Sie hat vom Vorstoß ihres Parteifreundes zur Kürzung der Familienbeihilfe über die Medien erfahren und kritisiert die Idee als "peinliches Hoppala".
Scharfe Kritik am Vorstoß von ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka in Sachen Familienbeihilfe kommt von seiner Parteifreundin, Familienstaatssekretärin Christine Marek. Die ÖVP-Politikerin hat vom Vorschlag Lopatkas aus den Medien erfahren. "Das ist ein Stil, den ich vom Koalitionspartner gewöhnt bin, aber nicht von Kollegen aus den eigenen Reihen", ärgert sich Marek. Auch inhaltlich liege Lopatka falsch, denn eine reduzierte Beihilfe für im Ausland lebende Kinder sei europarechtlich nicht möglich.
Lopatka wollte 15 Mio. sparen
Lopatka war am Dienstag mit dem
Vorschlag an die Öffentlichkeit gegangen, die Familienbeihilfe für im
Ausland lebende Kinder zu kürzen. Konkret soll die Beihilfe an die
jeweiligen Lebenshaltungskosten im Ausland angepasst werden, was in den
östlichen EU-Staaten de facto eine Reduktion um bis zu 40 Prozent bedeuten
würde. Damit will Lopatka rund 15 Mio. Euro einsparen.
"Ich bin relativ satt und sauer"
Die in der Regierung
für die Familienpolitik zuständige Marek betont, von dem Vorschlag aus den
Medien erfahren zu haben. "Ich erwarte mir, dass solche Dinge intern
besprochen werden", fordert die Staatssekretärin: "Ich bin
relativ satt und sauer." Außerdem sei Lopatka auch "falsch
informiert". Denn dass für EU-Bürger und Schweizer eine Reduktion der
Beihilfe nicht möglich sei, habe der Europäische Gerichtshof mehrfach klar
gestellt: "Das ist 1986 ausjudiziert worden und seitdem mehrfach
bestätigt." Und für Bürger von Drittstaaten (z.B. Türkei) habe
Österreich die Familienbeihilfe für im Heimatland lebende Kinder ohnehin
bereits 1996 gestrichen.
"Peinliches Hoppala"
"Es hätte ihm sehr gut zu
Gesicht gestanden, wenn er sich zuerst bei uns informiert hätte, dann hätte
er sich dieses peinliche Hoppala auch erspart", meint Marek in Richtung
ihres Parteifreunds. Wie sie die vorgesehenen Einsparungen im Familienbudget
- 235 Mio. Euro allein 2011 - zuwege bringen will, möchte Marek bis zum
Herbst klären. Einzelmaßnahmen zu diskutieren, wie das Lopatka getan habe,
lehne sie ab, "weil genau das uns nicht weiterbringt - es verunsichert
die Familien, es macht Angst und schürt Spekulationen".
Lopatka verteidigt Vorstoß
Der Finanzstaatssekretär
verteidigt sich und seine Idee. Er verweist auf ein Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 2001, das bei der steuerlichen
Berücksichtigung von Familienlasten auch eine Berücksichtigung der "Unterschiede
in den tatsächlichen Lebensverhältnissen" erlaubt.
Auch dass Lopatka seinen Vorschlag nicht mit Marek abgesprochen hatte, verteidigt seine Sprecherin: Das Thema sei bei Besuchen Lopatkas in Finanzämtern aufgeworfen worden. Dort sei die Auszahlung von Familienbeihilfe ins Ausland ein "großes Thema". Lopatkas Idee sei "diskutierenswert", und das geschehe nun auch.
Grüne orten "Haider-Virus"
Die Grünen sehen
Lopatka "mit dem Haider-Virus infiziert". Sein Vorschlag sei "eine neue
Runde im ÖVP-Amoklauf gegen AusländerInnen und das EU-Recht", kritisieren
Sozialsprecher Karl Öllinger und Familiensprecherin Daniela Musiol. Sie
halten den Vorstoß für "EU-rechtlich unmöglich". Außerdem verweist Öllinger
darauf, dass alle in Österreich arbeitenden Menschen die gleichen Beiträge
für den Familienlastenausgleichsfonds erwirtschaften. Auch daher wäre eine
Kürzung der Beihilfe "rechtlich nicht haltbar." "Der
Lopatka-Vorstoß dient einzig und allein dazu, die ÖVP als
Anti-Ausländerpartei zu etablieren", so Öllinger.