Nachdem bekannt wurde, dass alle Ex-ÖVP-Chefs Othmar Karas im EU-Wahlkampf unterstützen, glauben viele an einen Querschuss gegen Pröll.
Wolfgang Schüssel tut es, Ursula Plassnik sowieso, auch Wilhelm Molterer und Josef Taus sind dabei. Othmar Karas, Zweiter auf der ÖVP-Liste für die EU-Wahl, genießt starke Unterstützung: Alle lebenden Ex-ÖVP-Chefs sowie mehrere frühere VP-Spitzenpolitiker rühren die Trommel für den Listenzweiten - der dem früheren Innenminister Ernst Strasser Platz machen musste. Mit brisantem Ziel: Erhält Karas rund 60.000 Vorzugsstimmen, führt er die Liste an - und nicht Strasser. Am Ende könnte die Liste völlig durcheinandergewirbelt werden: Der Seniorenbund wirbt um Vorzugsstimmen für seinen Kandidaten Heinz Becker, die Bauern wollen die junge Kärntnerin Elisabeth Köstinger an 1. Stelle sehen.
Pröll beruhigt
Ein Querschuss der EU-Fans rund um Wolfgang
Schüssel gegen Josef Pröll? Er hatte Strasser, der auch mit EU-kritischen
Tönen punkten will, als Spitzenkandidat durchgesetzt. Pröll selbst rückte am
Dienstag aus und beschwichtigte: Das Unterstützungskomitee für Karas sei
"positiv und trägt zum guten Wettbewerb“ bei. Karas selbst beeilte sich, zu
betonen, die Unterstützer seien zwar für ihn, aber nicht gegen Strasser.
Karas-Unterstützer Wilhelm Molterer versicherte: "Ich unterstütze alle
ÖVP-Kandidaten.“ Und Strasser selbst betonte, er werde nicht mit einem
eigenen Komitee kontern.
Es brodelt
Trotzdem brodelt es in der Partei. "Das Mindeste, was
man sagen kann, ist, dass Karas nicht erkannt hat, welche Außenwirkung das
hat“, so ein ÖVP-Grande. Tatsächlich ist vor allem Schüssels Unterstützung
bemerkenswert: Vor drei Jahren versuchte der seinerzeitige Kanzler, Karas
als Delegationsleiter zu verhindern - jetzt unterstützt er ihn. Ein Schelm,
wer Böses dabei denkt?
Beispiellos
Der Politologe Peter Filzmaier hält den Vorgang
jedenfalls für beispiellos: "Ich kann mich nicht erinnern, dass frühere
Parteichefs geschlossen den Listenzweiten unterstützt haben.“ Natürlich
sorge das für gruppendynamische Irritationen in der Partei. Ob die Partei
dadurch Schaden im Wahlkampf haben könnte? Filzmaier: "Wenn die Partei eine
Eskalation des Konflikts verhindern kann, dann nicht.“ Klar sei aber, dass
es sich um keinen ÖVP-Spin handle, um am 7. Juni mehr Stimmen zu erreichen,
glaubt Filzmaier.