Politik-Insider
EU–Wahl: Das blüht Nehammer, Babler, Kickl & Co am 10. Juni
01.06.2024Warum die EU–Wahl bereits eine Vorentscheidung für die Nationalratswahl wird.
Hochschaubahn der Gefühle. Derzeit gehen die Einschätzungen über den möglichen Ausgang der EU–Wahl – die Wahl findet am 9. Juni statt – stark auseinander. Für mehrere Parteichefs steht freilich viel auf dem Spiel. Immerhin wird dieser Urnengang als Testwahl für die Mutter aller Wahlschlachten – die Nationalratswahl, gewertet.
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Nehammer braucht Platz zwei und kleinen Abstand zu Kickl
Dass die die ÖVP – sie lag bei der letzten EU–Wahl zehn Tage nach Outing des Ibiza–Videos 2019 bei über 34 Prozent – stark verlieren werden, ist selbst den größten Zweckoptimisten in der türkis–schwarzen Welt klar.
Aber: Die Frage sei, ob sie – wie bei den bisherigen Wahlen seit den Ermittlungen gegen Sebastian Kurz und Co – zehn Prozent verlieren oder mehr. Würden sie 24 Prozent schaffen und einen geringen Abstand zur FPÖ schaffen, würde die Kanzler–Partei aufatmen. In der ÖVP glaubt man, dass dieses Szenario realistisch sei. „Die FPÖ liegt nur knapp vor uns“, behauptet ein ÖVPler.
„Dann wäre für die Nationalratswahl wieder alles offen und Karl Nehammer könnte das Duell mit Kickl ausrufen“, erklärt ein ÖVP–Stratege. Sollte die Nehammer–Partei – wie manche Meinungsforscher glauben – aber nur bei rund 20 bis 22 Prozent liegen, wäre der Katzenjammer in der ÖVP groß.
Die „Funktionäre wären demobilisiert“, warnt ein ÖVP–Spitzenfunktionär. Die Stimmung wäre im Keller und VP–Chef Nehammer müsste die Seinen mitten im Nationalratswahlkampf wieder mobilisieren. Dass eine echte Obmann–Debatte entstehen könnte, bezweifeln ÖVP–Strategen: „Wer sollte dann freiwillig Spitzenkandidat werden sollen?“
Babler braucht Platz 2, sonst übliche Querschüsse“
Die SPÖ – sie lag 2019 bei 24 Prozent – muss ihr Ergebnis zumindest halten. Ähnlich wie Nehammer braucht auch SPÖ–Vorsitzender Andreas Babler Platz 2. Ansonsten würden „die üblichen Querschüsse und Richtungsdebatten bei uns wieder losgehen“, befürchtet ein roter Stratege.
In der Tat würden dann via Bundesländer sicher Diskussionen losgehen, dass der Kurs von Babler „zu links“ sei und das „Thema Migration von der Partei unterschätzt“ würde, wie man bereits jetzt aus der roten Welt hört.
Sollte die SPÖ hingegen vor der ÖVP und nur relativ knapp hinter den Blauen liegen, dann wäre das ein Booster für den roten Oppositionschef, der die eigenen Funktionäre mobilisieren könnte. In diesem Szenario würde Babler versuchen das „Duell um den Kanzler“ auszurufen. In der SPÖ geht man davon aus, dass das am 9. Juni auch passieren werde.
Kickl braucht klaren Platz 1 für Turbo für Herbstwahl
Die FPÖ wiederum scheint sehr optimistisch zu sein, dass die Umfragen auch zutreffen. In der blauen Welt gehen die meisten davon aus, dass sie bei der EU–Wahl „gute 30 Prozent schaffen“. 2019 – zehn Tage vor der EU–Wahl flogen die Blauen damals wegen des Ibiza–Videos aus der Regierung – lag die FPÖ bei nur 17 Prozent.
FPÖ hatte bereits 1996 knapp 28 Prozent
Zur Erinnerung: Bei der EU–Wahl 1996 schaffte die FPÖ unter Jörg Haider bereits knapp 28 Prozent. Angesichts der multiplen Krisen und der Krisen von ÖVP und SPÖ sei es „realistisch, dass wir diesmal über 30 Prozent liegen“, sagt ein Blauer.
Würde das eintreten, wäre FPÖ–Chef Herbert Kickl ein Booster für die Nationalratswahl wohl sicher. Es wäre das erste Mal – die Partei von Marine Le Pen lag in Frankreich hingegen bereits zwei Mal bei EU–Wahlen auf Platz eins – bei bundesweiten Wahlen am ersten Platz und könnte auf den Bandwagon–Effekt (Leute schließen sich Gewinnern an) hoffen.
Zudem könnte die FPÖ dann eben mit einem Katzenjammer bei Rot und Schwarz–Türkis hoffen. Nicht alle in der FPÖ sind so zuversichtlich. Ein FPÖ–Stratege warnt: „Ich bin mir nicht sicher, dass die Umfragen stimmen“. Ein anderer Blauer geht weiter „Wir waren bei sämtlichen Wahlen im letzten Jahr in den Umfragen überbewertet“. Würde die Kickl–Partei nur knapp vor ÖVP und SPÖ liegen oder gar den ersten Platz verfehlen, wäre die Enttäuschung groß. Das könnte wiederum FPÖ–Funktionäre demobilisieren oder sogar Debatten über den Kurs auslösen.
Sehr realistisch ist dieses Szenario – es sei denn ALLE publizierten Umfragen aller Institute wären falsch – nicht.
Grüne zittern vor starken Minus
Auch für die Grünen geht es am 9. Juni um viel. Würde die Partei nach den Geschichten über Lena Schilling und dem Krisenmanagement der Grünen nur auf knapp 10 Prozent kommen, würden wohl Debatten über das schlechte Krisenmanagement entstehen. Das könnte Werner Kogler und seiner Klubchefin Maurer ziemliche Debatten beim Grünen Bundeskongress einbrocken.
Schaffen Lena Schilling und Co aber über 10 Prozent würde es „keine Debatten geben“, sagt ein grüner Stratege. „Das Problem wäre, dass die Führungsebene dann glauben würde, dass sie eh alles richtig gemacht hätten und das würde sich bei der Nationalratswahl rächen“, so der Grüne.
Neos Plus könnte Aufschwung bringen
Die Neos brauchen bei der EU–Wahl hingegen dringend ein Plus. Die letzten Gemeinderatswahlen – die Pinken flogen in Salzburg und Innsbruck raus – haben ihnen einen entschiedenen Dämpfer verpasst. Würden sie bei der EU–Wahl hingegen vor den Grünen liegen, könnte ihnen das wieder Auftrieb für die Nationalratswahl geben.