Brüssel. Ausgerechnet Johannes Hahn ist im Europaparlament nach der Sinnhaftigkeit einer Mandatsbegrenzung für EU-Kommissare befragt worden. "Soll es eine Mandatsbegrenzung auf zwei Perioden geben, oder soll man endlos Kommissar bleiben können?", fragte der kroatische Europaabgeordnete Mislav Kolakusic am Donnerstag bei der Anhörung Hahns in Brüssel.
Unter Verweis auf die von Hahn angestrebte dritte Amtszeit in der Brüsseler Behörde sprach sich der fraktionslose Abgeordnete Kolakusic dafür aus, dass bei "nicht gewählten" Positionen schon nach der zweiten Amtszeit Schluss sein soll. Hahn konterte den Angriff trocken. Wenn jemand "auch beim dritten Mandat mit Engagement und Leidenschaft dabei ist, sollte man ihn oder sie nicht davon abhalten", sagte er. "Es sind eh nicht so viele."
Hahn strebt in der am 1. November antretenden EU-Kommission das Amt des Budgetkommissars an. Von 2010 bis 2014 war er Regionalkommissar, in der 2014 ernannten, scheidenden Kommission Nachbarschaftskommissar.
Hahn bekam Grünes Licht nach Anhörung
Johannes Hahn hat die wohl letzte Hürde auf dem Weg zu einer dritten Amtszeit als EU-Kommissar genommen. Der Haushaltsausschuss und der Haushaltskontrollausschuss haben Hahn nach einer mehrstündigen Anhörung am Donnerstagabend als geeignet für das Amt des EU-Budgetkommissars befunden, verlautete aus EU-Parlamentskreisen gegenüber der APA.
Hahn sei von den Koordinatoren der beiden Ausschüsse mit breiter Mehrheit bestätigt worden, hieß es. Für Hahn hätten letztlich alle Fraktionen gestimmt, nur die rechte Fraktion "Identität und Demokratie", der auch die FPÖ angehört, habe ihn abgelehnt, hieß es in EU-Parlamentskreisen. Sie sei aber von den anderen Fraktionen überstimmt worden.
Der Routinier hatte sich dem Hearing selbstsicher gestellt, die Vorsitzenden der beiden Ausschüsse, Johan Van Overtveldt und Monika Hohlmeier, fanden bei einem kurzen Presseauftritt mit Hahn freundliche Worte. Die Anhörung sei in einer "sehr guten Atmosphäre" verlaufen, sagte Hohlmeier.
"Hahn hat gezeigt, dass er der richtige Mann für den Job ist", bilanzierte die ÖVP-Europaabgeordnete Angelika Winzig. Der Sprecher der Europäische Volkspartei (EVP), Siegfried Muresan, schrieb auf Twitter, Hahn habe ein "klares Bekenntnis zu einem starken EU-Budget gezeigt, das liefert, was die Bürger erwarten."
NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon zeigte sich erfreut, dass sich Hahn in dem Hearing für höhere EU-Eigenmittel einsetzt. "Es ist erfreulich zu sehen, dass Hahn hier auch Sebastian Kurz in die Schranken weist und auf eine Erhöhung laut Kommissionsvorschlag als Mindestmaß beharrt", betonte Gamon mit Blick auf das Tauziehen um das EU-Mehrjahresbudget ab 2021. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, dass dieses ein Volumen von 1,1 Prozent der EU-Wirtschaftskraft hat, während Nettozahler wie Österreich höchstens ein Prozent zugestehen wollen.
SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder kommentierte die Meldung "Hahn bei Hearing gegen kleineres EU-Budget" auf Twitter mit den Worten: "Vernünftig und europäisch!"
"Es ist zu ausdrücklich zu begrüßen, dass Hahn entgegen der Position der österreichischen Bundesregierung für ein höheres EU-Budget eintritt", sagte die grüne Delegationsleiterin Monika Vana. "Hahn war voller Bekenntnisse und Absichtserklärungen, wir erwarten nun, dass Taten folgen."
Hahn will gegenüber Wien "Interessen Europas vertreten"
Der designierte EU-Budgetkommissar Johannes Hahn hat klargemacht, dass er im EU-Budgetstreit die "europäischen Interessen" vertreten will. "Jeder hat hier seine Rolle wahrzunehmen. Der sehr wahrscheinliche nächste Bundeskanzler Sebastian Kurz hat die Interessen Österreichs zu vertreten. Meine Aufgabe ist es, die Interessen Europas zu vertreten", sagte Hahn am Donnerstag der APA in Brüssel.
"Das kann man, auch wenn man persönlich befreundet ist", betonte Hahn, der zugleich Verständnis für die Nettozahlerposition Österreichs äußerte. Schließlich gehe niemand mit der Position in Verhandlungen, "was man alles bereit ist, mehr zu zahlen". Hahn kündigte an, gleich nach seinem wahrscheinlichen Amtsantritt am 1. November mit einer Tour durch die Mitgliedsstaaten beginnen zu wollen, um die skeptischen Staaten von der Notwendigkeit eines größeren EU-Budgets zu überzeugen. Wir werden "ein dichtes Arbeits-und Reiseprogramm entwickeln", sagte er.
Zugleich warnte Hahn davor, dass Überzeugungsarbeit bei Sebastian Kurz schon für einen Durchbruch im Budgetstreit reichen würde. "Das wäre ein Missverständnis zu glauben, wenn ich als Österreicher den Österreicher Kurz überzeuge, dass dann alles in trockenen Tüchern ist", sagte der ÖVP-Politiker mit Blick auf die anderen Nettozahlerstaaten. "Die Aufgabenstellung, die ich mit Österreich habe, habe ich mit einigen anderen Ländern auch. Ich bin hier zuversichtlich, dass wir am Ende des Tages zu einer vernünftigen Lösung kommen." Es sei nämlich eine "Einsicht" da, dass man in Klimawandel, Wettbewerbsfähigkeit Europas, Grenzschutz und die Nachbarschaft investieren müsse, "und das gibt es nicht zum Nulltarif".
Hahn zog eine positive Bilanz seiner dreistündigen Anhörung in den zuständigen Ausschüssen im Europaparlament. "Die Leute hier kennen mich, wissen wie ich arbeite. Jeder hat seine politische Herkunft hier, aber die Frage ist, wie man hier arbeitet. Und ich habe jetzt zehn Jahre bewiesen, dass ich fraktionsübergreifend europäische Interessen und Inhalte vertrete und auch imstande bin, hier Ausgleiche zu finden." Dies sei eine "Grundvoraussetzung" dafür gewesen, "dass ich hier positiv aufgenommen wurde und ich habe es nicht geschafft, diesen Eindruck zu zerstören", fügte Hahn scherzhaft hinzu.
Hahn war betont selbstsicher aufgetreten und hatte sich auch nicht gescheut, auf die Frage eines AfD-Abgeordneten eine Wissenslücke zuzugeben. "Es fällt mir auch kein Zacken aus der Krone, einmal zu sagen: Ich weiß etwas nicht. Ich bin ja kein Wunderwuzzi." Das Detail der Budgetentlastung für den Rat habe er nicht gekannt. "Ich beschäftige mich erst seit zwei Wochen mit einem sehr umfangreichen Dossier und ich glaube, das ist auch so verstanden worden", sagte Hahn.
Im Interview mit dem ORF bekräftigte er seine Unterstützung für neue EU-Einkunftsquellen wie etwa "auf die berühmte Plastiktasche". Dies sei eine einfache Aufgabe, da es sich einerseits um eine neue Abgabe handle, "die niemandem etwas wegnimmt" und auch "populär" sei, weil jeder den Plastikmüll bekämpfen möchte. Auch sei das ein gutes Beispiel für eine Steuer mit Lenkungseffekt.
Diplomatisch äußerte sich Hahn auf die Frage, welche künftige österreichische Regierung ihm die Aufgabe erleichtern könnte. "Jede mögliche Koalitionsvariante kann hilfreich sein, was die proeuropäische Ausrichtung anbelangt. Das ist, was für mich zählt", sagte Hahn.