Sieg mit bitterem Beigeschmack. Kanzler: "Ich will eine stabile 2er-Koalition"
Schon viel früher als alle anderen wusste der Kanzler: Der Wahlsonntag bringt einen Sieg ohne Jubel.
Werner Faymann war am Wahltag schon um 5 Uhr aufgestanden – so rastlos war er.
Bei der Stimmabgabe um 10 Uhr im kleinen Container am Lagerplatz der MA 48 in Wien-Liesing war Faymann noch sehr gelassen. Vor über 30 Kameraleuten busselte er seine Frau Martina: „Mein Danke, dass sie den Wahlkampf so grandios mit mir geschlagen hat.“
Ergebnis der Nationalratswahl 2013 vor Auszählung der Wahlkarten
Faymann erfährt Debakel-Resultate im Familienkreis
Bis 15 Uhr privat. Direkt nach der Stimmabgabe zog sich Faymann in sein Einfamilienhaus in Liesing zurück – dort wurde ihm schon vor 12 Uhr mittags klar: Er wird locker Kanzler – aber für die SPÖ hagelt es Verluste.
Mandatsverteilung im Nationalrat
Als Erstes erhielt der Kanzler die desaströsen Ergebnisse aus der Steiermark: Die SPÖ fuhr dort ein Minus von über 5 % ein – schwacher Trost: Die ÖVP verlor noch mehr .
Freude beim Kanzler, als die SPÖ die Ergebnisse aus Kärnten erhält – 4 % Plus.
SPÖ bleibt Erster – aber historischer Tiefstand
Gegen 16 Uhr werden die Ergebnisse für die SPÖ immer schlechter: Vom Mur
Mürztal bis nach Salzburg gibt es kräftige SPÖ-Verluste von bis zu 10 %.
In den inoffiziellen Hochrechnungen vor 17 Uhr fällt die SPÖ auf 26 % – die Gesichter werden immer länger.
Erst das relativ stabile Wien-Ergebnis mit 32 % und „nur“ 2,5 % Minus bewahrt den Kanzler und die SPÖ vor einem Debakel. Mit Wahlkarten dürfte die SPÖ aber noch auf 26 % fallen.
Kanzler über Zukunftspläne: "Will stabile 2er-Koalition"
ÖSTERREICH: Ist das ein Sieg mit bitterem Beigeschmack?
FAYMANN: Nein – es überwiegt die Dankbarkeit gegenüber den Wählern, dass wir wieder an erste Stelle gewählt worden sind. Das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
ÖSTERREICH: Sie haben aber mit minus 2 % eine ordentliche Wähler-Watsche erhalten.
FAYMANN: Die letzten fünf Jahre waren schwierige Zeiten. Es war keine Zeit des Verteilens, sondern des harten Sparens. Ich konnte in vielen Bereichen nicht das machen, was ich gerne getan hätte – Pensionen erhöhen, Steuern senken.
ÖSTERREICH: Ist dieses Minus auch ein Signal, dass man an der Regierung in Zukunft einiges ändern muss?
FAYMANN: Man darf nicht vergessen, dass wir in Europa eine schwere Krise hinter uns haben. In dieser Krise sind 20 von 27 Regierungen in der EU – also drei Viertel – abgewählt worden. Ich will deshalb für dieses Land eine stabile Regierung bilden.
ÖSTERREICH: Wäre eine Dreier-Koalition – etwa mit einem Wahlgewinner – denkbar?
FAYMANN: Ich bin ein Freund von stabilen Verhältnissen und bevorzuge deshalb eine Zweier-Koalition. Wir stehen für eine Neubildung dieser Koalition zur Verfügung. Alles Weitere werden die nächsten Tage zeigen.
ÖSTERREICH: Ist für Sie das Angebot der FPÖ für eine rot-blaue Koalition eine Option?
FAYMANN: Der Wähler erwartet, dass das, was man vor der Wahl sagt, auch nachher hält – und das ist Nein zur FPÖ.