Die SPÖ - allen voran der Bundeskanzler - geht auf Konfrontationskurs mit Koalitionspartner ÖVP.
Die Finanzkrise und ihre Konsequenzen haben am Samstag den 64. Landesparteitag der Wiener SPÖ dominiert. Sowohl Bundeskanzler Werner Faymann als auch Bürgermeister Michael Häupl ließen mit klaren Bekenntnissen zu einer Besteuerung von Vermögen aufhorchen.
Auf Zuwachs und Spekulationen
Vor knapp 1.900 Besuchern, die auf
das bisher größte Treffen der Landespartei in die Stadthalle gekommen waren,
sprach sich Faymann für eine Vermögenszuwachs- beziehungsweise eine
europäische Finanztransaktionssteuer aus, stellte aber klar: "Keine
höhere Steuern für die Mittelschichten." Es gehe um
Besteuerung des Vermögens bei gleichzeitiger Entlastung der Arbeit, wobei
den Großmüttern und Häuslbauern nichts weggenommen werden solle. Kritik übte
Faymann am Koalitionspartner ÖVP, der in der Bildungsdebatte unter zu
starkem Einfluss des GÖD-Vorsitzenden Fritz Neugebauer stehe.
Häupl schlägt in gleiche Kerbe
Auch Häupl forderte
Konsequenzen aus der Krise und wünschte sich eine neue Weltordnung, zu der
nicht zuletzt die Besteuerung der Vermögenden gehöre. Im Steuerbereich gelte
es, eine Strukturreform zu initiieren, da die Kosten der Krise bisher
alleine von den Arbeitnehmern getragen würden. Deshalb trat er für eine
strikte Regulierung der Finanzmärkte, eine internationale
Finanztransaktionssteuer und gegen die Liberalisierung von öffentlichen
Dienstleistungen auf Europaebene ein. Man werde dabei den Konflikt mit den "Nulllohnrunden-Propagierern"
nicht scheuen, kündigte Häupl an.
Kopf schließt für ÖVP Steuern aus
Mit der ÖVP
werde es in dieser Legislaturperiode keine neuen Steuern geben, ließ
umgehend der schwarze Klubchef Karlheinz Kopf wissen, "mit Ausnahme
einer etwaigen europaweiten Finanztransaktionssteuer". Davor hatte
ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner nicht ganz so ablehnend
reagiert. Sobald die Krise vorbei ist, könnte es neue Steuern geben, meinte
Mitterlehner: "Zur Sanierung werden wir neue Einnahmen brauchen."
Strasser auch gegen Eigentumssteuer
Auch der ÖVP-Spitzenkandidat
für die EU-Wahl, Ernst Strasser, sprach sich "klipp und klar"
gegen "jede Form der Eigentumssteuer" aus. "Wir halten uns an
das Regierungsprogramm", so Strasser - mit Seitenhieb auf den
Koalitionspartner: In Zeiten der Wirtschaftskrise tue die SPÖ das, was sie
meistens tue, wenn es um Wirtschaftspolitik gehe: Sie denke über neue
Steuern nach.
Strache im "Kellergeschoß"
Zurück zum roten
Wiener Parteitag. Auf Angriffe von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wollte
Bürgermeister Häupl nicht eingehen: "Dieses Kellergeschoß in
seiner Argumentationsebene gibt es in meinem Haus nicht." Auch gelte
für die SPÖ - im Gegensatz etwa zur ÖVP: "Ich schließe
definitiv eine Koalition mit der freiheitlichen Partei in Wien aus."
Schmied "sprengte Beton"
Auch andere prominente
Sozialdemokraten meldeten sich zu Wort. Unterrichtsministerin Claudia
Schmied blickte auf die "kräfteraubende Debatte" der
vergangenen Wochen zurück. Sie werde dafür wohl keine Stil- und
Haltungsnoten erhalten, aber: "Bildungspolitik erfordert manchmal das
Sprengen von Beton." EU-Spitzenkandidat Hannes Swoboda motivierte seine
Partei zum Wahlkampf: Die ÖVP habe viele Jahre ein neoliberales Europa
mitbefördert: "Wir lehnen ein unsoziales und arrogantes Europa ab."
Frühstück und ABBAriginals
Der Parteitag ging in der
größten Halle der Stadthalle über die Bühne, um genug Platz für die
Parteimitglieder zu haben, die der erstmals ergangenen Einladung an alle
Genossen gefolgt waren. Diese rund 800 Gäste ohne Stimmrecht wurden neben
dem eigentlichen Parteitagsprogramm mit Gratisfrühstück, einem Auftritt der
Popgruppe ABBAriginals und einer Neuinszenierung der "Internationalen"
durch Christian Kolonovits bei Laune gehalten.
Häupl mit bestem Ergebnis bestätigt
Der Wiener
Bürgermeister ist am Samstagabend mit seinem bisher besten Wahlergebnis als
Vorsitzender der Landes-SPÖ bestätigt worden. Er erhielt 848 der insgesamt
864 gültigen Delegiertenstimmen, was einer Mehrheit von 98,1 Prozent
entspricht. Bei der vergangenen Wahl 2007 hatte Häupl 93,4 Prozent der
abgegebenen Stimmen erreicht. Häupl ist seit 1993 Chef der Wiener
Landesgruppe. Bei seiner ersten Wahl hatte er jedoch lediglich 83,1 Prozent
der Delegierten hinter sich versammeln können.