsetzen, die ich noch vorhabe.