VP-Chef Josef Pröll im ÖSTERREICH-Interview zu Regierungsverhandlungen. "Bis Weihnachten muss klar sein, wer regiert".
ÖSTERREICH: Sie haben der SPÖ am Sonntag 10 Fragen gestellt. Nur 20
Stunden später kam die Antwort. Befriedigend?
Josef Pröll:
Die rasche Antwort der SPÖ auf die gestern vorgebrachten Fragen zeigt, dass
die SPÖ den Ernst der Lage erkannt hat. Ich sehe, dass die SPÖ nun
überraschend in zentralen Punkten auf Positionen der ÖVP eingeschwenkt ist,
wiewohl es in anderen Punkten auch weiteren Klärungsbedarf gibt.
Der Bundespräsident verlangt ständig Information über den Fortgang der
Gespräche. War Ihr 10-Fragen-Manöver mit Heinz Fischer abgesprochen?
Nein. Von mir ist der Bundespräsident nicht informiert worden. Wir haben die
Verhandlungen ja auch nie abgebrochen, sondern nur unterbrochen.
Wie sehr sind Sie unter Druck der Länder – der Schritt, die Verhandlungen
hinauszuzögern, war sicher nicht allein Ihre Entscheidung?
Für mich ist klar, dass eine Koalition eine Vertrauensbasis braucht, das
musste geklärt werden. Fest steht, dass ich meine Verhandlungslinie nicht
aufgrund des Drucks anderer bestimmen lasse. Natürlich gibt es nach dem
Wahlverlust unterschiedliche Meinungen in der ÖVP. Die werden gehört, aber
am Ende muss klar sein, dass der Parteichef die Entscheidungen trifft.
Die Kritik aus den Ländern an Ihnen soll mittlerweile schon so laut
sein, dass in einzelnen Ländern darüber nachgedacht wird, einen
Gegenkandidaten beim Parteitag aufzustellen. Beunruhigend?
Also
das ist mir bisher nicht bekannt. Ich bewerbe mich für den Job des
Bundesparteiobmanns der ÖVP und das ist ganz sicher nach dem Wahlverlust
nicht der einfachste Job der Welt. Aber ich kämpfe darum.
Zahlreiche Ländervertreter wollen eine Dreier-Koalition statt der Großen
Koalition. Ist diese Forderung legitim?
Legitim ist sie ganz
sicher. Aber man muss bewerten, ob andere Möglichkeiten da sind. Strache hat
sich erst am Montag durch seine EU-Linie und sein unbedingtes Ja zu einer
Volksabstimmung in einem Regierungsprogramm aus dem Rennen genommen.
Aber die SPÖ hat hier doch eine ganz ähnliche Position wie Strache.
Hier gibt es in den Nuancen Unterschiede. Tatsache ist, dass es mit der SPÖ
noch eine heiße Debatte wird, wie der EU-Kurs aussieht.
Dieses Verhandlungsthema ist Chefsache?
Ja. Die Eckpunkte
sind unter vier Augen zu entscheiden.
Zurück zu den Alternativen. Gibt es Parallelgespräche mit anderen
Parteien?
Es gibt keine Verhandlungen mit anderen Parteien aber
es gibt Kontakte – auch von mir. Ich habe Strache zweimal getroffen, mit
Bucher gesprochen und hatte ein gutes Gespräch mit Glawischnig. Ich habe
mehrmals gesagt, dass die Grünen ein guter Partner wären, die aber mangels
Wahlerfolg nicht infrage kommen.
Es bleibt also nur die Große Koalition. Oder würden Sie ein
SPÖ-Minderheitsregierung unterstützen?
Ich nehme die
Gespräche ernst und spekuliere nicht.
Das spricht alles für eine Große Koalition?
Am Ende
werde ich meine Entscheidung treffen. Bis Weihnachten muss klar sein, wer in
Zukunft Österreich regiert.