Eurofighter-Anzeige eingestellt: Doskozil tobt
27.04.2020
Ex-Verteidigungsminister fordert weiter 'lückenlose Aufklärung und Schadenswiedergutmachung für den Steuerzahler'.
Wien/Toulouse. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) wertet die am Montag bekannt gewordene Einstellung der Betrugsanzeige gegen Airbus in der Eurofighter-Causa als "waschechten Skandal". Es sei ein "Schlag ins Gesicht der österreichischen Steuerzahler", dass die österreichische Justiz offenbar keinerlei Interesse habe, den gut begründeten Betrugsvorwürfen gegen Airbus nachzugehen.
Doskozil hatte die Anzeige in seiner Zeit als Verteidigungsminister eingebracht. "Erst vor kurzem hat Airbus selbst gegenüber der US-Justiz unlauteres Verhalten und politische Zuwendungen beim Eurofighter-Deal in Österreich eingestanden", stellte der Ex-Ressortchef in einer Aussendung fest. In mehreren Staaten - vor allem in den USA mit rund 55 Millionen und in Deutschland mit fast 90 Millionen Euro - sei Airbus zu Strafzahlungen verurteilt worden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der österreichischen Causa stünden.
"Dass ausgerechnet in Österreich selbst das Verfahren im Schatten der Coronavirus-Krise offenbar tatsächlich 'daschlogn' werden soll, macht mich einmal mehr fassungslos", stellte der Landeshauptmann fest.
Doskozil hatte als Verteidigungsminister 2017 gegen Airbus eine Anzeige wegen schweren Betrugs eingebracht und parallel dazu auch die US-Behörden eingeschaltet. Die Task-Force im Verteidigungsministerium hatte die Anzeige ressortintern vorbereitet und die weiteren Schritte ausschließlich in Abstimmung mit der Finanzprokuratur gesetzt. "Schon damals war klar, dass es vonseiten der politischen Führung der Justiz und des damaligen Koalitionspartners massiven Gegenwind geben würde. Dieses Misstrauen hat sich bisher leider in allen Stadien dieser Diskussion vollinhaltlich bestätigt", so Doskozil.
Er halte seine Forderung nach lückenloser Aufklärung und Schadenswiedergutmachung für den Steuerzahler weiter aufrecht, betonte der Landeshauptmann. Auch die neue Bundesregierung, speziell Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), sei nun gefordert.
"Dass der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, von Tanner beauftragt wurde, weitere rechtliche Schritte zu prüfen, ist eine Selbstverständlichkeit. Ich habe volles Vertrauen, dass die Justiz zu einem anderen Ergebnis kommen wird, wenn man sie ohne politischen Druck arbeiten lässt", so Doskozil. "Ich fordere von der Verteidigungsministerin außerdem, dass sie sämtliche rechtlichen Möglichkeiten nicht nur prüfen lässt, sondern auch konkret die Fortführung des Ermittlungsverfahrens beantragt."
Betrugsanzeige gescheitert, WKStA ermittelt weiter
Das nun eingestellte Betrugsverfahren gegen Eurofighter/Airbus geht auf eine Anzeige des Verteidigungsministeriums aus dem Jahr 2017 unter dem damaligen SPÖ-Minister Hans Peter Doskozil zurück. Der Hauptteil des inzwischen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) überantworteten Eurofighter-Verfahrens unter anderem wegen Bestechung und Untreue ist allerdings noch offen.
Bei der Anzeige Doskzils lautete der Vorwurf auf arglistige und betrügerische Täuschung beim Kauf der Jets. Die Republik Österreich schloss sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte an und verlangte 183,4 Mio. Euro Schadenersatz. Grundlage für die Sachverhaltsdarstellung waren Ermittlungen der Ende 2012 eingerichteten "Task Force Eurofighter" im Verteidigungsministerium.
Doskozil, inzwischen Landeshauptmann im Burgenland, betrieb die Anzeige aus Misstrauen am damals ÖVP-geführten Justizressort an diesem vorbei, wie er selbst im Februar erläuterte. Damals hatte sich ein anderer Aspekt des Vorgehens gegen Eurofighter als erfolgreich erwiesen: Nach einer Anzeige in den USA musste Airbus unlauteres Verhalten bei der Eurofighter-Anschaffung in Österreich eingestehen, wies Bestechungsvorwürfe aber weiter von sich. Die Bundesregierung mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) an der Spitze bemühte sich seither vermehrt um Wiedergutmachung.
In der Betrugsanzeige an die Staatsanwaltschaft Wien wurde davon ausgegangen, dass Airbus die Republik über den wahren Kaufpreis sowie über die Lieferfähigkeit und Ausstattung der Abfangjäger "in betrügerischer Absicht" getäuscht habe. Konkret ging es um zwei Aspekte, nämlich die in den Kaufpreis eingepreisten Gegengeschäftskosten einerseits und die angeblich mangelnde Lieferfähigkeit der eigentlich bestellten Tranche 2 der Kampfjets andererseits. Doskozil bezifferte den Schaden der Republik durch den Ankauf der Eurofighter mit bis zu 1,1 Mrd. Euro.
Mit der nunmehrigen Einstellung des Betrugsaspekts ist die Causa Eurofighter aber keineswegs ad acta gelegt, auch wenn sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft über viele Jahre nur dahingeschleppt hatten. Anfang 2019 wanderte die Causa von der Staatsanwaltschaft Wien an die WKStA, die - Stand Februar 2020 - gegen rund 60 namentlich bekannte Beschuldigte ermittelte. Statt einer einzigen Person wie in der StA Wien setzt die WKStA vier Staatsanwälte und einen Gruppenleiter ein und stellte sich dabei auch der Auseinandersetzung mit Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek, der das "Derschlagen" von Nebenaspekten des Verfahrens empfohlen hatte.