Stilles Gedenken an Corona-Todesopfer
Emotionaler Moment: VdB hält in Rede inne
14.03.2021Ein Jahr Corona: Bundespräsident bittet weiter um Zusammenhalt.
Wien. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat Sonntagabend in einer Fernsehansprache der Corona-Toten gedacht und an die Bevölkerung appelliert, auch nach einem Jahr Pandemie trotz "Ernüchterung, Grant und Unlust" aufeinander Rücksicht zu nehmen. Er wünsche sich, "dass wir diese Krise zwar so schnell wie möglich hinter uns lassen, aber dass wir sie nicht vergessen", sagte er laut vorab übermitteltem Redetext.
Die Pandemie habe allen viel abverlangt: "Ausnahmslos jede und jeder war und ist auf schwere oder besonders schwere Art betroffen. Niemand wurde verschont." Das sei frustrierend, "aber richten wir den Widerwillen bitte nicht gegeneinander", sagte der Bundespräsident: "Gerade in einer Krise zeigt sich, aus welchem Holz wir geschnitzt sind. Wir alle wollen und sollen uns nach Ende dieser Krise noch in die Augen sehen können. Und ich weiß, in unseren Herzen sind Mitgefühl, Mut und Glauben an das Gute stärker als alles andere."
Phase der Stille für Verstorbene
Van der Bellen dankte allen, "die in dieser ermüdenden Krise immer noch aufeinander Rücksicht nehmen, die immer noch auf das Wohl und die Gesundheit ihrer Mitmenschen achtgeben". Viele hätten geliebte Menschen durch das heimtückische Virus verloren, teils ohne sich persönlich verabschieden zu können. "Es ist wichtig, dass wir alle, auch die, die davon Gott sei Dank nicht direkt betroffen sind, das sehen und füreinander da sind." Den Verstorbenen widmete er in der Ansprache eine Phase der Stille.
Für die Zukunft zeigte sich das Staatsoberhaupt optimistisch. "Und wie geht's nun weiter? Nun, so trivial das klingen mag: Jedem Winter folgt ein Frühling. Und der wird bald beginnen." Schon bald werde jede und jeder die Möglichkeit einer Impfung haben, und man werde sich gemeinsam wieder des Lebens freuen können.
"Und dann wünsche ich mir, dass wir diese Krise zwar so schnell wie möglich hinter uns lassen, aber dass wir sie nicht vergessen. Dass wir nicht vergessen, wie zerbrechlich unsere Gemeinschaft ist. Dass wir daraus für die Zukunft lernen. Dass wir wieder aufeinander zugehen. Und uns gemeinsam an die Arbeit machen und dieses Land neu und besser bauen", schloss der Bundespräsident.
Die Rede im Wortlaut
Liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle Menschen, die hier leben!
Nun ist es also ein Jahr her, seit die globale Pandemie auch in unser Land gekommen ist. Wir alle hatten damals, im Februar und März 2020, gehofft, dass diese Geißel so schnell wieder verschwinden würde, wie sie aufgetaucht war. Aber mit jedem Tag, der vergangen ist, wuchs leider auch die Gewissheit, dass wir uns wohl auf eine längerfristige Lebensumstellung einrichten müssen. Dass unser aller Leben wohl für längere Zeit auf den Kopf gestellt sein würde.
Viel hat uns diese Pandemie abverlangt – und verlangt sie uns ab: den Familien, den Müttern und Vätern und ganz besonders auch den Kindern und Jugendlichen. Den Menschen in Kranken- und Pflegeberufen, den Älteren, den Arbeitenden und denen, die keine Erwerbsarbeit haben. Ja auch, das ist mir wichtig zu sagen, auch den Menschen in politischen Ämtern, ob regional oder national. Uns allen. Ausnahmslos jede und jeder war und ist auf schwere oder besonders schwere Art betroffen. Niemand wurde verschont.
Am Anfang war noch ein starker Geist zu spüren, dass wir das hinkriegen werden. Und das werden wir auch. Die Krise wird vorbeigehen. Aber man kann wohl auch feststellen, dass wir einfach mit jedem Tag mehr und mehr Ernüchterung, Grant und Unlust in uns fühlen. Denn auch wenn das öffentliche Leben eine Zeitlang Pause machen kann, so kann man unsere menschlichen Bedürfnisse nicht so einfach abstellen. Es war und ist viel verlangt, auf das Treffen von Familien und mit Freundinnen und Freunden zu verzichten, Hochzeiten zu verschieben, Geburtstage nicht zu feiern, Konzerte, Gasthäuser nicht zu besuchen. All diese Ereignisse des Lebens, die unser Menschsein ausmachen und die eben nicht stattgefunden haben. Das war und ist frustrierend.
Aber richten wir den Widerwillen bitte nicht gegeneinander. Gerade in einer Krise zeigt sich, aus welchem Holz wir geschnitzt sind. Wir alle wollen und sollen uns nach Ende dieser Krise noch in die Augen sehen können. Und ich weiß, in unseren Herzen sind Mitgefühl, Mut und Glauben an das Gute stärker als alles andere.
Ich möchte mich heute auch bei allen bedanken, die in dieser ermüdenden Krise immer noch aufeinander Rücksicht nehmen, die immer noch auf das Wohl und die Gesundheit ihrer Mitmenschen achtgeben.
Liebe Österreicherinnen und Österreicher, und alle Menschen, die hier leben,
vielleicht haben Sie im letzten Jahr einen geliebten Menschen an dieses heimtückische Virus verloren. Vielleicht konnten Sie sich nicht einmal persönlich verabschieden. Konnten keine tröstende Berührung spenden. Das tut weh. Sehr weh. Das Gefühl der Macht- und Hilflosigkeit muss überwältigend sein.
Es ist wichtig, dass wir alle, auch die, die davon Gott sei Dank nicht direkt betroffen sind, das sehen und füreinander da sind. Und es ist wichtig, all der vielen Menschen zu gedenken, die bis zur Stunde an Corona litten und gestorben sind. Und auch jener Menschen, die als indirekte Folge dieser Pandemie sterben mussten.
Ich möchte Sie einladen, liebe Zuseherinnen und Zuseher, nun gemeinsam mit mir den Verstorbenen einen Augenblick der Stille zu widmen.
(Stille)
Wir werden sie nicht vergessen.
Meine Damen und Herren!
Und wie geht’s nun weiter? Nun, so trivial das klingen mag: Jedem Winter folgt ein Frühling. Und der wird bald beginnen. Die ersten Sonnenstrahlen sind schon zu spüren. Schon bald wird jede und jeder die Möglichkeit einer Impfung haben. Schon bald werden wir uns gemeinsam wieder des Lebens in unserem schönen Land freuen. Und dann wünsche ich mir, dass wir diese Krise zwar so schnell wie möglich hinter uns lassen, aber dass wir sie nicht vergessen.
Dass wir nicht vergessen, wie zerbrechlich unsere Gemeinschaft ist. Dass wir daraus für die Zukunft lernen. Dass wir wieder aufeinander zugehen. Und uns gemeinsam an die Arbeit machen und dieses Land neu und besser bauen.
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.