Analyse

EU-Schicksalstage: Der rechte Angriff auf Europa

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Deutlicher Rechtsruck droht, doch die beiden Fraktionen sind (noch) gespalten.

Die entscheidende Frage an diesem Wahl-Wochenende wird sein: Wie massiv fällt der Rechtsruck tatsächlich aus? Derzeit gibt es zwei starke, aber zerstrittene rechte Fraktionen (von rechtspopulistisch bis rechtsextrem) im EU-Parlament. Die beiden Blöcke sehen so aus:

  • EKR (Fraktion der Konservativen & Reformisten). Rechte Parteien aus 15 Ländern sind darin vereint. Neben Giorgia Melonis Fratelli d’Italia sind die wichtigsten Gruppen die polnische PiS, die Wahren Finnen, die Schwedendemokraten.
  • ID (Identität & Demokratie) Darin vereint sind Frankreichs Marine Le Pen (Rassemblement National), die italienische Lega, Harald Vilimskys FPÖ, der belgische Vlaams Belang, kleinere tschechische, slowakische und estnische Parteien sowie der Danske Folksparti und der PVV des Geert Wilders in den Niederlanden. Die AfD wurde von Le Pen kürzlich rausgeworfen – zu radikal.

Zusammen könnten die rechten Fraktionen 143 der 720 Sitze im EU-Parlament erringen. Ihr Plan ist, die beiden Gruppen zusammenzuführen: „Jetzt ist der Moment, um sich zu vereinen“, so Le Pen in Richtung Meloni: „Wenn wir Erfolg haben, können wir die zweitgrößte Fraktion im Europäischen Parlament werden.“

Wie aber sieht es in den einzelnen Ländern aus:

Frankreich (81 Sitze). Hier dürfte die Wahl zum Denkzettel für Präsident Emmanuel Macron werden. Fast ein Drittel der Stimmen werden wohl beim Rassemblement (RN) von Marine Le Pen landen, ein Rekordwert. Rechtsaußen Le Pen hat ihrer Partei einen Kurs der „Dédiabolisation“ (Entteufelung) verschrieben, schließlich will sie 2027 zum vierten Mal bei der französischen Präsidentschaftswahl antreten.Deshalb warf sie auch die AfD aus der ID-Gruppe. AfD-Spitzenkandidat Maximillian Krah hat in Interviews die Waffen-SS verharmlost.

Italien (76 Sitze). An der Spitze stehen die Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) von Premierministerin Giorgia Meloni – 27 Prozent in Umfragen. Die rote Partito Democratico (PD) liegt bei 21 Prozent. Auf Platz drei folgt die Fünf-Sterne-Bewegung. Um den vierten Platz streiten sich Forza Italia und die Lega von Minister Matteo Salvini. Die Lega ist wie die FPÖ in der ID.

Deutschland (96 Sitze). Die Union aus CDU/CSU liegt klar vorne: rund 30 Prozent. Die AfD, die kürzlich aus dem ID-Bündnis flog und im Februar noch bei 22 Prozent lag, kommt jetzt nur noch auf 16 Prozent. Die SPD liegt bei 14, die Grünen bei rund 13 Prozent.

Ungarn (21 Sitze). Premier Orbáns Rechtsaußen-Partei Fidesz, die zuletzt aus der Europäischen Volkspartei ausgeschlossen wurde, führt mit rund 46 Prozent. Aber: Die Tisza-Partei des Orbán-Herausforderers Magyar könnte auf Anhieb auf Rang zwei landen. Peter Magyar über Orbáns Ungarn: „Wir sind das korrupteste Land der EU.“

Polen (53 Sitze). Wieder gibt es einen ­engen Kampf zwischen zwei ewigen Rivalen: Die nationalkonservative PiS (EKR) von Jarosław Kaczyński und die Bürgerkoalition von Ministerpräsident Donald Tusk liegen gleichauf: 30:29 Prozent. Ein starkes Abschneiden der PiS würde zum erwarteten Gesamtzuwachs der Rechten beitragen. Die PiS und die Fratelli d’Italia bilden das Rückgrat der EKR.

Spanien (61 Sitze). Die rechtsextreme VOX-Partei könnte mit 10,3 Prozent drittstärkste Kraft werden. Die konservative Partido Popular führt mit 34 Prozent vor den Sozialisten (30).

Niederlande (31 Sitze). Wählte als erstes EU-Land am Donnerstag. Die radikal rechte Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders liegt laut Prognosen knapp hinter dem rot-grünen Bündnis der Sozialdemokraten.

Finnland (15 Sitze). Die Wahren Finnen liegen bei 14 Prozent. Die Wahlen 2023 brachten eine rechte Koalition.

Schweden (21 Sitze). Die Schwedendemo­kraten kommen auf rund 17 Prozent. Das ist weniger als bei den Reichstagswahlen 2022.

Belgien (22). Zugleich mit den Europawahlen werden am Sonntag in Belgien das nationale Parlament und die drei Regionalparlamente neu gewählt. Tom van Grieken von der ul­trarechten Partei Vlaams Belang könnte 27 Prozent erreichen.

Rechtsruck. Noch stärker wäre dieser, würden auch die AfD und Orbáns Fidesz in eine der rechten Fraktionen aufgenommen werden.

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