Der Verfassungsgerichtshof fordert einmal mehr zweisprachige Kärntner Ortstafeln. Für Jörg Haider ist dies aber "irrelevant".
Als "irrelevant" wurde am Donnerstag seitens des Büros des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider (B) das neuerliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes in der Ortstafelfrage bezeichnet. "Das Erkenntnis betrifft eine nicht mehr geltende Rechtsmaterie", betonte Pressesprecher und geschäftsführender BZÖ-Landeschef Stefan Petzner.
Petzner verwies auch auf die jüngste Entscheidung des Europarates, laut welcher das Kriterium der Umgangssprache im Rahmen von Volkszählungen für die Feststellung der Stärke von Minderheiten ungeeignet und damit unzulässig sei: "Auf das heute getroffene Erkenntnis umgelegt bedeutet dies, dass die höchstgerichtliche Feststellung, in den Ortschaften Eberndorf, Hart und Maria Elend würden mehr als zehn Prozent und in Sittersdorf sowie St. Jakob im Rosental mehr als 20 Prozent Slowenen leben, schlichtweg falsch ist und somit dort zweisprachige Ortstafeln nichts verloren haben."
Zweisprachige Tafeln gefordert
Laut dem Verfassungsgerichtshof
müssten demnach in Eberndorf, Hart, Maria Elend, Stittersdorf und St. Jakob
im Rosental zweisprachige Ortsschilder stehen. Zwar betreffen die Urteile
nur die alte, bis Mitte 2006 gültige Rechtslage und sind daher rechtlich
unwirksam. Politisch relevant ist allerdings, dass auch die seit Juli 2006
gültige Ortstafelverordnung für keine der fünf Ortschaften zweisprachige
Schilder vorsieht.
Über zehn Prozent
In allen fünf Ortschaften lag der Anteil
der zweisprachigen Bevölkerung bei der Volkszählung 1991 über zehn, in
Sittersdorf und St. Jakob im Rosental sogar über 20 Prozent. Trotzdem sind
die Ortschaften entgegen der vom Staatsvertrag vorgegebenen Verpflichtung
nur auf Deutsch, nicht aber auf Slowenisch angeschrieben. Auch in der seit
Juli 2006 gültigen neuen Ortstafelverordnung finden sich diese Ortschaften
nicht. Damals wurden nur Bleiburg und Ebersdorf neu in die Liste der
zweisprachigen Ortschaften aufgenommen.
Selbstanzeigen
Vertreter der Kärntner Slowenen versuchen daher
seit längerem, auch die neue Topographieverordnung vor den
Verfassungsgerichtshof zu bringen. Weil fehlende zweisprachige Ortstafeln
nicht direkt beim Verfassungsgericht eingeklagt werden können, ist dafür
allerdings eine recht komplizierte Konstruktion nötig: Slowenen-Vertreter
müssen Selbstanzeigen wegen einer Geschwindigkeitsübertretung im Ortsgebiet
einbringen und die folgenden Strafbescheide dann durch alle Instanzen bis
hinauf zum Verfassungsgerichtshof anfechten.
"Für den Papierkorb"
Zwei entsprechende Fälle
befinden sich derzeit im Instanzenzug, berichtet der stellvertretende Obmann
des Rates der Kärntner Slowenen, Rudi Vouk. Der Rechtsanwalt geht davon aus,
dass der VfGH im Fall neuer Beschwerden bei seiner Linie bleibt, auch wenn
die aktuellen Urteile rechtlich wirkungslos sind: "Rein formal sind sie
natürlich für den Papierkorb, weil sie eine nicht mehr vorhandene Rechtslage
betreffen. Aber es ist klar, dass bei jeder neuen Beschwerde der
Verfassungsgerichtshof wieder genauso urteilen wird."