Eva Glawischnig
„Erhalte Drohbriefe, werde beschimpft"
04.09.2009
Nach zwei Monaten Babypause kehrt Eva Glawischnig als stillende Mutter in die Politik zurück – mit einem rot-grünen Masterplan bis 2013.
ÖSTERREICH: Nach Ihrer Babypause steht jetzt in Oberösterreich
die einzige schwarz-grüne Koalition auf dem Spiel. Zittern Sie?
Eva
Glawischnig: Diese Wahl ist die Latte für die Trendwende. Ich bin sicher, es
wird ein Plus dastehen, Landesrat Rudi Anschober kann seine Arbeit
fortsetzen.
ÖSTERREICH: Ein Plus, entgegen allen Trends?
Glawischnig:
Wahlziel sind zehn Prozent, damit das Öko-Jobprogramm Anschobers mit 50.000
neuen Arbeitsplätzen weitergeht.
ÖSTERREICH: Sie akzeptieren, dass die FPÖ überall die Grünen abhängt?
Glawischnig:
Das würde mich nicht freuen. In Oberösterreich und Vorarlberg wird Platz
drei schwierig. Aber ich rechne mit Wahlerfolgen. Wir wollen in vier
Landesregierungen.
ÖSTERREICH: Wollen Sie in Wien Rot-Grün regieren?
Glawischnig:
Absolut, auch in der Steiermark. In Wien wäre das mit der nächsten
SP-Generation spannend. Wenn man dann Schwarz-Grün und Rot-Grün vorzuzeigen
hat, ist das im Bund optimal. Das ist unser Masterplan bis zur Wahl 2013.
ÖSTERREICH: Wäre Alexander Van der Bellen ein guter Bundespräsident?
Glawischnig:
Natürlich. Darüber entscheiden wir im Dezember. Es hängt ja auch von ihm ab.
ÖSTERREICH: Wollen die Grünen im Parlament wie beim Bankgeheimnis
weiter praktisch mitregieren, ohne Minister zu stellen?
Glawischnig:
Wir haben da Lunte gerochen. Wir können viel durchsetzen, weil der
Reformdruck so hoch ist. Faymann und Pröll haben keine Ausreden mehr. Und
sie brauchen für viele Gesetze Partner. Etwa bei der Bildungsreform. Es ist
skandalös, dass die Leute, die unser angeblich höchstes Gut, die Kinder,
ausbilden, nicht entsprechend entlohnt werden.
ÖSTERREICH: Wie kommentieren Sie Bandion-Ortners Busspur-Antrag?
Glawischnig:
Unbegreiflich. Wem das passiert, der ist rücktrittsreif. Ich sitze ja auch
mit meinem Kind in der Straßenbahn.
ÖSTERREICH: Wie werden Sie den Alltag mit zwei Kleinkindern handhaben?
Glawischnig:
Sebastian ist im Büro dabei und wird dort gestillt, manche Termine werden
platzen. Aber es geht. Nur: Ohne Partner, der halbe-halbe macht, Oma und
Schwester wäre es unmöglich. Am Spielplatz merke ich: Viele Frauen müssen
weiter zwischen Karriere und Kind entscheiden. Deshalb muss der Kindergarten
eine Bildungseinrichtung werden und keine Aufbewahrungsanstalt, bei der man
ein schlechtes Gewissen haben muss.
ÖSTERREICH: Wie reagieren die Menschen auf Sie?
Glawischnig:
Viele Leute freuen sich über das Kind. Aber es gibt auch Feindseligkeiten.
Deshalb schütze ich meine Kinder. Es gibt immer wieder Drohbriefe und
Beschimpfungen. Anders als die Rechten jammere ich nicht. Ich bin Mutter und
Politikerin mit Leidenschaft – trotz kurzer Schlafphasen.
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