Interview

Faymann verspricht Steuersenkung

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Kein Dementi zu Regierungsumbildung: "Wird in den Gremien beschlossen."

ÖSTERREICH: Herr Bundeskanzler, stehen wir politisch vor einem heißen Herbst?
Werner Faymann: Jawohl, wir stehen vor einem heißen Herbst. Und zwar in ganz Europa. Ich habe gestern den neuen Kommissionspräsidenten Juncker in Tirol getroffen und wir sind uns einig: Die Hauptfrage in diesem Herbst wird sein, wie Europa mehr Wirtschaftswachstum und eine neue Job-Offensive schaffen wird. Wir hatten in der EU und in Österreich im Frühjahr eine Wachstumsprognose von 1,6 %, die fällt jetzt Richtung 1,0 %. Es brechen wegen der Verunsicherung um Russland und Ukraine Exporte weg. Da kann kein Land alleine gegensteuern, das muss Europa als Gesamtes tun.
ÖSTERREICH: Kosten uns die Sanktionen gegen Russland Wirtschaftswachstum?
Faymann: Die ganze Unsicherheit rund um die Ukraine kostet Wirtschaftswachstum. Allen muss klar sein, dass man diese dramatische Situation mit Sanktionen alleine nicht lösen kann. Wir brauchen jetzt ganz dringend eine Friedensinitiative für die Ostukraine. Die Ukraine darf kein dauerhaftes Pulverfass werden wie der Nahe Osten.
ÖSTERREICH: Wäre der wichtigste Beitrag in Österreich für mehr Wachstum nicht eine rasche Steuersenkung?
Faymann: Unbedingt. Wir müssen jetzt die Kaufkraft im eigenen Land stärken. Die Steuersenkung muss kommen und sie wird kommen. Die Eckpunkte sind mit dem Herrn Vizekanzler geklärt. Jetzt arbeiten bis Jahresende die Experten in ihren Arbeitsgemeinschaften unter Hochdruck. Dann muss es zwischen Jänner und März eine politische Einigung geben. Und dann wird es von März bis Juni die Beschlussfassung und die Umsetzung geben. Mit Mitte des kommenden Jahres wird die Steuerreform umgesetzt – entweder gleich als Ganzes oder in Schritten. Aber jedenfalls soll die Entlastung der Arbeitnehmer ab Juli 2015 spürbar werden und in Kraft treten.
ÖSTERREICH: In welchem Maß?
Faymann: Wir sind uns einig, dass der Eingangssteuersatz auf 25 % gesenkt werden soll. Die Details sind noch nicht unter Dach und Fach. Auch nicht die Gegenfinanzierung. Mein Ziel ist, dass die Steuersenkung ein Volumen von 4 bis 5 Milliarden hat. Bei 4 Milliarden würde eine Milliarde durch mehr Wachstum selbst finanziert, weitere 1,5 Milliarden würden wir als SPÖ gerne über die Millionärsabgabe finanzieren, sind aber hier offen, wenn die ÖVP diesen Betrag lieber über Erbschafts- oder Grundsteuern refinanzieren will. Und außerdem ist Sparen nicht verboten – also 1,5 Milliarden sollten nach den Vorschlägen des Rechnungshofs in der Verwaltung eingespart werden.
ÖSTERREICH: Sie werden nächste Woche ­eine Regierungsumbildung vornehmen. Stimmen die kolportierten Namen?
Faymann: Ich bitte um Verständnis, dass ich die Entscheidung erst am Montag der kommenden Woche bekannt geben und kommentieren werde. Das ist eine Frage des Respekts meiner Partei gegenüber, dass ich das zuerst in den Gremien diskutiere und erst dann öffentlich.
ÖSTERREICH: Sie dementieren die Personalwechsel nicht?
Faymann: Ich dementiere nichts, weil das erst am Montag in den Gremien beschlossen wird. Bis dahin bitte Geduld.
ÖSTERREICH: Viele meinen, durch den Abgang von Doris Bures würden Sie geschwächt?
Faymann: Das ist – mit Verlaub – ein wirklicher Unsinn. Ich bin mit Doris Bures so eng verbunden, dass sie mir in jeder Position Partner und Berater sein wird. Sie werden im Herbst einen sehr starken, sehr engagierten Kanzler erleben. In diesem Herbst werde ich mir gerade als Kanzler die ganz zentralen Projekte dieser Regierung auch als persönliche Projekte aussuchen und sehr zentral führen. Das wird das Thema Wohnen sein. Das wird die Bildungspolitik sein. Und das wird insbesondere auch die Internet-Zukunft, also der Breitband-Ausbau in diesem Land sein.
ÖSTERREICH: Was wird Ihr entscheidendes Projekt im Herbst?
Faymann: Die entscheidende Frage wird sein: Schaffen wir die Steuersenkung, damit dem Arbeitnehmer mehr netto bleibt. Da werde ich mich an die Spitze der Steuerreform-Bewegung stellen und betrachte jede Initiative als wertvolle Unterstützung.

Interview: Wolfgang Fellner

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