Streit
EU-Gipfel: Sparpakt spaltet Europa
29.01.201225 Länder werden sich am Fiskalpaket für strenge Haushaltsdisziplin beteiligen.
Die EU-Chefs wollten gestern bei ihrem Gipfel den großen Befreiungsschlag. Gelungen ist das nur bedingt: Zwar stimmten 25 EU-Länder für den sogenannten Fiskalpakt. Sie wollen sich in Zukunft am Abkommen für eine strengere Haushaltsdisziplin beteiligen und mit strikten Sparkursen die Staatsdefizite begrenzen.
Mit strengeren Budgetregeln, Schuldenbremsen und Strafen für Defizitsünder sollen Pleiten wie jene in Griechenland künftig verhindert werden.
Nicht dabei sind beim Fiskalpakt, der erst am Abend besiegelt wurde, Großbritannien und Tschechien. London und Prag wollen dem strengen Sparpakt „im Moment“ nicht zustimmen.
Geeinigt haben sich die EU-Staaten aber auf den Euro-Schutzschirm (ESM) mit 500 Milliarden Euro. Ab Juli soll der neue Rettungsfonds in Kraft treten (einige EU-Chefs, darunter Bundeskanzler Werner Faymann, drängen bereits darauf, ihn auf 750 Milliarden Euro zu erhöhen).
Ebenso fixiert wurden nationale Jobpläne im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Im Rahmen ihrer Nationalen Reformprogramme sollen die EU-Staaten jährlich „Nationale Jobpläne“ vorlegen.
Aber die Griechen-Krise – die offiziell gar nicht auf der Tagesordnung stand – überschattete ein weiteres Mal die Gipfel-Ergebnisse.
Wirbel um Vorstoß zu
EU-Kuratel für Griechen
Der deutsche Vorstoß, wonach Griechenland unter EU-Kuratel gestellt werden soll, sorgte für heftige Aufregung. Geht es nach der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, dann soll ein Sparkommissar künftig alle Ausgaben der Griechen genehmigen. Die Griechen toben. „Mit so Ausdrücken wie ‚Aufpasser‘ fange ich eigentlich gar nichts an. Griechenland zusätzlich zu provozieren, halte ich nicht für notwendig“, ging Kanzler Werner Faymann zum Merkel-Vorstoß auf Distanz. Eurozonen-Chef Jean-Claude Juncker ätzte: Die Kontrolle eines einzelnen Landes sei „nicht akzeptabel“. Zuletzt sprach sich auch Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy dagegen aus, Griechenland die Hoheit über seine Haushaltspolitik zu entziehen. Sarkozy lehnte es ab, Schuldensünder „unter Vormundschaft“ zu stellen.
Dies sei „unangemessen, undemokratisch und ineffizient“.
Die Ergebnisse des EU-Gipfels
Fiskalpakt
Der zwischenstaatliche Fiskalvertrag verpflichtet die Unterzeichner-Länder zum Sparen und zur Einführung einer Schuldenbremse. Die Staaten - mit Ausnahme Großbritanniens und Tschechiens - akzeptieren eine schärfere Haushaltskontrolle der EU sowie härtere Strafen gegen Schuldensünder. Das jährliche, um Konjunktur- und Einmaleffekte bereinigte Staatsdefizit eines Landes darf 0,5 Prozent der Wirtschaftskraft nicht übersteigen. Kommt ein Land seinen Sparverpflichtungen nicht nach, wird automatisch ein Defizitverfahren eingeleitet.
Bis März soll im Detail geklärt werden, wie Unterzeichner-Staaten vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebracht werden können, wenn sie die Vorgaben nicht einhalten. Der besonders von Deutschland vorangetriebene Vertrag soll dann im März auch unterschrieben werden. Danach müssen ihn die Mitgliedstaaten noch billigen (ratifizieren).
ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus)
Der dauerhafte Krisenfonds für schwächelnde Euro-Länder startet am 1. Juli, ein Jahr früher als geplant. Er löst den Rettungsschirm EFSF ab und hat bislang einen Umfang von 500 Milliarden Euro. Ob das Volumen für Notkredite an pleitebedrohte Staaten ausreicht, soll der nächste EU-Gipfel im März überprüfen.
Anders als der EFSF wird der ESM über Bareinlagen verfügen und ist damit unabhängiger von den Ratings der Geberländer. Deutschland wird mit fast 22 Milliarden Euro den mit Abstand größten Anteil in den ESM-Kapitalstock einzahlen.
Wachtumsinitiative
Die EU-Länder wollen gezielt mehr Geld in Projekte stecken, die das Wirtschaftswachstum ankurbeln und Arbeitsplätze für junge Menschen schaffen. Dazu sollen vorhandene Mittel aus den milliardenschweren Brüsseler Töpfen rascher und besser eingesetzt werden. Derzeit sind in den Strukturfonds noch 82 Milliarden Euro vorhanden, die bisher nicht konkret verplant sind.
Auf Hilfe dürfen Staaten hoffen, in denen die Jugendarbeitslosigkeit bei mindestens 30 Prozent liegt: Estland, Griechenland, Italien, Portugal, Slowakei, Spanien, Lettland und Litauen. Schweden zieht bei der Initiative vorerst nicht mit.
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22:35 Uhr: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Gipfel-Kompromiss zum Sparpakt begrüßt. Das sei "eine wirkliche Meisterleistung", sagte die Kanzlerinnach Abschluss siebenstündiger Beratungen mit ihren EU-Amtskollegen. Der Gipfel sei recht erfolgreich verlaufen.
22:14 Uhr: Das Ziel des Fiskalpakts lautet, verlorenes Vertrauen an den Finanzmärkten wiederzugewinnen. Ein strikter Sparkurs soll die Staatsdefizite begrenzen und Fälle wie Griechenland künftig verhindern. Besonders Deutschland und Frankreich hatten auf den Pakt gepocht, der bereits beim Gipfel im Dezember im Grundsatz vereinbart worden war. Damit ist der Gipfel in Brüssel beendet.
22:03 Uhr: Auch der Streit mit Polen und anderen Nicht-Euro-Ländern über die Teilnahme an Gipfeltreffen der Euro-Gruppe wurde beigelegt. Diese Staaten sollen an allen Beratungen teilnehmen dürfen, bei denen es um drei Themen geht: die Wettbewerbsfähigkeit, Veränderungen in der globalen Strategie der Euro-Währung und künftige Reformen der Grundregeln für die Gemeinschaftswährung.
21:43 Uhr: Der EU-Gipfel hat sich auf den Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin geeinigt. "25 Mitgliedstaaten werden sich anschließen und den Fiskalpakt unterzeichnen", teilte der EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Montagabend in Brüssel mit. Zuvor hatte bereits der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt erklärt, Großbritannien und Tschechien würden nicht mitmachen.
21:21 Uhr: 82 Milliarden Euro aus dem Regionalfonds (50 Milliarden), dem Kohäsionsfonds (10 Milliarden) und dem Sozialfonds (22 Milliarden) werden für Arbeitsmarktmaßnahmen und reguläre Regionalförderungen zur Verfügung gestellt. Das heißt,dass die verbliebenen Gelder künftig AUCH für Jobs verwendet werden können, aber nicht nur.
20:00 Uhr: Ein warmes Abendbrot bekommen die Regierungschefs allerdings nicht, es gibt bloß kalte Snacks.
19:54 Uhr: Die Kantine im EU-Ratsgebäude hat wieder geöffnet und auch die EU-Staats- und Regierungschefs werden offenbar in ihrer Sitzung mit einem Dinner versorgt.
18:40 Uhr: Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich auf den permanenten Euro-Rettungsschirm ESM verständigt. Der Mechanismus trete ab Juli in Kraft, teilten EU-Vertreter am Montag mit. Der ESM-Vertrag werde zu einem späteren Zeitpunkt unterzeichnet. Der Fonds soll mit einer Kapazität von 500 Milliarden Euro ausgestattet werden und den bisherigen Rettungsschirm EFSF ablösen.
17:31 Uhr: Künftig soll es mindestens zwei Treffen im Jahr wegen des Fiskalpakts für die Euroländer geben. Polens Premier Donald Tusk fordert allerdings ebenso ein Mitspracherecht für Länder, die zwar nicht dem Euro, aber dem Fiskalpakt beigetreten sind. Laut Insider-Informationen schlägt Ratspräsident Herman Van Rompuy vor, dass diese an mindestens einem der zwei Treffen teil nehmen sollen und an weiteren, "wenn notwenig".
16:50 Uhr: Fiskalpakt
Die Staats- und Regierungschefs debattierenzur Zeit über den Fiskalpakt, an dem nicht nur Euro-Länder beteiligt sind. Daher fordert Polens Premierminister Donald Tusk, an den regelmäßigen Treffen der Eurozone teilnehmen zu können. Doch wahrscheinlich wird es künftig drei Entscheidungsgremien geben: Den Rat der 27 Staats- und Regeirungschefs, das Treffen der Länder des Fiskalpakts und das der Euro-Länder. Damit gibt es ein Europa mit drei Geschwindigketen..
16.30 Uhr: Die Pressekonferenz von Europaparlamentspräsident Martin Schulz hat begonnen.
16:00 Uhr: Thema Arbeitslosigkeit beim Gipfel
Die Debatte um mehr Geld zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zieht sich. Der schwedische Premierminister Fredrik Reinfeldt will, dass die Länder weiter einen hohen Teil selbst zuschießen. Schweden hofft als Nettozahler, einen Teil der Gelder zurück ins eigene Budget zu bekommen. "Das passiert meist nicht, stattdessen fließt das Geld in irgendwelche Satellitenprogramme", argumentiert Faymann.
15:10 Uhr: Gipfel hat begonnen
Der eigentliche Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs beginnt. Nach dem Eröffnungsstatement von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy ist der neue EU-Parlamentspräsident Martin Schulz an der Reihe. Der deutsche Sozialdemokrat fordert energisch mehr Anstrengungen der EU zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
14:55 Uhr Kanzler trifft ein +++ EU-Gipfel startet in Kürze +++
ÖSTERREICH-Reporterin Katharina Nagele geht davon aus, dass der Gipfel mehr oder weniger pünktlich starten wird. "Kanzler Faymann ist soeben im Ratsgebäude eingetroffen. Auch die anderen Staats- und Regierungschefs sind fast alle schon da. Gleich geht es los", so Nagele.
14:51 Uhr Merkel will "keine kontroverse Diskussion"
Nun meldet sich auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zurück: . "Es geht darum, wie kann Europa unterstützen, dass in Griechenland die Dinge eingehalten werden", wenn es Auflagen gebe, sagte Merkel am Montag vor Beginn des informellen EU-Gipfels in Brüssel. Dies gehe nur, wenn Griechenland und die anderen Staaten miteinander diskutieren. "Deshalb möchte ich keine kontroverse Diskussion, sondern eine Diskussion die erfolgreich ist", sagte Merkel.
14:43 Uhr Verzögert sich EU-Gipfel wegen Streik?
Mehrere internationale Medien mutmaßen bereits, dass sich der Gipfel-Beginn um 15 Uhr wegen dem Streik in Brüssel verzögern könnte. "Tram, Bus, Metro - nichts bewegt sich", berichtet der belgische TV-Sender RTL. Eisenbahner, Hafenarbeiter, Krankenhäuser und Lehrer streiken. Auch der Flughafen ist vom Streik betroffen. Die Staats- und Regierungschefs müssen daher am Militärflughafen Beauvechain landen. Die Politiker müssen dann rund 40 Kilometer mit dem Auto nach Brüssel fahren.
14:27 Uhr Eurozonen-Chef Juncker will Sparkommissar für alle
Ein "Sparkommissar" als eine Art Aufpasser nur für Griechenland ist für den Eurozonen-Chef Jean-Claude Juncker "nicht akzeptabel". "Den Vorschlag sollte man nicht in Richtung Griechenland singularisieren", sagte Juncker vor Beginn des informellen EU-Gipfels am Montag in Brüssel. "Wenn das die generelle Regel ist, wenn ein Land nicht tut, zu was es sich verpflichtet hat, könnte das eine Idee sein", meinte Juncker.
14:23 Uhr Faymann fordert harte Kontrollen für Griechenland
"Die Bedingungen, die Griechenland in den kommenden Jahren zu erfüllen hat, müssen strikt bleiben. Die Einhaltung dieser Bedingungen werden von der Trojka aus Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank streng überprüft, überwacht und auch eingefordert", meinte Bundeskanzler Werner Faymann vor Beginn des EU-Gipfels.
13:23 Uhr Mega-Streik in Belgien: Kein Essen für Politiker?
In Belgien stehen Züge still, Flüge fallen aus: Ein Streik gegen das Sparprogramm bringt das öffentliche Leben zum Erliegen. Offen ist, ob die Staats- und Regierungschefs überhaupt etwas zu essen bekommen.
12:50 Uhr: Gipfel-Beginn ist um 15 Uhr
Der eigentliche Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs beginnt heute um 15 Uhr. Das Eröffnungsstatement wird der neue EU-Parlamentspräsident Martin Schulz halten. Seit 11 Uhr findet jetzt ein Treffen der sozialdemokratischen Parteichefs statt. Daran nimmt auch Faymann teil.
12:10 Uhr: Faymann muss auf Militärflughafen ausweichen
Bundeskanzler Werner Faymann musste statt auf dem regulären Flughafen von Brüssel auf dem Miilitärflughafen Beauvechain landen. Die Landung erfolgte um 10:33 Uhr. Der Generalstreik in Belgien zwang ihn dazu. Zuvor musste auch schon EU-Ratspräsidentin Thorning-Schmidt auf den Militärflughafen ausweichen.
11:55 Uhr: Antipasti im Faymann-Flieger
Wie ÖSTERREICH erfuhr, startete die Kanzler-Maschine in Wien um 08:45 Uhr. Die Stewardess reichte zum Frühstück Antipasti. Auf dem Flug ging Faymann nochmal alle Details mit seiner Kabinettsmitarbeiterin Nicole Bayer durch. "Du solltest nachher gleich einmal die Merkel anrufen", sagte sie. Hintergrund: Deutschlands Bundeskanzlerin ist strikt gegen eine Aufstockung des Euro-Schutzschirms ESM. Faymann hingegen ist der Meinung, je besser der ESM dotiert ist, desto geringer die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme. "Diesmal habe ich mich nicht bei Deutschland eingeordnet", so Faymann.
11:53 Uhr: Streik in Belgien: Flughafen gesperrt
Der Streik in Belgien gegen das Sparpaket der Regierung hat Auswirkungen auf den EU-Gipfel in Brüssel. Die Delegation der amtierenden EU-Ratspräsidentin, der dänischen Premierministerin Helle Thorning-Schmidt, landete nicht wie gewohnt auf dem Flughafen Brüssel, sondern auf der Luftwaffenbasis Beauvechain.Der Transport per Auto in die gut 30 Kilometer entfernte belgische Hauptstadt habe um die 40 Minuten gedauert, so Belga. Offenbar wird in Beauvechain eine Reihe von europäischen Staats- und Regierungschefs erwartet. Für ihren Transport stehen Hubschrauber auf dem Stützpunkt bereit.
11:38 Uhr: Faymann gegen "Aufpasser" für Athen
Der Kanzler hat sich gegen einen "Aufpasser" zur Kontrolle Griechenlands bei der Umsetzung der Sparpolitik ausgesprochen. Faymann sagte vor dem Treffen der europäischen Sozialdemokraten in Brüssel vor dem EU-Gipfel: "Mit so Ausdrücken wie Aufpasser fange ich eigentlich gar nichts an." Hintergrund: Deutschland möchte eine solche Kontrollfunktion.
11:30 Uhr: Streit um Euro-Schutzschirm
Offiziell dreht sich beim heutigen Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs alles um das Thema Wachstum und Beschäftigung. „So wichtig die Konsolidierungsmaßnahmen auch sind, ist der Fokus des Rates zu begrüßen“, sagt Kanzler Werner Faymann (SPÖ) zu ÖSTERREICH. Doch die heißesten Debatten wird es wohl um den dauerhaften Euro-Schutzschirm ESM, um den Fiskalpakt sowie last but not least um Griechenland geben.
11:00 Uhr: Streik legt offentliches Leben in Brüssel lahm
Wenn Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) heute am EU-Gipfel in Brüssel eintrifft, sollen er und seine Kollegen „stimmungsvoll“ empfangen werden. Ein Riesenstreik soll Europas Hauptstadt heute lahmlegen, die Bevölkerung geht gegen das Sparprogramm der belgischen Regierung auf die Straße.
Hintergrund: Schutzschirm soll 750 Milliarden schwer sein
Eine Billion für ESM
Der ESM, der Mitte des Jahres gelten soll, ist bisher mit 500 Millionen Euro dotiert, doch IWF-Chefin Christine Lagarde will das Doppelte. Im Spiegel (siehe Interview auf der nächsten Seite) sprach sich Faymann dafür aus, das Geld aus dem auslaufenden Rettungsschirm EFSF dem ESM zuzuschlagen: "So würden wir auf 750 Milliarden Euro kommen.“ Doch Deutschland sträubt sich.
Budget-Sünder
Über den Fiskalpakt soll es heute eine politische Grundsatzeinigung geben: Per Schuldenbremse solle die Obergrenze für das jährliche Defizit bei 3 % und für die Gesamtschulden bei 60 % der Wirtschaftsleistung (BIP) möglichst in der Verfassung verankert werden. Strafe bei Verstößen: 0,1 % des BIP, die in den ESM fließen.
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Kanzler Faymann im Interview mit dem "Spiegel"
Spiegel: Wollen Sie, dass die Milliarden, die noch im Rettungsfonds liegen, dem permanenten ESM-Schirm zugeschlagen werden?
Werner Faymann: In diese Richtung sollte es gehen. So würden wir auf etwa 750 Milliarden Euro kommen. Ist die Brandmauer zu niedrig, liefern wir den Märkten einen Grund, gegen uns zu spekulieren.
Spiegel: Sie wollen für die Europäische Zentralbank „zusätzliche Flexibilität“.
Faymann: Wenn es gelingt, uns stärker bei der Einhaltung einer sparsamen Haushaltspolitik zu kontrollieren, müssen wir auch den nächsten Schritt gehen. Ich bin deshalb dafür, dass der ESM eine Bankenkonzession erhält, um sich bei der EZB refinanzieren zu können.
Spiegel: Österreichs Banken haben sich vor allem in Osteuropa verspekuliert. Muss zur Not Europa helfen?
Faymann: Wir haben auch Partizipationskapital für die Banken bereitgestellt. Das hat Geld gekostet, aber wir mussten einspringen.
Spiegel: Würden Sie die Griechenland-Hilfe aufstocken?
Faymann: Bis März wird entschieden. Ich würde niemandem versprechen, dass wir für Griechenland nicht mehr Mittel brauchen.
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Athen braucht 15 Milliarden mehr
Pleiteland Griechenland erweist sich immer mehr als Fass ohne Boden.
Athen. Die Lage in Griechenland läuft zunehmend aus dem Ruder. Zwar steht man bei den Gesprächen in Athen zwischen Regierung und Bankenvertretern über einen Schuldenschnitt für Griechenland kurz vor einer Einigung. Aber Stimmen mehren sich, dass der angestrebte Nachlass von 100 Mrd. Euro nicht reicht.
Deshalb müsse das zweite Griechenhilfspaket von den geplanten 130 auf 145 Mrd. Euro aufgestockt werden. Das heißt: Die Euro-Länder müssen noch mehr Geld nach Athen pumpen. Auch von der Europäischen Zentralbank wird immer lauter ein Beitrag zum Schuldenschnitt verlangt.
Mogelei
Zudem zeigt sich einmal mehr, dass auf die Versprechungen der Griechen, ihr Finanzloch in den Griff zu kriegen, nicht viel zu geben ist. Mit ihrem Privatisierungsprogramm wollte die Regierung in 4 Jahren 50 Mrd. Euro einnehmen. Doch der Verkauf des Staatsbesitzes kommt nicht in die Gänge – und jetzt gab der Chef der Privatisierungsbehörde zu, die Zahlen „auf gut Glück“ festgelegt zu haben.
Wut über Aufpasser
Einen EU-Aufpasser für das Griechen-Budget, wie ihn Deutschland vorschlägt, will sich Athen aber nicht gefallen lassen …