Video aus 2020 aufgetaucht
''EU schlimmer als NATO'': Babler verteidigt umstrittene Aussagen
31.05.2023In einem kürzlich aufgetauchten Video hatte SPÖ-Vorsitzkandidat Andreas Babler die EU unter anderem als das ''aggressivste außenpolitische militärische Bündnis, das es je gegeben hat'' bezeichnet. In einem Statement verteidigt der Traiskirchner Bürgermeister jetzt seine umstrittenen Aussagen.
Der SPÖ-Vorsitzkandidat und Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler verteidigt seine umstrittenen Aussagen über die EU: Seine Formulierung "mag überzogen sein", doch sollte man nun nicht "über semantische Spitzfindigkeiten" diskutieren, meinte er am Mittwoch. Für seine Aussagen in einem Video aus dem Jahr 2020 erntete Babler Kritik etwa von den NEOS. Wiens SPÖ-Chef Michael Ludwig forderte an der Spitze der Partei eine "klare Positionierung für einen proeuropäischen Weg".
Babler nennt die EU in dem nun aufgetauchten Video-Mitschnitt aus dem Jahr 2020 etwa das "aggressivste außenpolitische militärische Bündnis, das es je gegeben hat". Die Union sei in der Doktrin "schlimmer als die NATO". Er finde die EU "überhaupt nicht leiwand", sagt Babler in dem Podcast des SPÖ-nahen PR-Beraters Rudolf Fußi. Er sei schon in der Bewegung "gegen dieses Konstrukt" aktiv gewesen. Babler sah ein "imperialistisches Projekt mit ein paar Sozialstandards". Für einen EU-Austritt warb der Bürgermeister freilich nicht.
Babler verteidigt sich in Stellungnahme
Wenige Tage vor dem Parteitag wird ein drei Jahre altes Interview von mir verbreitet", merkte Babler nun am Mittwoch in einer schriftlichen Stellungnahme an. "Die Formulierung mag überzogen sein, aber anstatt über semantische Spitzfindigkeiten zu diskutieren, sollten wir besser darüber sprechen, wie wir die EU sozialer und bürgernäher gestalten können", rechtfertigte sich der Kandidat für den roten Chefsessel. "Ich vermisse die Energie, die sich jetzt an meiner drei Jahre alten Aussage entlädt, wenn es darum geht, wie wir die EU sozialer machen können, die Orbanisierung der EU verhindern können und wie wir Festung Europa und Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen überwinden können."
Seine Kritik an der EU sei "immer stark von meiner Perspektive als Bürgermeister von Traiskirchen geprägt" gewesen, erklärte Babler. Er erlebe "das Scheitern der EU-Flüchtlingspolitik jeden Tag vor der Haustüre". An Europas Außengrenzen fänden schwere Menschenrechtsverletzungen statt. Auch darüber hinaus sei in der EU "nicht alles eitel Wonne", findet Babler. So hätten "die neoliberalen Sparprogramme der letzten Jahrzehnte (...) viel Schaden angerichtet". Arbeitslosigkeit und Armut hätten sich verschlimmert. "Als Sozialdemokrat muss ich Entwicklungen wie diese kritisieren."
"Ich stehe natürlich keinesfalls für einen EU-Austritt", betonte Babler. "Ich bin davon überzeugt, dass ein Austritt aus der Union uns keinesfalls mehr sozialen Handlungsspielraum bringt. Als Internationalist sehe ich außerdem keine Perspektive in einem Rückfall auf rein nationales Denken." Notwendig wäre aus seiner Sicht eine Reform der Europäischen Verträge. "Mit dieser Forderung befinde ich mich in guter Gesellschaft mit vielen sozialdemokratischen Regierungschefs."
Opposition kritisiert, Doskozil schweigt
Die Aussagen in dem Video hatten jedenfalls für helle Aufregung gesorgt. "Die außenpolitische 'Linie' der SPÖ war ja in den letzten Monaten oft schon eher zum Fürchten, aber es geht offenbar noch schlimmer", schrieb etwa Nikolaus Scherak, Vizeklubchef der NEOS, auf Twitter. "Wer so über die EU redet, überholt sogar die ÖVP in ihrem dumpfen EU-Populismus und lässt mehr als irritiert zurück."
Der Wiener SPÖ-Vorsitzende und Bürgermeister Michael Ludwig äußerte sich am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz vor dem Städtetag: "Es ist durchaus möglich, das eine oder andere an der EU zu kritisieren", sagte er. Die Babler-Äußerungen kenne er noch nicht im Original, aber "wer politische Verantwortung für die Sozialdemokratie in Zukunft übernimmt", der brauche eine "klare Positionierung für einen proeuropäischen Weg", forderte er. Ludwig betonte die Bedeutung der EU als Friedensprojekt, er selbst sehe "viel Potenzial in der Weiterentwicklung der EU zu einem gemeinsamen Europa".
Babler selbst meinte - ebenfalls am Rande des Städtetags -, dass Ludwig diese proeuropäische Gesinnung bei ihm finden werde, kaum jemand sei internationaler als er. Aber: "Wer die EU liebt, muss sie verändern", wollte er seinen Erklärungen vom Vormittag nicht mehr viel hinzufügen.
Nicht zu Bablers Aussagen äußern wollte sich sein Kontrahent, der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der die SPÖ-Mitgliederbefragung knapp gewonnen hatte und nun am Samstag bei einer Kampfabstimmung mit Babler um Parteivorsitz und Spitzenkandidatur rittert. Man konzentriere sich "weiter ganz auf unsere Themen und Ziele", wie man es den gesamten Prozess der Mitgliederbefragung über gehalten habe, hieß es aus Doskozils Team gegenüber der APA am Mittwoch lediglich.
"Die Position, so zusammengeschrumpft wie sie jetzt auf Twitter zu lesen war, ist keinesfalls SPÖ-Position", betonte SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder am Mittwoch in Brüssel vor Journalisten. "Ich gehe aber auch davon aus, dass sie keiner der zwei Kandidaten hat." Alle mit Babler und Doskozil geführten Gespräche in den vergangenen Jahren hätten gezeigt, dass diese "Europa und die Europäische Union" auch als wichtiges Projekt "zur Verwirklichung sozialdemokratischer Ideen" sehen und "eine klare proeuropäische Einstellung" haben. "Ich denke auch, dass das am Parteitag am Samstag in Reden bei beiden Kandidaten klar zum Ausdruck kommen wird", so Schieder.