Bildung und Budget – das werden die großen Kampfplätze der SPÖ im Herbst. Die filmische Vorlage dafür liefern Bud Spencer und Terence Hill.
Der rote Bundeskanzler hat ein neues Lieblingsmotto: „Hart, aber herzlich“ möchte er sein. Einen Stil, den er sich nun für die gesamte rot-schwarze Koalition wünscht.
Im großen ÖSTERREICH-Sommerinterview betont Werner Faymann, dass er zwar sicher nicht mit VP-Vizekanzler Josef Pröll „kuscheln“ würde, aber, dass das ungleiche Paar wie Bud Spencer und Terence Hill „noch jeden Zweikampf“ gewonnen hätte.
Bildungsgipfel.
Nächste Woche fliegt der Bundeskanzler mit
seiner Frau Martina und Töchterchen Flora für zwei Wochen nach Apulien, weil
dies der „größte Wunsch“ der Kleinen sei. Ab Mitte August werde er sich aber
wieder voll in die Arbeit stürzen.
Faymann hat dabei einen neuen Schwerpunkt: Der SP-Chef will im September einen „Bildungsgipfel starten“. Dazu lädt er die VP-Landeshauptleute und die VP-Wissenschaftsminister ein. Faymann will so die gemeinsame Schule für Zehn- bis Vierzehnjährige forcieren. Und treibt damit wohl auch geschickt einen Keil in die ÖVP: Denn während VP-Chef Josef Pröll weiterhin die „Einheitsbrei-Schule“ ablehnt, favorisieren VP-Länderchefs und eben Karl diese neue Schule.
Zudem will der Kanzler natürlich auch bei den Budgetverhandlungen klare Schwerpunkte setzen: Er baut auf „Reichensteuern“ und lehnt einen „sozialen Kahlschlag“ ab. Trotz Landtagswahlkämpfen möchte der SP-Vorsitzende jetzt – und auch noch im Herbst – bewusst allzu viel Streit in der Koalition verhindern. Er will lieber die „Errungenschaften“ der Regierung preisen und meint: „Unsere Arbeitsbilanz ist die beste in ganz Europa.“
Wer sich nun aber Sorgen macht, dass nach der Eiszeit in der Koalition wieder Kuscheln angesagt ist, sei beruhigt: „Kuscheln tu ich mit meiner Frau und meinen Töchtern – nicht mit Josef Pröll“...
ÖSTERREICH: Sind Sie eigentlich mit Ihrem Vizekanzler noch
bestens befreundet – oder gibt es da schon eine feindschaftliche Konkurrenz?
Man hat in letzter Zeit öfter den Eindruck, es kracht ganz schön zwischen
Ihnen beiden?
WERNER FAYMANN: Weder Josef Pröll noch
ich haben je gesagt, dass wir die besten Freunde sind. Wir sind politische
Konkurrenten, das sieht man immer wieder – aber wir verstehen uns wirklich
gut und wenn es darauf ankommt, nach der einen oder anderen
Auseinandersetzung einen Konsens und eine konstruktive Lösung zu finden,
dann hat das zwischen uns beiden noch immer funktioniert.
ÖSTERREICH: Spannungen zwischen Ihnen beiden gibt es derzeit
aber schon?
FAYMANN: Spannungen gibt es auch in guten
Beziehungen immer wieder, selbst in einer Ehe gibt es oft Spannungen. Josef
Pröll und ich haben eine gute Gesprächsbasis, die ist voll intakt – und die
wird noch viele kleinere politische Spannungen gut überstehen.
ÖSTERREICH: Zuletzt kracht es zwischen Ihnen aber immer
heftiger – im letzten Ministerrat gab es nahezu eine Total-Blockade zwischen
beiden Seiten.
FAYMANN: Das wurde von den Medien enorm
übertrieben. Das Wort Blockade kann ich schon nicht mehr hören – so ein
Unsinn! All die Punkte, die angeblich blockiert wurden, waren in Wahrheit
gar nicht auf der Tagesordnung. Man hat seine Standpunkte ausgetauscht, die
waren nicht ident.
ÖSTERREICH: Viele sagen, die Koalition funktioniert nicht
mehr gut.
FAYMANN: Da werde ich grantig, wenn das jemand
sagt. Schaun Sie sich unsere Arbeitsbilanz an, die ist die beste in Europa.
Wir haben eine Mindestsicherung geschafft, wir haben einen
Gratis-Kindergarten geschafft, wir haben als einziges Land in Europa eine
Ausbildungsgarantie für jeden Jugendlichen, wir haben die mittlerweile
niedrigste Arbeitslosigkeit in Europa – wir sind wirklich Europameister.
Diese Regierung funktioniert!
ÖSTERREICH: Aber mit dem Kuschelkurs ist es vorbei?
FAYMANN:
Diesen Schwachsinn vom Kuscheln kann ich nicht mehr hören. Ein für allemal:
Kuscheln tu ich nur mit meiner Frau und meinen Töchtern. Mit Pröll hat es
nie ein Kuscheln gegeben.
ÖSTERREICH: Wie würden Sie Ihr Verhältnis dann beschreiben?
FAYMANN:
Hart – aber herzlich!
ÖSTERREICH: Das ist das neue Regierungs-Motto?
FAYMANN:
Hart – aber herzlich, das beschreibt unser Verhältnis. Hart in der Sache,
herzlich im Umgang – und sehr konstruktiv in der endgültigen Lösung.
ÖSTERREICH: Klingt fast wie Bud Spencer und Terence Hill.
FAYMANN:
Die haben bekanntlich auch jeden Zweikampf gemeinsam gewonnen.
ÖSTERREICH: Wie sieht Ihr Sommer aus? Nach dem letzten
Ministerrat hatte man ja fast den Eindruck, die Regierung sperrt die
Republik jetzt bis Ende August zu?
FAYMANN: Diesen Eindruck
hat man nur, wenn man ÖSTERREICH liest. Die Wahrheit ist: Ich mache nur zwei
Wochen Urlaub – so wie jeder hart arbeitende Österreicher. Ich fahre Anfang
August zwei Wochen mit meiner Familie nach Italien, nach Apulien, in ein
kleines Hotel am Meer. Meine Tochter wünscht sich das – und es ist meine
größte Freude, ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Ich bin aber jederzeit
abrufbar und wenn es sein muss in drei Stunden in Wien – für jede
Parlamentssitzung, für jede wichtige Sache. Davor und danach arbeite ich
durch – und zwar wirklich intensiv. Ich werde mit allen Ministern und dem
Finanzminister das Budget in allen Details ausarbeiten und die notwendigen
Reformen entwickeln.
ÖSTERREICH: Wenn Sie das Budget über den Sommer entwickeln –
warum präsentieren Sie es dann nicht wie von der Verfassung gefordert am 22.
Oktober?
FAYMANN: Weil wir die aktuellen Wirtschaftsdaten vom
Herbst einarbeiten und das auf Basis dieser aktuellen, nicht vorhersehbaren
Daten wirklich optimal machen wollen. Das haben wir der
Nationalratspräsidentin mitgeteilt – die Frage, wann die Budgetrede
stattfindet, ist ausschließlich die Entscheidung von ihr und dem Parlament,
der Finanzminister und ich akzeptieren ihre Entscheidung. Meine Meinung aber
ist: Den Österreichern ist es egal, ob die Budgetrede im Oktober oder vier
Wochen später gehalten wird – aber es ist ihnen nicht egal, ob das Budget
wirklich gut ist.
ÖSTERREICH: Wird im neuen Budget genug Geld für Bildung und
Schule da sein?
FAYMANN: Es muss finanziellen Spielraum für
eine unbegrenzte Zahl an Neuen Mittelschulen geben. Ich werde Claudia
Schmied dabei tatkräftig unterstützen, dass wir im Herbst einen großen
Schulreform-Gipfel mit allen machen, die guten Willens sind – der
Industriellenvereinigung, den Landeshauptleuten, Ministerin Karl. Mein Ziel
ist: Ich will, dass wir bei diesem Schulgipfel den Start zu einer großen
Schulreform geben: Die Begrenzung der Schulversuche für die neue
Mittelschule soll sofort fallen. Es soll jede Schule und jedes Bundesland,
das einen Schulversuch Neue Mittelschule will, einen starten dürfen.
Unbegrenzt und sofort. Ich will gemeinsam mit Landeshauptleuten und
VP-Ministerin Karl das Konzept für eine neue gemeinsame Schule der 10- bis
14-jährigen entwerfen, die wirklich leistungsorientiert ist. Und drittens:
Ich will sehr rasch viel mehr Ganztagsschulen.
ÖSTERREICH: Soll Arigona Zogaj zurück dürfen?
FAYMANN:
Eine legale Rückkehr würde ich hundertprozentig unterstützen. Wenn sie und
ihre Familie legal zurück können, dann fällt mir ein Stein vom Herzen. Wir
müssen aufhören mit dem Hass, den die FPÖ predigt. Hart gegen
Asylmissbrauch, aber menschlich, dort wo Menschen wie Arigona unsere Hilfe
brauchen.