Heute Krisensitzung
EU-Gipfel: Letzte Rettung für den Euro
08.05.2010
Großbritannien wird sich nicht am Notfallfonds für die Euro-Länder beteiligen.
Abwärtstrend und kein Ende in Sicht: Seit Monaten leidet die europäische Gemeinschaftswährung an Schwindsucht und wird von Tag zu Tag schwächer. Erst am Donnerstag erreichte der Euro einen Kurs von zwischenzeitlich nur mehr 1,2629 Dollar. Und: Die Griechen-Pleite sowie weltweite Spekulationsgeschäfte drohen den Euro jetzt noch tiefer in den Abgrund zu ziehen.
„Weltweit organisierte Attacke gegen den Euro“
Hintergrund
der Angst vor Spekulanten, die eine „weltweit organisierte Attacke gegen den
Euro“ gestartet haben: (Zitat Eurozonen-Chef Jean-Claude Juncker):
- Das Heer der Zocker bei Banken, Hedge- und Pensionsfonds weltweit weiß, dass EU und IWF nach der Griechen-Rettung schlicht nicht die Mittel hätten, weiteren Pleite-Kandidaten wie Spanien, Portugal, Italien beizuspringen. Die Staaten und mit ihnen der Euro würden crashen. Spekulanten wetten bereits massiv gegen unsere Währung.
- Weil es mit der Griechen-Hilfe so lange gedauert hat, fürchten Investoren um ihre Staatsanleihen von Portugal & Co. und werfen sie verstärkt auf den Markt. Würden all diese „Kredite“ gleichzeitig fällig gestellt, wäre der Kollaps perfekt. Die Länder würden umfallen wie Dominosteine.
Klar ist: Die Zeit drängt. Bereits am Freitag trafen sich die Staatschefs der Eurozone zu einem Sondergipfel in Brüssel. Das Ziel: Noch vor der Öffnung der Märkte am Montag ein klares Signal für den Euro zu setzen und damit einen weiteren Kursverfall zu stoppen. Erst Samstag in den frühen Morgenstunden endete der Gipfel, das Ergebnis des stundenlangen Ringens: Die wohl bedeutendste Reform der Währungsunion seit Einführung des Euro vor elf Jahren. Konkret will die EU 70 Mrd. Euro aufbringen, um in Not geratene Mitglieder zu retten.
Paket zur Euro-Rettung soll heute Abend stehen
Bereits heute
treffen sich in Brüssel die EU-Finanzminister zu weiteren Beratungen. Bis
zum Abend soll das Rettungspaket endgültig geschnürt sein. „Die Eurozone
macht die schwerste Krise ihrer Geschichte durch“, so Frankreichs Präsident
Nicolas Sarkozy. „Wir werden den Euro verteidigen, egal was dies erfordert“,
gab sich EU-Kommissionschef José Manuel Barroso kämpferisch.
Großbritannien will sich nicht an dem geplanten Notfallfonds für Euro-Länder beteiligen. Das sagte ein britischer EU-Diplomaten in Brüssel. Die Finanzminister der 27 EU-Staaten beraten am Sonntag ab 15.00 Uhr bei einer Sondersitzung in Brüssel über den Notfallfonds, mit dem nach Griechenland möglicherweise andere hoch verschuldete Länder gerettet werden sollen.
Finanzminister als Feuerwehr
Die EU-Chefs spielten den Ball an die Finanzminister weiter – sie müssen heute in Brüssel den Euro retten.
Mit ihrem – noch recht unkonkreten – Beschluss einer neuen Finanzordnung haben die Staats- und Regierungschefs den Finanzministern einen ordentlichen Brocken auf den Tisch gelegt. Finanzminister Josef Pröll wird deshalb heute nach Brüssel fliegen und ab 15 Uhr mit seinen 26 EU-Kollegen versuchen, Nägel mit Köpfen zu machen.
In EU-Kreisen ist man über den neuen Gipfel nicht glücklich – sollte doch das Signal an die nervösen Märkte am Freitag von den Staats- und Regierungschefs ausgehen. Jetzt müssen es eben die 27 Finanzminister richten. „Die Märkte werden durch den neuerlichen Sondergipfel noch stärker verunsichert“, so ein hoher EU-Politiker zu ÖSTERREICH.
Im Interview mit ÖSTERREICH kündigt Pröll jedenfalls eine harte Vorgangsweise an: Es werde rigide Sanktionen geben, sogar die persönliche Haftung von EU-Politikern, die bei Erstellung ihrer Budgets lügen und betrügen, ist für den ÖVP-Politiker jetzt ein Thema. Und: Auch für Spekulanten soll es – endlich – genauere Regeln geben.
Wie die aussehen, ist allerdings noch völlig offen. Das gab auch Kanzler Werner Faymann am Samstag zu: Er hält es für „nicht wahrscheinlich, dass die Spekulation bis Sonntagabend abgeschafft wird“. Das Thema sei einfach nicht innerhalb von 48 Stunden zu lösen.
Pröll: Strafen für Griechen-Pleitiers
"Wer lügt,
haftet dann persönlich"
Finanzminister Josef Pröll will die griechischen Lügenpolitiker persönlich zur Rechenschaft ziehen. Eine „Ouzo-Steuer“ schließt er aus.
Österreich: Sie sind heute in Brüssel. Was sind für
Sie die wichtigsten Punkte am Rettungspaket für den Euro? Der Kampf
gegen die Spekulation? |
Das Interview führte Günther Schröder