Am Sonntag soll in Kairo ein seit längerer Zeit ausgehandeltes Migrationsabkommen zwischen der EU und Ägypten unter Dach und Fach gebracht werden.
Dazu reisen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und die Regierungschefin Italiens, Giorgia Meloni, sowie ihre Amtskollegen Kyriakos Mitsotakis (Griechenland) und Alexander De Croo (Belgien) zu einem Treffen mit Präsident Fattah Al-Sisi in die ägyptische Hauptstadt.
Im Vorfeld des gemeinsamen Auftritts der liberal-konservativen Politikerriege in Kairo sprach Nehammer von einem "wichtigen Schritt für die Sicherheit Europas". Denn: "Wir müssen alles tun, um illegale Migration zu verhindern." Die Stabilität Ägyptens liege "klar im europäischen Interesse", verlautete zudem aus dem Bundeskanzleramt. "Immerhin sind derzeit Schätzungen zufolge mehrere Millionen innerafrikanische Flüchtlinge in Ägypten aufhältig."
Daher soll im EU-Ägypten-Deal auch ein wesentlicher Schwerpunkt auf die Unterstützung bei der Unterbringung vor Ort gesetzt werden. Aber auch die Bereiche "Wirtschaft, Handel & Investition, Sicherheit und Kampf gegen Terrorismus, sowie Demografie und Humankapital" sind demnach darin enthalten.
"Wer vor Ort hilft, hilft doppelt"
"Die Sicherheit Europas ist maßgeblich von der Sicherheit unserer Nachbarn abhängig", ließ der ÖVP-Bundeskanzler weiters wissen. "Ich setze mich daher seit Jahren für effektive Abkommen ein, gerade mit den Partnern in Nordafrika, um illegale Migration in die EU und nach Österreich zu verhindern und Stabilität, wirtschaftliche Perspektiven und Sicherheit vor Ort zu schaffen.
"Wer vor Ort hilft, hilft doppelt", skizzierte Nehammer sein Motto. Es müsse verhindert werden, "dass irreguläre Migranten überhaupt an den Grenzen Europas ankommen." Dazu brauche es "Abkommen auf Augenhöhe", die für beide Seiten gewinnbringend seien und "neben Migration auch wichtige andere Bereiche zur Zusammenarbeit wie Wirtschaft, Energie und Technologie beinhalten".
Dass am Sonntag "ein solch umfassendes Abkommen" erreicht werden soll, sei ein großer Erfolg, wurde Nehammer zitiert. Zumal eine österreichische Initiative dazu beigetragen habe. Der Bundeskanzler war im April des Vorjahrs bereits mit Präsident Fattah al-Sisi zusammengetroffen und hatte dabei ausführliche Gespräche zu Sicherheitsthemen, Migration und Zusammenarbeit bei wirtschafts- und energiepolitischen Themen wie grünem Wasserstoff geführt.
Rückführungsabkommen
Dabei habe der Kanzler neben dem bilateralen Rückführungsabkommen, dass derzeit fertiggestellt wird, auch die Initiative für ein strategisches Partnerschaftsabkommen der EU mit Ägypten ergriffen und diese im Anschluss durch Gespräche mit der Kommissionspräsidentin vertieft, so das Bundeskanzleramt.
UNHCR-Angaben zufolge gibt es derzeit in Ägypten knapp 500.000 Personen mit registriertem Flüchtlingsstatus. Die Zahl an Migrantinnen und Migranten, die eine Flucht nach Europa anstreben, dürfte in Wahrheit aber viel höher sein.
Die iranisch-amerikanische Migrationsexpertin Parastou Hassouri erklärte jüngst gegenüber dem deutschen "Mediendienst Integration", Ägypten sei für die EU in der Migrationsfrage in zweierlei Hinsicht wichtig: "Erstens, weil viele Ägypter das Land verlassen wollen, und zwar sowohl wegen der politischen als vor allem auch wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage im Land. Zweitens ist Ägypten aufgrund seiner geografischen Lage ein wichtiges Transitland für Flüchtlinge und Migranten aus anderen Ländern, die möglicherweise auch weiter in Richtung EU wollen."
Vor allem 2023 seien viele sudanesische Flüchtlinge nach Ägypten gekommen. "Sie fliehen vor dem Krieg im Sudan, der im April 2023 ausgebrochenen ist." Allerdings würden Migrationsabkommen Flüchtlinge auch "auf gefährlichere Routen" treiben. "Viele Menschen reisen zunächst nach Libyen und gegebenenfalls von dort weiter nach Tunesien, bevor sie Richtung EU aufbrechen."
Der aktuelle Nahost-Konflikt dürfte sich auf Ägypten in diesem Zusammenhang aber bisher nicht auswirken, meinte Parastou Hassour: "Einige Palästinenser aus dem Gazastreifen wurden für eine medizinische Behandlung nach Ägypten reingelassen. Außerdem gibt es vereinzelte Berichte darüber, dass einige Personen durch Zahlung von Bestechungsgeldern nach Ägypten gekommen sind. Es ist unmöglich, die genaue Zahl zu kennen, aber sie ist im Moment nicht sehr hoch."