Aufgewärmte Spionage-Vorwürfe: Der verstorbene Helmut Zilk soll für den tschechoslowakischen Geheimdienst tätig gewesen sein.
Die Anschuldigungen sind seit zehn Jahren bekannt: Der damalige TV-Journalist Helmut Zilk soll ab 1965 bis zum Prager Frühling 1968 als Informant des Geheimdienstes des tschechoslowakischen Regimes gearbeitet haben. Als Gegenleistung für die Bespitzelung von österreichischen Politikern soll es Geld und Geschenke, wie einen böhmischen Kristallluster fürs Wohnzimmer, gegeben haben. Das Nachrichtenmagazin profil hat die Geschichte jetzt knapp fünf Monate nach Helmut Zilks Tod wieder aufs Tapet gebracht – und die Vorwürfe verstärkt, weil es in der aktuellen Ausgabe Quittungen und Protokolle veröffentlicht hat.
„Pietätlos“
Zilks Frau Dagmar Koller ist über
die erneuten Vorwürfe schockiert und betont gegenüber ÖSTERREICH: „Das ist
alles so furchtbar, dass dieses Thema jetzt wieder hochkommt.“ Und Zilks
langjähriger Wegbegleiter Kurt Scholz ist über das erneute Hochkochen der
Verdächtigungen verärgert: „Ehrlich gesagt, ich halte das für pietätlos. Als
Reaktion darauf bin ich zu ihm auf den Friedhof gefahren“, so Scholz
gegenüber ÖSTERREICH. Das Ganze sei eine „innertschechische
Auseinandersetzung, wo man dubiose Akteninhalte dazu benützt, um Rechnungen
gegen Vaclav Havel und andere zu begleichen“.
Scholz sieht keinen Grund, warum Zilk unter dem Decknamen „Holec“ als Spion für das kommunistische Regime gearbeitet haben soll. „Bei Zilk waren die klassischen Erpressungsmomente für Spionage, wie Homosexualität und Schulden nie gegeben. Was soll der Mann, als jüngster Fernsehdirektor Europas, der gut verdient hat, für ein Motiv gehabt haben?“
Die von profil veröffentlichen Protokolle zeigen allerdings, dass Zilk von Steuerschulden und Geldnöten geplagt gewesen sein soll. Bereits eine Woche vor dem profil-Artikel hat die tschechische Tageszeitung „Mlada fronta Dnes“ berichtet, dass Zilk durch seine Spitzeldienste 55.000 Schilling verdient hätte – laut profil sollen es umgerechnet in heutige Kaufkraft 30.000 Euro sein.
Havel entschuldigte sich
Zilk soll sich regelmäßig mit dem Spion
Ladislav Bittmann in Cafés getroffen haben. Sein Deckname: „Holec“. Bittmann
ist 1968 in die USA geflohen und soll seine Kontakte, auch jenen zu Zilk,
den Amerikanern gebeichtet haben. Die österreichische Staatspolizei hat Zilk
dazu auch vernommen. Als die Unterstellungen 1998 erstmals aufkamen,
dementierte Bittmann, dass Zilk als bezahlter Spion gearbeitet hätte. Zilk
hätte auch nicht gewusst, dass er, Bittmann, ein Spitzel gewesen sei.
Allerdings bestätigte er, dass es Kontakte gegeben hatte. Die Vorwürfe haben
1998 dazu geführt, dass Staatspräsident Vaclav Havel die geplante Verleihung
eines Staatsordens an Zilk absagte. Später entschuldigte sich Havel, auch
Botschafter Jiri Grusa wies die Angriffe als „ungerechtfertigt und
unbewiesen“ zurück. Havel sagte bei Zilks Begräbnis im November 2008:
„Vielleicht haben wir ihm aufgrund unserer Unkenntnis auch Unrecht getan,
vielleicht haben wir ihn verletzt.“
Noch relevant?
Rudolf Gollia, Sprecher des Innenministeriums
kann derzeit nicht bestätigen, dass es eine Niederschrift von der Vernehmung
Zilks gibt. Es müsse auch geklärt werden, ob in Tschechien Unterlagen
vorliegen. Klar ist: Der Fall liegt mehr als 40 Jahre zurück und Zilk ist
tot. Inwieweit besteht überhaupt noch Interesse an dem Fall? Der
Hauptbetroffene, Helmut Zilk kann sich jedenfalls nicht mehr rechtfertigen.
„Unsinn, fabrizierte Papierln“, ärgerte sich der Altbürgermeister vor zehn
Jahren. Zilk verlangte damals Beweise, wasserdichte Beweise, nicht
irgendwelche Fälschungen.