Der Kanzler spricht sich gegen einen "Kuhhandel" bei Bildungsthemen aus.
Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann hat am Dienstag das Nein seiner Partei zu Studiengebühren oder einer Diskussion darüber unterstrichen. "Wenn wir der Bevölkerung klar machen, dass wir die Studiengebühren als etwas betrachten, das den Grundsätzen der Sozialdemokratie entgegensteht, nämlich dem freien Zugang zu den Universitäten, dann gilt das für uns", sagte er im Ministerratsfoyer.
Freier Zugang
Der freie Hochschulzugang sei schon im Wahlkampf ein zentrales Thema gewesen, so der Kanzler weiter. 2008 hatte die SPÖ ja nur wenige Tage vor der Nationalratswahl die Studiengebühren mit den Stimmen von Grünen und FPÖ abgeschafft. Die Sozialdemokraten würden weiter an ihrer Ablehnung solcher Gebühren festhalten: "Der freie Zugang zu den Universitäten heißt nicht, dass man nicht gewisse Regelvorgaben braucht, aber man braucht keine Gebühren. Dabei bleibe ich bei meiner Meinung."
Landeshauptleute preschen vor
Ein striktes Diskussionsverbot in seiner Partei will der SPÖ-Chef freilich nicht aussprechen. Die jüngsten Wortmeldungen der SPÖ-Landeshauptleute, die Studiengebühren favorisierten, sieht er vielmehr auch als einen Anstoß für eine Debatte über das österreichische Stipendiensystem. Hier könne man sicher darüber reden, wie dieses gerechter gestaltet werden kann.
Von einem allfälligen Abtausch im Bildungsbereich, wonach etwa die SPÖ Studiengebühren zulassen und die ÖVP im Gegenzug bei der Gesamtschule nachgeben könnte, wollte Faymann überhaupt nichts wissen: "Bildungspolitik ist für einen Kuhhandel ungeeignet." Das sieht auch Vizekanzler Josef Pröll (V) so. Dieser räumte am Dienstag nach dem Ministerrat ein, dass das Thema Studiengebühren in der Koalition derzeit "nicht konsensfähig" sei. Dennoch glaube er an einen "Kompromiss" bei Reformen im Uni-Bereich.
Begutachtungsfrist
Bis kommende Woche läuft ja noch die Begutachtungsfrist für die von ÖVP-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl vorgelegten neuen Uni-Zugangsregelungen.
Pröll verwies überdies auf das demnächst vorzulegende ÖVP-Bildungskonzept. Derzeit arbeite man mit "Hochdruck" daran. Das Motto lautet "Leistung - Sprache - Vielfalt". Beide Regierungsparteien möchten das kommende Jahr nicht zuletzt unter dem Eindruck der miserablen PISA-Ergebnisse zum Jahr der Bildung ausrufen. Faymann sieht im Bildungsbereich auch gar nicht so viele Blockaden, wie sie manche Beobachter der Regierung vorwerfen. Schon bei der Kinderbetreuung habe man eine "gemeinsame Haltung". Über die neue Mittelschule werde man weiter reden und auch bei den Gesprächen über die Studienplatzfinanzierung für Universitäten "sei Bewegung" vorhanden.
Die Studierenden sind indes von solchen Ansagen wenig beeindruckt. Auch diesen Dienstag hielt die Österreichische Hochschülerschaft wieder eine Kundgebung gegen die Sparpläne der Regierung vor dem Bundeskanzleramt ab.
Burgstaller gibt nicht auf
Die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) gibt auch nach dem Kanzler-Nein nicht auf. Sie fordert, dass der SPÖ-Parteitagsbeschluss gegen Studiengebühren "gut fundiert" diskutiert wird. "Gerade für Sozialdemokraten gibt es gewichtige Gründe, über einen fairen Uni-Zugang nachzudenken", sagte Burgstaller, die das derzeitige System - auch der Stipendien - für sozial ungerecht hält.
Die drei anderen SPÖ-Landeshauptleute, die am Montag laut über die Wiedereinführung von Studiengebühren nachdachten - Michael Häupl (Wien), Franz Voves (Steiermark) und Hans Niessl (Burgenland) - wollten keine Stellung nehmen zur Aussage von Bundesparteichef Werner Faymann, dass das Nein der SPÖ zu Studiengebühren nach wie vor gelte. Burgstaller war Ende September die erste rote Landesparteichefin, die eine Wiedereinführung als vorstellbar bezeichnete.