Nationalrat
Faymann für Aufklärung im US-Spionagefall
05.07.2013
"Verloren gegangenes Vertrauen wieder herstellen" - Kein Asyl für Snowden.
Die US-Spionageaffäre hat am Freitagnachmittag in einer "Dringlichen Anfrage" der FPÖ Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) im Nationalrat erreicht. Auch er erwarte sich eine "vollständige und rasche Aufklärung" durch die US-Behörden, erklärte Faymann in der Beantwortung. Die Freiheitlichen sehen in der Affäre den "totalen Angriff auf die Privatsphäre".
Faymann versicherte, sich auf europäischer Ebene "selbstverständlich" für eine umfassende Aufklärung einzusetzen. Von der USA erwartet sich der Kanzler Transparenz, "um das verloren gegangene Vertrauen wieder herzustellen". Es sei auch im Interesse der USA, die von Österreich gestellten Fragen zu der Causa zu beantworten. Sollten sich die aufgedeckten Vorgänge als wahr herausstellen, seien diese "völlig inakzeptabel und unverzüglich abzustellen", meinte Faymann.
Ein Aufkünden des derzeitigen Datenaustausches mit der USA ist aus Faymanns Sicht "nicht zweckmäßig". Er verwies auf eine Expertengruppe auf EU-Ebene, welche den Umgang mit den Daten klären soll. Überhaupt sprach sich der Bundeskanzler für ein gemeinsames Vorgehen und enge Abstimmung innerhalb der EU aus. Was das Freihandelsabkommen betrifft, möchte Faymann überhaupt noch "eine Reihe" von umwelt- und sozialpolitischen Fragen sowie die Vor- und Nachteile prüfen.
Laut Faymann habe das Außenministerium unmittelbar nach Bekanntwerden der Spionagevorwürfe Kontakt mit der US-Botschaft aufgenommen und Informationen dazu gefordert. Es habe auch ein 30-minütiges Gespräch zwischen Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) und Botschafter William Eacho gegeben. Dieser habe versichert, in Washington auf Österreichs Anliegen "hinzuweisen".
Was etwaige rechtliche Schritte möglicherweise geschädigter Unternehmen betrifft, sagte Faymann Unterstützung zu. Zur Forderung, Aufdecker Edward Snowden Asyl zu gewähren verwies er auf die geltenden Gesetze. Die Vergabe von Überflugrechten für die Maschine des bolivianischen Präsidenten Evo Morales fällt in die Zuständigkeit der jeweiligen Staaten. In Österreich hätten die zuständigen Stellen "rasch und professionell reagiert". Einen Zusammenhang zwischen dem Spionageskandal und der Stationierung zweier US-Amerikaner auf dem Fliegerhorst Zeltweg verneinte der Kanzler.
FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache erklärte in der Begründung der "Dringlichen": "Das ist mehr als ein Geheimdienstskandal, das ist ein Verrat an Grundfreiheitsrechten und ein Bruch des Völkerrechts, den man schärfstens verurteilen muss." Er ortet den "totalen Angriff auf die Privatsphäre" und den Versuch, eine "Daten-und Internetdiktatur" sowie weltweite Kontrollmechanismen zu errichten. Er erneuerte seine Forderung, Snowden in Österreich Asyl zu gewähren. Dieser hätte es seiner Sicht - anders als US-Präsident Barack Obama - den Friedensnobelpreis verdient.
Strache erwartet sich, dass die österreichische Bundesregierung und auch die EU entsprechend reagiert "und nicht devot die Missstände einfach hinnimmt". Der automatische Datenaustausch mit dem Land sollte "sofort außer Kraft" gesetzt werden, ebenso die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen.
Wirklich "schockiert" hätten ihn die "windelweiche Reaktionen" Österreichs und der EU. Strache kritisierte auch, dass einige Länder offenbar auf Intervention der Amerikaner Morales die Überfluggenehmigungen verwehrt hätten.
Opposition von Faymann enttäuscht
Die Opposition zeigte sich von den Ausführungen von Kanzler Werner Faymann (SPÖ) in der Spionage-"Dringlichen" wenig überzeugt. Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig meinte, dieser habe seine Antworten so emotionsfrei vorgetragen wie ein Antialkoholiker die Weinstastistik des Vorjahres. Dies sei nicht angemessen, würden doch die durch die Überwachungstätigkeit des US-Geheimdienstes NSA Grundfesten der Demokratie angegriffen. Schließlich gehe es um den Schutz von Privat- und Familienleben aber auch um den von Kleinunternehmen, die von Großen ausspioniert werden.
Daher hätte sie von der Regierung eine sehr viel schärfere Vorgangsweise und einen härteren Ton gegenüber den USA erwartet. Konkret plädierte Glawischnig dafür, das zwischen EU und den Vereinigten Staaten geplante Freihandelsabkommen nicht zu verhandeln.
Ein gewisses Verständnis für die nachrichtendienstliche Tätigkeit der Amerikaner zeigte Ex-Verteidigungsminister Herbert Scheibner. Nur durch flächendeckende Datenerfassung könne der Terroranschlag eines bis dahin Unverdächtigen verhindert werden, womit wiederum tausend Menschenleben gerettet werden könnten, argumentierte der BZÖ-Mandatar. Andererseits sei es "absolut überschießend", wenn die US-Nachrichtendienste wahllos Daten sammelten.
Erschüttert vom Ausmaß der Datensammlungen zeigte sich auch das Team Stronach. Zudem prangerte der Abgeordnete Christoph Hagen den Umgang mit Boliviens Präsident Evo Morales an, der Mitte der Woche in Wien gestrandet war, nachdem andere europäische Staaten den Weiterflug verweigert hatten, da sie US-Aufdecker Edward Snowden in seiner Maschine vermuteten. Angesichts der Nachschau Österreichs in dem Flieger sprach Hagen von einem "Bückling vor den USA".
VP-Mandatar Werner Amon meinte hingegen, dass die Nachschau alleine schon deshalb notwendig gewesen sei, da ansonsten gleich Gerüchte hochgekommen wären, Snowden halte sich in Österreich aus. Dass es irgendeiner Regierung gefallen könnte, wenn die EU-Ratssitzungen oder ihre Bürger abgehört werden, sei "absurd". So habe auch Österreich angemessen reagiert mit dem von der Innenministerin erarbeiteten Fragenkatalog an die US-Botschaft. Der Antworten harre man freilich noch.
Kein Asyl für Snowden
US-Datenskandal-Aufdecker Edward Snowden dürfte auf kein Asyl in Österreich hoffen können. Ein (unverbindlicher) Entschließungsantrag der FPÖ, die Voraussetzung für eine Aufnahme des in Moskau gestrandeten IT-Experten zu schaffen, fand am Freitagnachmittag nur die Zustimmung von Grünen und BZÖ.