ÖSTERREICH-Interview
Faymann zeigt seine Muskeln
10.09.2009
Der Kanzler fordert im ersten Interview nach dem Krach ein Ende des Streits.
ÖSTERREICH: In den vergangenen Tagen herrschte ja nicht
gerade eine rot-schwarze Harmonie. Was erwarten Sie sich also von der
Regierungsklausur am Montag?
Werner Faymann: Die Regierung
arbeitet eng zusammen, wenn es um die Zukunft des Landes geht. Das heißt,
ich erwarte mir bei allen wesentlichen Punkten – Bildung, Gesundheit,
Arbeitssicherung – eine politische Diskussion, die aber am Ende zeigt, dass
wir nicht nur beim Sparen, sondern auch beim Reformieren auf einer Linie
sind.
ÖSTERREICH: Das heißt?
Faymann: Dass
reformieren mehr als sparen ist. Es ist klar, dass man dafür auch die
Sozialpartner und auch die Länder braucht, aber der klare Wille zur Reform
muss bei der Klausur deutlich werden.
ÖSTERREICH: Zum Beispiel in der Bildungspolitik? Sie haben
selbst gesagt, es war ein Fehler, dass Sie Ministerin Schmied zu wenig
unterstützt hatten?
Faymann: Ich habe Claudia Schmied
persönlich schon stark unterstützt. Nur in der Regierung hat es ein wenig so
gewirkt, als würde sie alleine da stehen. Jetzt muss man die Bildungsreform
so einfädeln, dass von vornhinein klar ist, wie die neue Schule ausschauen
soll. Sie soll ja die beste Schule sein. Die ganztätige Schule bedeutet
auch, dass wir die Rahmenbedingungen schaffen müssen. Es geht um die
Arbeitsbedingungen für Lehrer, aber auch um ein neues Gehaltsschema, wo
junge Lehrer mehr verdienen und die Gehaltskurve dann nicht am Schluss so
stark nach oben zeigt. Das sind harte Fragen und Aufgaben und da muss
diesmal die ganze Regierung zeigen, dass Schmied da nicht alleine ist.
ÖSTERREICH: Aber die ÖVP hat sich in den vergangenen Tagen
besonders auf Schmied eingeschossen, oder?
Faymann: Schon,
aber wir haben das in der Regierung ausgeredet.
ÖSTERREICH: In der Ministerratssitzung haben Sie lautstark
eingefordert, dass die Angriffe auf Schmied aufhören sollen ...
Faymann:
Ministerratssitzungen sind vertraulich und das bleibt auch so. Es hat eine
offene Aussprache und Diskussion gegeben.
ÖSTERREICH: Und hat das irgendwas gebracht?
Faymann:
Wir haben besprochen, wie wir konstruktiv für das Land arbeiten können –
ohne irgendeine Art von Wadlbeißerei.Jetzt geht es um gemeinsame Reformen.
ÖSTERREICH: Was ist neben der Schulreform Ihr Hauptziel für
den Herbst?
Faymann: Wir haben eine Ausbildungsgarantie für
jeden Lehrling abgegeben. Aber wir müssen auch auf die Zeit nach der
Ausbildung achten. Wir haben zwar die zweitgeringste Arbeitslosenrate in der
EU, aber in diesem Bereich gehen die Zahlen leider nach oben. Da müssen wir
aktiv werden. Wir müssen auch für Steuergerechtigkeit sorgen. Es wird keine
neuen Massensteuern geben, da sind sich beide Seiten einig. Aber wir werden
neben Einsparungen im Verwaltungsbereich auch Gelder lukrieren müssen. Eine
europäische Transaktionssteuer würde sehr viel bringen.
ÖSTERREICH: Apropos Europa, Ex-Kanzler Schüssel meinte, er
hätte dem EU-Chef damals vier potenzielle Kommissarskandidaten
vorgeschlagen. Diesmal haben Sie sich auf Ex-VP-Chef Molterer mit der ÖVP
geeinigt?
Faymann: Ich halte mich da an den Rat von Franz
Fischler, der meinte, das müsse vertraulich mit dem Kommissionspräsidenten
besprochen werden. Ich bin im regen Kontakt mit José Manuel Barroso.
ÖSTERREICH: Sie überlassen aber der VP den Posten? Viele in
der SPÖ wollen ja einen roten Kommissar.
Faymann: Es ist
vereinbart, dass die ÖVP das Vorschlagsrecht hat. Dazu stehe ich. Das heißt
aber natürlich nicht, dass es da einen Blankoscheck gibt. Es muss erst klar
sein, welches Portfolio wir bekommen.
ÖSTERREICH: Am 27. September wählt Oberösterreich. Da schaut
es schlecht für die SPÖ aus. Befürchten Sie danach nicht Ärger?
Faymann:
Die Menschen unterscheiden sehr genau zwischen Landtags- und
Nationalratswahlen.