Meinungsforscher und Politikberater vom Ausmaß der FPK-Verluste überrascht.
Politologen und Meinungsforscher zeigten sich vom Ausmaß der FPK-Verluste in Kärnten größtenteils überrascht. Der Politikberater Thomas Hofer sprach etwa von einem - trotz der im Vorfeld prognostizierte Einbußen bei den Freiheitlichen - "Erdrutsch in einer ungeahnten Dimension." Vier Jahre nach dem Tod von Jörg Haider sei das Ende eine Ära angebrochen. "Ein System ist implodiert."
"Wirklicher Umbruch"
Der Erfolg der SPÖ - die zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik nun fünf Landeshauptleute stellt - sei allerdings auch auf die Schwäche der FPK zurückzuführen. "Aber dass Rote und Grüne so viele Stimmen auf sich vereinen, auch wenn sich eine Zweier-Mehrheit in der Landesregierung nicht ausgeht, ist für Kärntner Verhältnisse ein wirklicher Umbruch."
Laut Hofer habe man heute gesehen - auch in Niederösterreich - dass die blauen Bäume nicht mehr in den Himmel wachsen, wenn es mit Stronach eine populistische Alternative zur FPÖ gibt. "Das ist auch ein Alarmsignal für H. C. Strache im Bund. Da wird man sich in Hinblick auf die Nationalratswahlen etwas überlegen müssen." Für die Grünen sei die Wahl als klarer und verdienter Erfolg zu werten. "Ich nehme an, Anti-Korruption ist die neue Umwelt, die Grünen werden dieses Thema auch bei den folgenden Wahlkämpfen ganz zentral fahren." Er sprach von einem Alleinstellungsmerkmal, das nun ausgeschlachtet werde. Beim BZÖ sei bemerkenswert, dass man in Kärnten den Einzug in den Landtag geschafft hat. "Das Todesurteil ist damit noch nicht heute gefallen."
Abwahl einer Ära
Auch Meinungsforscher Peter Hajek sprach von der Abwahl einer Ära. "Durchgesetzt haben sich jene, die eine ruhige, sachliche und besonnene Art verfolgt haben, SPÖ und Grüne." Stronach habe nicht so reüssiert, wie man angesichts der hohen FPK-Verluste hätte annehmen konnte. "Trotzdem war sein Antreten ein Erfolg." Hajek hält nun eine breite Koalition von SPÖ, ÖVP und Grünen für wahrscheinlich. "Sie standen für eine sachliche Politik und es sei ihnen auch geraten, eine solche zu führen. Für das wurden sie gewählt, aber es wird nicht leicht, weil sie der Bevölkerung keine Festspiele, sondern ein Blut-, Schweiß-und Tränenprogramms vorsetzten müssen."
Für Meinungsforscher David Pfarrhofer (market) brachte die Landtagswahl in Kärnten "keine große Überraschung" - außer, dass die Verluste der FPK größer ausgefallen seien als erwartet. Die ÖVP habe den Turnaround glaubhaft vermitteln können und nicht so viel verloren wie erwartet, meinte Pfarrhofer. Der SPÖ sei in Kärnten ein "tolles" Ergebnis gelungen. "Der Sonntag war auch für die Grünen erfreulich", erklärte der Experte, wobei ein Wermutstropfen bleibe: Die Gewinne stünden nicht in Relation zu den Verdiensten beim Aufdecken der Skandale. Denn das Team Stronach sei vom Stand weg auf einem ähnlichen Niveau gelandet. Das Team Stronach habe in Kärnten ein "beachtliches" Ergebnis abgeliefert.
ÖVP überrascht
Am meisten überrascht hat OGM-Chef Wolfgang Bachmayer das Abschneiden der ÖVP in Kärnten: "Für eine am Boden liegende Partei, die einen guten Teil ihrer ersten und zweiten Führungsriege ausgetauscht hat, ist das Ergebnis erstaunlich". Offensichtlich sei der ÖVP die Wandlung vom Saulus zum Paulus gelungen. Bemerkenswert an dem Kärntner Ergebnis sei auch, dass die politische Landschaft trotz der Umwälzung in der Parteienlandschaft nach dem Links-Rechts-Schema unverändert bleibe. Für die Grünen ist es laut Bachmayer mit der Verdoppelung in Kärnten ein "extrem erfolgreicher" Tag gewesen: "Eine Verdoppelung des Ergebnisses ist ihnen das letzte Mal in den 80er-Jahren gelungen. Und das BZÖ bleibt mit dem Abschneiden in Kärnten - entgegen der Prognosen - politisch am Leben.
Für die Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle sei für den Ausgang die Bildung eines Lagerwahlkampfs entscheidend gewesen: SPÖ, ÖVP und Grüne gegen die FPK. "Gerhard Dörfler hat es nicht geschafft, trotz seines doch relativ verbindlichen Wesens und Auftretens im Wahlkampf sich ausreichend als Landesvater zu inszenieren." Ohne ihn wäre das Ergebnis der FPK vielleicht noch schlechter gewesen.
Skandale mobilisierten Wähler
"Korruption und Skandale waren nicht nur Anlass der Wahl sondern auch ein Motiv für die Stimmabgabe. Sie hat die anderen Parteien motiviert und potenzielle Anhänger zu den Urnen getrieben." Als Folge des Wahlergebnisses erwartete die Politologin nun eine Koalition von SPÖ, ÖVP und Grünen. Es habe zwischen den drei Parteien in den vergangenen Monaten ja schon eine Art "Probelauf" mit zahlreichen Parteiengesprächen gegeben. "Die ÖVP ist stark genug, dass Obernosterer (Gabriel, Anm.) und Waldner (Wolfgang, Anm.) bleiben werden. Die kommen innerparteilich nicht unter Druck. Und Rolf Holub will in die Regierung."
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