Jetzt meldet sich auch Kanzler Faymann empört zu Wort: Unabhängige Justiz soll Korruptionsvorwürfe gegen Mensdorff restlos aufklären.
Am noblen Londoner Sloane Square genoss das Ehepaar Alfons Mensdorff-Pouilly und Ex-VP-Ministerin Maria Rauch-Kallat gestern einen ruhigen Sonntagnachmittag. Erst heute, oder in den nächsten Tagen, so Familienanwalt Harald Schuster, will der Graf seinen Pass vom Gericht abholen und nach Österreich zurückkehren.
In der Heimat gingen inzwischen die Wogen wegen des Justizskandals um den „Waffen-Ali“ hoch: Der Rüstungskonzern British Aerospace (BAE) hatte nach einer Woche U-Haft Mensdorffs in London an Gerichte rund um den Globus eine Rekordstrafe von 328 Millionen Euro bezahlt – und dafür sich und Mensdorff-Pouilly zumindest in Großbritannien und den USA von jeder Strafverfolgung freigekauft. Jetzt streiten die Experten für internationales Recht, ob damit auch das Strafverfahren gegen Mensdorff in Sachen Eurofighter – wofür er 2009 fünf Wochen in Wien in U-Haft war – auch eingestellt werden müsse.
Faymann fordert empört „restlose Aufklärung“
Trotz
des gewaltigen diplomatischen Drucks, den die Briten nach ihrem Deal mit dem
Rüstungskonzern BAE hinter den Kulissen auf die heimische Bundesregierung
ausüben, erklärte am Sonntag ein spürbar empörter Bundeskanzler Werner
Faymann gegenüber ÖSTERREICH: „Ich bin für die restlose Aufklärung aller
Korruptionsvorwürfe durch die unabhängige Justiz.“
Er wolle und könne zwar nicht unabhängigen Gerichten vorschreiben, wie diese vorzugehen hätten. Aber unter dem Strich müsse allen Beteiligten jedenfalls klar sein:
Kanzler: Bevölkerung wäre bei Einstellung erzürnt
„Die
Bevölkerung wäre mit Recht erzürnt, wenn sie das Gefühl haben müsste, dass
vor dem Gesetz nicht alle gleich wären.“
Trotzdem könnte zumindest jenes Strafverfahren, das auf Basis der „Akte Ali“, die die britischen Korruptionsbekämpfer nach Wien übermittelten, eingeleitet wurde, jetzt eingestellt werden müssen, erwartet Anwalt Schuster – er beruft sich auf Artikel 54 des Schengen-Durchführungsübereinkommens, nach dem bei Einstellung eines Verfahrens in einem Land Verfahren mit gleichem Sachverhalt in allen anderen Schengen-Mitgliedsstaaten einzustellen seien.
Ein völliger Weißwaschgang für die gräfliche Wäsche ist dennoch fast auszuschließen: Immerhin sind zumindest zwei weitere eigenständige Verfahren gegen Mensdorff in Wien anhängig – und neue Klagen, die sich ausschließlich auf Eurofighter-Sachverhalte und nicht auf BAE-Geschäfte beziehen, sind weiter möglich.