Diplomatischer Eklat

Faymann über "Beleidigung" empört

10.11.2010

Die Kritik des türkischen Botschafters schade dem guten Zusammenleben.

Zur Vollversion des Artikels
© EPA
Zur Vollversion des Artikels

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat die Aussagen des türkischen Botschafters als "unprofessionell und inakzeptabel" bezeichnet und sich darüber "empört" gezeigt.

"Kein Beitrag zum guten Zusammenleben"
Mit seinen Äußerungen habe Kadri Ecved Tezcan nicht nur die Menschen im Gastland, demokratische Institutionen, die internationalen Organisationen in Wien und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel "beleidigt, sondern auch keinen Beitrag zum guten Zusammenleben geleistet", kritisiert Faymann stellt etwaige Konsequenzen in den Raum.

Er werde sich laufend von Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) sowohl über die Gespräche des Außenministeriums mit dem türkischen Botschafter als auch auf Ebene der Außenminister informieren lassen und die weitere Vorgehensweise festlegen, so der Kanzler.

Fekter: "Unglaubliche Entgleisung"
"Es ist eine unglaubliche Entgleisung und eines Botschafters unwürdig sein Gastland so zu attackieren", ist die Innenministerin erzürnt. Man nehme aber zur Kenntnis, dass nun auch der türkische Botschafter akzeptiert, dass vor allem innerhalb der türkischen Gemeinde Integrationsdefizite bestehen.

"Ich erkenne in den Aussagen des Botschafters keinen positiven Beitrag, Integration aktiv zu gestalten", so Fekter weiter. Studien würden den Aufholbedarf sehr deutlich belegen: "Gerade weil sich 70% der türkischen Migrantinnen und Migranten derzeit stärker der Türkei als Österreich zugehörig fühlen, wäre es viel mehr an der Zeit sich hier positiv einzubringen."

Türkische Medien: "Ghettoisierungs-Krise"
Der Wirbel um die kritischen Äußerungen des Botschafters ist am Mittwoch in ersten Meldungen türkischer Internetmedien als "Krise" gewertet worden. Über eine "diplomatische Krise in Österreich" berichtete die Online-Ausgabe der Tageszeitung "Sabah". Beim Nachrichtenportal "Internethaber" war von einer "Ghettoisierungs-Krise" die Rede. Vom türkischen Außenministerium lag zunächst keine Stellungnahme zu der Aufregung um Tezcans Äußerungen vor.

In den türkischen Medienberichten wurde hervorgehoben, dass die beiden Außenminister Michael Spindelegger und Ahmet Davutoglu über den Fall sprechen wollten. Auch die Wiener Ankündigung, wonach der österreichische Botschafter in Ankara beim dortigen Außenministerium gegen das Interview seines türkischen Kollegen protestieren wolle, wurde erwähnt.

Türkischer Botschafter kritisiert Integrationspolitik
Der türkische Botschafter Tezcan hatte in einem Interview mit der "Presse" scharfe Kritik an der österreichischen Integrationspolitik sowie an Österreich und seiner Bevölkerung selbst geübt. Den Österreichern bescheinigt Tezcan, sich nur im Urlaub für fremde Kulturen zu interessieren. Besonders ins Visier nahm er Innenministerin Maria Fekter (ÖVP): Sie sei Mitglied einer Volkspartei, die sich als liberal versteht. Was sie aber vertrete, "entspricht nicht einer liberalen, offenen Geisteshaltung. Das Gleiche gilt übrigens auch für Angela Merkel", so Tezcan.


Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel