Der frühere österreichische Botschafter in Kiew ist am Mittwoch am Wiener Landesgericht des schweren gewerbsmäßigen Betrugs für schuldig befunden worden.
Er hatte über fünf Jahre unrechtmäßig einen Ehegattenzuschlag für seine Gattin bezogen, die ihren Lebensmittelpunkt nie in die ukrainische Hauptstadt verlegt hatte. In dem Schöffenprozess unter Leitung von Richter Andreas Böhm wurde dem 54-jährigen Michael Miess auch die amtsmissbräuchliche Vergabe von rund 500 Schengen-Visa an ukrainische Visa-Antragsteller zur Last gelegt. In diesem Punkt wurde Miess in erster Instanz freigesprochen.
"Nur kleine Verfehlungen"
Den Freispruch vom Vorwurf
des Amtsmissbrauchs begründete das Gericht damit, dass "teilweise nur kleine
Verfehlungen" im Verhalten des früheren Botschafters in Kiew zu finden
gewesen seien. "Aufgrund von Schlamperei und Arbeitsüberlastung" kam es in
der Botschaft in Kiew in den Jahren 2003 und 2004 laut Richter Böhm zu
"Fehlern, die passieren können". Für Amtsmissbrauch hätte Miess aber "in
unerträglicher Weise" gegen den Ermessenspielraum (den er als Botschafter
bei der Visa-Erteilung hat, Anm.) verstoßen müssen. "Das konnten wir nicht
feststellen", so der Richter.
18 Monate bedingt
Der Schuldspruch wegen schweren gewerbsmäßigen
Betrugs bedeutet für Miess 18 Monate bedingter Freiheitsentzug. Die
Verteidigung hat bereits angedeutet, gegen das Urteil in Berufung zu gehen:
"Noch ist nichts rechtskräftig", betonte Herzka.
Dass Miess im zweiten Anklagepunkt für schuldig befunden wurde, begründete Böhm damit, dass "von vornherein eine Regelmäßigkeit" bei den Besuchen der Gattin in Kiew zu erkennen gewesen sei. Auch dass bei einem etwaigen Nachzug der Botschaftergattin nach Kiew - welchen Miess vergeblich versucht hatte darzustellen - die damals 14-jährige Tochter Miess und der 18-jährige Sohn allein in Österreich geblieben wären, wie der Sohn des Angeklagten am Mittwoch aussagte, konnte das Gericht nicht nachvollziehen. Zugleich sei zu keinem Zeitpunkt die Einschulung der beiden in der Ukraine nachweislich geplant gewesen.
50.000 Euro Schadenssumme
All das spreche dagegen, dass Miess'
Ehefrau tatsächlich vorhatte, ihren Lebensmittelpunkt nach Kiew zu verlegen,
argumentierte der Richter sinngemäß. "Dass ein leitender Beamter über einen
derart langen Zeitraum" entgegen bekannter Richtlinien einen Zuschuss
beziehe, der ihm nicht zusteht, bezeichnete Böhm als "keine Kleinigkeit".
Die Schadenssumme beläuft sich auf über 50.000 Euro.