Lettland, Malta, die Slowakei und Tschechien wählen. Wahlkampf-Finale in Österreich.
Die irischen Wähler haben bei der Europawahl ihren Regierungsparteien einen Denkzettel verpasst. Für Außenminister Eamon Gilmore könnte das schwache Abschneiden seiner Labour-Partei sogar einen Karriereknick bedeuten.
"Tag der Unabhängigkeit" in Irland: Die Journalisten auf der grünen Insel spielten am Samstag mit dem Begriff, als die ersten Prognosen für die Europawahl publik wurden. Von den etablierten Parteien unabhängige Kandidaten holten mit 27 Prozent den größten Stimmanteil. Die Regierungsparteien - die konservative Fine Gael von Premierminister Enda Kenny und die sozialdemokratische Labour-Partei von Außenminister Gilmore - wurden abgestraft. Klare Zugewinne gab es wie erwartet für die linke Sinn-Fein-Partei.
Niemand wagte sich vor die Kameras
Von den Parteiführern wagte sich am Samstag zunächst keiner vor Mikrofone oder Kameras. Das irische Wahlsystem, bei dem die Wähler keine Kreuze machen, sondern Rangfolgen auf dem Stimmzettel vergeben, folgt bei der Sitzvergabe nicht zwingend stringent den Prozentsätzen der Stimmanteile. So wird etwa im Rennen um den Sitz im Wahlkreis der Hauptstadt Dublin mit einem Sieg der Sinn-Fein-Kandidatin Lynn Boylan gerechnet.
Ein zufriedenes Gesicht dürfte in jedem Fall Gerry Adams gemacht haben, wenngleich die Prognosen nicht ganz mit den Vorwahl-Umfragen Schritt hielten. Der frühere Funktionär der im Untergrund aktiven Irisch Republikanischen Armee (IRA) war vor wenigen Wochen wegen eines Jahrzehnte zurückliegenden IRA-Mordes von der Polizei festgenommen worden. Adams und seine Parteifreunde von Sinn Fein, einst politischer Arm der in Großbritannien als Terrororganisation eingestuften IRA, werteten dies als schmutziges Wahlkampfmanöver gegen die in Umfragen starke Partei. Bei den parallel zur Europawahl stattfindenden Kommunalwahlen dürfte Sinn Fein die Zahl seiner Sitze in den Rathäusern verdoppeln.
Ohrfeige für etablierte Parteien
Der Erfolg von Sinn Fein wie auch der unabhängigen Kandidaten wird von Kommentatoren als Ohrfeige für die etablierten Parteien in Irland gewertet. Zwei Regierungen in Folge haben den Menschen in der Republik seit 2010 einen Sparhaushalt nach dem anderen auferlegt, um das marode Bankensystem und den hoch verschuldeten Staatsetat zu sanieren. Steuern wurden erhöht, Gehälter für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst eingefroren, Sozialleistungen gekürzt und Lehrer entlassen.
Internationaler Währungsfonds EU und Europäische Zentralbank mussten Irland 2010 mit 67,5 Milliarden Euro unter die Arme greifen und vor dem Staatsbankrott retten. Erst seit Ende 2013 kann sich Dublin wieder selbstständig finanzieren. Sinn Fein hatte das mit der Milliardenspritze verbundene Diktat von außen stets populär angeprangert.
Spannend könnte der Ausgang der Wahl noch für den international angesehenen, innenpolitisch aber stark angeschlagenen Außenminister Gilmore werden. Seine sozialdemokratische Labour-Partei kam der Prognose zufolge nur auf sieben Prozent bei der Europawahl und könnte am Ende ohne Mandat im europäischen Parlament dastehen. Beobachter in Dublin rechnen damit, dass Premierminister Kenny seinen Vize im Rahmen einer Regierungsumbildung in ein weniger wichtiges Ressort abschieben könnte.
Wahllokale in Tschechien geschlossen - Geringes Interesse
In Tschechien ist die Europawahl bereits beendet. Die Wahllokale schlossen am Samstag um 14.00 Uhr ihre Türen. Obwohl es zwei Wahltage gab, zeichnete sich eine äußerst niedrige Beteiligung ab. Sie könnte nach Schätzungen weit unter 30 Prozent liegen. Staatspräsident Milos Zeman bedauerte dies. "Die Menschen glauben zu Unrecht, dass es sie nicht betrifft", sagte der Linkspolitiker.
Die Abstimmung galt auch als erster Test für die seit vier Monaten in Prag regierende Mitte-Links-Koalition unter dem Sozialdemokraten Bohuslav Sobotka. Das Ergebnis wird erst am Sonntagabend nach 23.00 Uhr vorliegen, wenn auch die letzten Wahllokale in Italien geschlossen haben. Hochrechnungen oder Prognosen gibt es nicht. In Österreich wird wie in den meisten EU-Ländern am Sonntag gewählt.
Auf Platz 2 der Liveticker zum Nachlesen
16:31 Uhr: Abstimmung in Tschechien als Gradmesser
Als Test galt die Abstimmung in Tschechien für die seit vier Monaten im Amt stehende Regierung in Prag. Die Mitte-Links-Koalition unter dem Sozialdemokraten Bohuslav Sobotka steht dabei auf dem Prüfstein.
16:04 Uhr: Bezüglich Irland
Internationaler Währungsfonds EU und Europäische Zentralbank mussten Irland 2010 mit 67,5 Milliarden Euro unter die Arme greifen und vor dem Staatsbankrott retten. Erst seit Ende 2013 kann sich Dublin wieder selbstständig finanzieren. Sinn Fein hatte das mit der Milliardenspritze verbundene Diktat von außen stets populär angeprangert.
15.20 Uhr: Pleite für Regierungsparteien in Irland
Die irischen Wähler haben bei der Europawahl ihren Regierungsparteien einen Denkzettel verpasst. Von den etablierten Parteien unabhängige Kandidaten holten mit 27 Prozent den größten Stimmanteil. Die Regierungsparteien - die konservative Fine Gael von Premierminister Enda Kenny und die sozialdemokratische Labour-Partei von Außenminister Gilmore - wurden abgestraft. Klare Zugewinne gab es wie erwartet für die linke Sinn-Fein-Partei. Von den Parteiführern wagte sich am Samstag zunächst keiner vor Mikrofone oder Kameras.
14.11 Uhr: Wahl in Tschechien beendet
In Tschechien ist die Europawahl bereits beendet. Die Wahllokale schlossen am Samstag um 14.00 Uhr ihre Türen. Obwohl es zwei Wahltage gab, zeichnete sich eine äußerst niedrige Beteiligung ab. Sie könnte nach Schätzungen weit unter 30 Prozent liegen. Staatspräsident Milos Zeman bedauerte dies. "Die Menschen glauben zu Unrecht, dass es sie nicht betrifft", sagte der Linkspolitiker.
14.00 Uhr: Kampf gegen niedrige Wahlbeteiligung in der Slowakei
"Gehen Sie wählen und fotografieren Sie sich dabei!" Mit Selfies von der Stimmabgabe will die slowakische Tageszeitung "Sme" die Beteiligung bei der Europawahl steigern. Wer sich im Wahllokal selbst fotografiert, soll das Bild an die Zeitung schicken. Die Slowakei verzeichnete in beiden letzten EU-Wahlen mit jeweils unter 20 Prozent die niedrigste Beteiligung aller EU-Länder. Diesmal droht nach Umfragen sogar noch ein Unterbieten des historischen Negativrekords von 17 Prozent im Jahr 2004.
13.42 Uhr: Einen seiner letzten Wahlkampfauftritte absolvierte der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei der Europawahl, Martin Schulz, in Frankfurt am Main:
Foto: EPA
13.00 Uhr: SPÖ ruft Sympathisanten zur Wahl auf
Am Viktor-Adler-Markt in Wien-Favoriten rief SPÖ-Spitzenkandidat Eugen Freund bei einer Kundgebung mit schwungvoller Live-Musik noch einmal dazu auf, morgen zur Wahl zu gehen, um einen "Richtungswechsel" zu erreichen. Die Konservativen hätten nur Sparpolitik betrieben und keine neuen Arbeitsplätze geschaffen, deshalb sei es so wichtig, dass ein "Kurswechsel" in Europa eingeleitet werde.
Wenn man ein soziales, gerechtes und solidarisches Europa wolle, "dann müssen alle zur Wahl gehen und die Sozialdemokraten unterstützen", buhlte Freund - inklusive "Freundschaft!"-Abschiedsgruß noch einmal um Stimmen.
SPÖ-Kundgebung in Wien-Favoriten; Foto: TZ ÖSTERREICH
12.12 Uhr: Europa anders denkt auch Kooperation in Österreich an
Die Wahlplattform "Europa anders" erwägt, auch bei künftigen Urnengängen gemeinsam zu kandidieren: "Mit dem erfolgreichen Wahlkampf wurde das Fundament für weitere Zusammenarbeit gelegt", erklärte der Pressesprecher der Wahlallianz Christopher Clay bei einer abschließenden Pressekonferenz am Wiener Yppenmarkt.
11.35 Uhr: Grünes Finale am Donaukanal
Am Donaukanal haben die Grünen Samstagfrüh im Glaspavillon der "Adria Wien" am Donaukanal ihren Wahlkampfabschluss begangen. Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek wiederholte dabei ihre Wahlkampfthemen Ökologie, Energiewende, Lebensmittelsicherheit, Sozial- und Menschenrechtspolitik. Etwa 100 Unterstützer hatten sich eingefunden, Bundessprecherin Eva Glawischnig und Alexander Van der Bellen appelierten an ihre Unterstützer. "Wir haben keine Stimme zu verschenken. Europa braucht grüne Stimmen", so Glawischnig.
Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek und Grünen-Parteichefin Eva Glawischnig; Foto: APA
11.05 Uhr: Erste Prognose für Irland
Die Wähler in Irland haben den etablierten Parteien bei der Europawahl offenbar einen Denkzettel verpasst. Einer Prognose des Fernsehsenders RTE zufolge haben parteiunabhängige Kandidaten mit 27 Prozent der Stimmen die größten Anteile auf sich vereinigt. Die größte Regierungspartei, die konservative Fine Gael von Premierminister Enda Kenny, kam der Prognose zufolge auf 22 Prozent.
10.57 Uhr: Österreich: Briefwähler haben schon gewählt
Der Rücklauf der angeforderten Wahlkarten war bis Freitagabend mit etwa 80 Prozent gleich gut wie bei der Nationalratswahl 2013. Allerdings wurden für die EU-Wahl um ein Drittel weniger Wahlkarten angefordert. Die Briefwähler hatten bis heute früh Zeit, ihre Stimme abzugeben. Die Post leert heuer erstmals österreichweit alle Briefkästen auch am Samstag (ab 9.00 Uhr) noch einmal.
10.52 Uhr: Diskussion mit Lugner
In der Wiener Lugner City wird heute Richard Lugner mit den Spitzenkandidaten der Parteien diskutieren. Start ist um 12 Uhr mit BZÖ-Chef Gerald Grosz.
10.46 Uhr: Grüne am Donaukanal - SPÖ in Favoriten
Die Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek kämpft auch heute am Donaukanal noch um Stimmen. Unterstützung bekommt sie von Grünen-Urgestein Alexander Van der Bellen. Am Viktor-Adler-Markt in Wien-Favoriten setzt SPÖ-Spitzenkandidat Eugen Freund noch einmal auf Mobilisierung.
10.39 Uhr: Tschechische Wahllokale noch bis 14.00 Uhr geöffnet
In Tschechien haben am Samstag in den frühen Vormittagsstunden die Wahllokale wieder geöffnet. Die Abstimmung gilt als Gradmesser für die Zustimmung zum europafreundlichen Kurs der seit vier Monaten regierenden Koalition unter dem Sozialdemokraten Bohuslav Sobotka. Mehr als acht Millionen Stimmberechtigte haben noch bis 14.00 Uhr die Chance, ihre 21 Vertreter im neuen EU-Parlament zu bestimmen.
Der irische Fernsehsender RTE kündigte an, am Samstag Prognosen auf der Basis von Nachwahlbefragungen bekanntzugeben. In Irland, wo neben der Europawahl auch Kommunalwahlen stattfanden, zeichnete sich dem Sender zufolge eine vergleichsweise starke Wahlbeteiligung von mehr als 50 Prozent ab. Irland entsendet elf Europaparlamentarier. Adams, einst Aktivist der Untergrundorganisation IRA im Nordirland-Konflikt, ist heute irischer Parlamentarier. Er war während des Wahlkampfs im Zuge von Ermittlungen in einem mehr als 40 Jahre zurückliegenden Mordfall festgenommen, später aber wieder freigelassen worden.
Bis Sonntagabend können in den 28 Mitgliedländern rund 400 Millionen Menschen über die Zusammensetzung des neuen Parlaments entscheiden, davon 6,4 Millionen Österreicher. Offizielle Ergebnisse werden erst nach Schließung der letzten Wahllokale in Italien um 23.00 Uhr erwartet. Im Mittelpunkt der Abstimmung steht - neben dem Duell des konservativen und des sozialdemokratischen Blocks im Europaparlament - das Abschneiden der rechten, populistischen und euroskeptischen Parteien. Zum Wahlauftakt hatten klare Verluste des niederländischen EU-Gegners Geert Wilders den Pro-Europäern Mut gemacht.
Seine PVV landete einer Prognose des niederländischen Fernsehens zufolge mit 12,2 Prozent der Stimmen hinter der linksliberalen D66 (15,6), den Christdemokraten (15,2) und der rechtsliberalen VVD von Ministerpräsident Mark Rutte (12,3). Das Ergebnis der Wilders-Partei bedeutet ein Minus von fünf Prozentpunkten gegenüber der letzten Europa-Abstimmung im Jahr 2009 und ist zugleich die dritte Wahlschlappe von Wilders in Folge.
Eurokritische Stimmen waren im Wahlkampf in Lettland kaum zu vernehmen. Die EU-Wahl gilt dort auch als Stimmungstest vor der Parlamentswahl im Oktober. In Umfragen lagen das oppositionelle Harmoniezentrum und zwei regierende Mitte-Rechts-Parteien vorne. Rund 1,6 Millionen Letten können entscheiden, welche acht Abgeordneten den baltischen Staat künftig im EU-Parlament vertreten.
Am Samstag sind auch die Bürger des kleinsten EU-Mitgliedslandes Malta sowie der Slowakei und Tschechiens zur Wahl aufgerufen. Die Tschechen hatten bereits am Freitag die Gelegenheit zur Abstimmung.
Die Abstimmung in Tschechien gilt als Gradmesser für die Zustimmung zum europafreundlichen Kurs der seit vier Monaten regierenden Koalition unter dem Sozialdemokraten Bohuslav Sobotka. Mehr als acht Millionen Stimmberechtigte haben noch bis 14.00 Uhr die Chance, ihre 21 Vertreter im neuen EU-Parlament zu bestimmen. Am Vortag - dem ersten Tag der Abstimmung in Tschechien - hatte sich nach ersten Berichten aus Wahllokalen eine geringe Beteiligung abgezeichnet.
In der Slowakei wird bei einer Wahlbeteiligung von vermutlich erneut weniger als 20 Prozent ein klarer Sieg der in Bratislava regierenden Sozialdemokraten erwartet. Die rechtspopulistische Nationalpartei SNS dürfte Umfragen zufolge knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde bleiben. Damit würden sich die Chancen auf eine eigene Fraktion von EU-Rechtsparteien, der auch die FPÖ angehören will, verschlechtern. Als mögliche Bündnispartner der geplanten Rechtsfraktion genannt werden neben der FPÖ und der SNS bisher die Front National aus Frankreich, die PVV aus den Niederlanden, der Vlaams Belang aus Belgien, die Lega Nord aus Italien und die Schwedendemokraten. Um im EU-Parlament eine Fraktion bilden zu können, müssen zumindest 25 Abgeordnete aus sieben Ländern zusammenfinden - ohne die SNS fehlt den Rechtsparteien noch ein Partner.
Die rund 330.000 Wahlberechtigten auf Malta können über sechs EU-Abgeordnete entscheiden. Der Wahlkampf auf der kleinen Mittelmeerinsel stand ganz im Zeichen nationaler Themen. Die beiden großen Parteien des Landes, die regierende Labour Partei von Ministerpräsident Joseph Muscat und die konservative Nationalistische Partei (PN), dürften sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.