Verschiedene Mediziner können sich zu einer Firma (=Ordination) zusammenschließen. Für die Patienten könnte das den Vorteil des One-Stop-Shops haben.
SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger hat einen Entwurf vorgelegt, der die Schaffung von Ärztegesellschaften ermöglichen soll. Ärzte sollen damit in verschiedenen Formen der Zusammenarbeit kooperieren können. Vor der Errichtung einer solchen Ärzte-Gesmbh soll allerdings der Bedarf in der jeweiligen Region dafür überprüft werden. Stöger erwartet sich davon einerseits eine Stärkung der niedergelassenen Ärzte und eine Entlastung der zum Teil überlaufenen Spitalsambulanzen sowie für die Patienten bessere Öffnungs- und geringere Wartezeiten.
Nur Ärzte als Gesellschafter
Der wesentliche Unterschied zu
den bestehenden Ambulatorien besteht darin, dass in den neuen Gruppenpraxen
nur Ärzte bzw. Zahnärzte Gesellschafter sein können. Jeder Arzt muss als
Gesellschafter auch "maßgeblich" mitarbeiten, er ist somit "Arbeitsgesellschafter".
Ärzte können keine anderen Ärzte anstellen, die Anstellung von Ärzten ist
nur im Ambulatorium möglich. Damit bleibt die weisungsfreie Berufsausübung
und bei gleichen Fächern in einer Gruppenpraxis die freie Arztwahl
gesichert. Auch andere Berufsgruppen, etwa Physiotherapeuten, können keine
Gesellschafter sein.
Alles in einer Hand
Möglich sollen damit die verschiedensten
Formen der Zusammenarbeit von Ärzten werden. So ist es etwa denkbar, dass
Allgemeinmediziner mit Fachärzten eine gemeinsame Praxis betreiben, aber
auch die Zusammenarbeit von zwei Allgemeinmedizinern mit dann längeren
Öffnungszeiten oder von mehreren Fachärzten, die sich etwa auf verschiedene
Fachbereiche spezialisiert haben, wäre möglich. Für die Patienten ergeben
sich damit die Vorteile längerer Öffnungszeiten, etwa am Abend oder auch am
Wochenende, außerdem könnten sie sich lange Wege in verschiedene Praxen
ersparen. Die Ärzte könnten damit gemeinsame Infrastruktur und Geräte nutzen
und von flexibleren Arbeitszeiten profitieren. Die Ärztekammern können mit
den Sozialversicherungen eigene Gesamtverträge für die Gesmbhs vereinbaren.
Entlastung für Spitäler
Neben der Verbesserung der
Qualität der medizinischen Versorgung erwartet sich Stöger vor allem eine
Entlastung der Ambulanzen. Auf konkrete Einsparungen dadurch wollte sich der
Gesundheitsminister aber noch nicht festlegen: "Schnelle Rechnungen
gehen nie auf."
Bedarf wird geprüft
Sowohl für die Ambulatorien als auch
für die neuen Gruppenpraxen soll es aus EU-rechtlichen Gründen eine strenge
Bedarfsprüfung geben. Unter Berücksichtigung der regionalen Strukturpläne
sollen dabei auch die Auslastung und die Wartezeiten bei den bestehenden
Praxen als Kriterien dienen. Das Verfahren führt das Land durch, die
jeweilige Sozialversicherung, die Ärztekammer und die Wirtschaftskammer
erhalten Parteistellung. Keine Bedarfsprüfung wird es auch weiterhin für
Einzelordinationen von Ärzten geben, aber auch dann nicht wenn sich Ärzte
mit bestehenden Kassenverträgen zu einer Gesmbh zusammenschließen.
Über diesen Entwurf will das Gesundheitsministerium nun mit den Ländern, den Sozialversicherungen, der Ärztekammer und der Wirtschaftskammer Gespräche führen. Danach soll ein Begutachtungsentwurf erstellt werden. Auf einen konkreten Zeitplan wollte sich Stöger noch nicht festlegen, seiner Meinung nach könne es aber durchaus schnell gehen. Der Minister betonte aber, dass er einen "sauberen Gesetzgebungsprozess" anstrebe. Mit diesem Entwurf löse er auch ein Versprechen an die Ärzte ein, das er beim Kassensanierungspaket im Vorjahr abgegeben habe, unterstrich Stöger.
ÖVP entschieden dagegen
Der Entwurf stößt beim
Koalitionspartner auf entschiedene Ablehnung. ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin
Rasinger bezeichnete die Pläne Stögers als "Totgeburt", die "mit Sicherheit
nicht das Ziel erreichen" werden. Damit werde es zu keiner Stärkung des
niedergelassenen Bereichs und zu keiner Entlastung der Ambulanzen kommen.
"Das ist mit uns in keinster Weise abgestimmt", so Rasinger.
"Bewilligungswillkür" droht
Den
ÖVP-Gesundheitssprecher stört vor allem die geplante Bedarfsprüfung, er
sieht darin eine "Bewilligungswillkür". Im Bescheid werde dann auch noch das
Leistungsspektrum definiert. Es gehe ja vielleicht noch, dass die
Krankenkasse ihren Ärzten mit Kassenverträgen Leistungen vorschreibe, aber
nicht den Privatärzten. Im Gesetzesentwurf werde nicht zwischen Kassen- und
Privatärzten unterschieden. Das widerspreche dem Grundsatz der freien
Berufsausübung, kritisierte Rasinger.
FPÖ sieht "Bürokraten-GmbH"
Die FPÖ ist zwar
prinzipiell für die Ärzte-GmbH, lehnt den Entwurf Stögers aber ebenso ab.
"Dieser Entwurf ist keine Ärzte-GmbH, dieser Entwurf ist eine
Bürokraten-GmbH", kritisierte Ärztesprecher Andreas Karlsböck. Er warf dem
Minister vor, die GmbH nicht wirklich haben zu wollen und deshalb zu
versuchen, die GmbH-willigen Ärzte "im Bürokratie-Dschungel verhungern" zu
lassen.
Ärztekammer gegen Auflagen
Auf Kritik stoßen die geplanten
Restriktionen bei der Ärztekammer. Diese widersprechen nach Ansicht der
Ärztevertreter der freien Berufsausübung und der bei vergleichbaren Berufen
gepflegten Praxis. "Ich befürchte, dass Rücksichtnahmen nach allen
Seiten die positive Grundidee der Ärzte-GmbH zunichte machen",
meint Ärztekammerpräsident Walter Dorner.