Das Hearing im Sozialausschuss zur Gesundheitsreform ging am Mittwoch in die zweite Runde. Dabei kamen zahlreiche Experten abhanden.
Dem Expertenhearing zur Gesundheitsreform im Sozialausschuss des Nationalrats sind in der Endphase mehrere Experten abhanden gekommen. Entschuldigen lassen hatten sich für Mittwochnachmittag Arbeits- und Sozialrechtler Wolfgang Mazal, sowie die Verfassungsjuristen Theodor Öhlinger und Heinz Mayer. Die anwesenden Ausschussmitglieder bedauerten öffentlich das Fehlen der Experten, hatte man sich doch Erkenntnisse zur umstrittenen Strukturreform der Krankenkassen erwartet.
Versicherungs-Vertreter
Weiters hatten Mittwochnachmittag
Vertreter der einzelnen Sozialversicherungen das Wort. Franz Bittner,
Vorsitzender der Trägerkonferenz, ging nach einem Resümee was den Weg zum
Reformentwurf betrifft zu seinem Anliegen über: "Persönlich lege ich
allergrößten Wert darauf, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam die
Sozialversicherung verwalten." Die geplante Strukturänderung verteidigte er,
diese solle dem Ziel "gleiche Leistungen zu gleichen Beiträgen" näher kommen.
Katzian nimmt Mitarbeiter in Schutz
Zu Wort kamen auch Vertreter
der Einzelgewerkschaften. GPA-Vorsitzender Wolfgang Katzian nahm die
Bediensteten der Sozialversicherung in Schutz: Die Mitarbeiter seien dort
sehr wohl zu Veränderungen bereit. "Nicht bereit sind sie, dass über sie
drübergefahren wird." Vorsichtig müsse man zudem mit Äußerungen sein, dass
25.000 Aktenträger in der Organisation beschäftigt seien. "Diese Mitarbeiter
leisten wichtige Arbeit im Gesundheitswesen." Und abschließend: "Mir geht es
darum, einen geordneten Übergang zu machen."
Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) ließ Gerhard Vogel, Direktor der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), für ihre Interessen sprechen. Die Selbstverwaltung der Träger sei wichtiger Bestandteil des Gesundheitssystems. "Wollen wir diese Grundfeste wirklich über Bord werfen?" Anstatt das System zu verlassen, solle man darauf aufbauen, so Vogel.
Vormittag
Zu Wort kamen am Vormittag unter anderem Vertreter des
Hauptverbands, der Patientenanwaltschaft, des Obersten Sanitätsrats (OSR)
sowie des Österreichischen Bundesinstituts für das Gesundheitswesen (ÖBIG).
Dabei brachen die Institutionen großteils eine Lanze für die wild
umstrittene Kassenreform von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (V).
Drastische finanzielle Situation
Auf die drastische finanzielle
Situation vor allem der Gebietskrankenkassen wies Erich Laminger, Chef des
Hauptverbandes (HV) der österreichischen Sozialversicherungsträger, erneut
hin: "Uns bewegt die Tatsache, dass wir merken, die Einnahmen bleiben
hinter den Ausgaben zurück." Darum begrüße der Hauptverband auch
die Maßnahmen zur Kassensanierung, durch die die jährlichen Ausgaben der
Kassen bis 2012 von 16,08 auf 15,5 Mrd. Euro reduziert würden, so Laminger.
Kein Problem hat auch die Patientenanwaltschaft mit Kdolskys Entwurf. "Ich sehe durch diese Maßnahmen nicht die Zerstörung des österreichischen Gesundheitswesens", so Anwältesprecher Gerald Bachinger. Durch die Aut-idem-Regelung gehe keinesfalls die Therapiehoheit der Mediziner verloren, das Ausstellen einer Quittung sollte für moderne Ordinationen keinen Aufwand darstellen. Der allgemeine Standpunkt der Patientenanwaltschaft, auch in punkto Einzelverträge: "Patientenschutz muss vor Arztschutz gehen."
Gewerkschaft hinterfragt
Eine differenziertere Sicht auf die
Gesundheitsreform vertrat OSR-Präsident Ernst Wolner. Er hinterfragte das Ja
des ÖGB zu den Einzelverträgen. "Das ist so, als würde er
(der Gewerkschaftsbund, Anm.) die Hoheit über die Kollektivverträge verlieren",
zog er einen vielstrapazierten Vergleich. Den interessantesten Punkt für den
OSR stelle jedenfalls die Qualitätssicherung dar. Aut idem solle man "einmal
ausprobieren", bei der Quittung könnte es zudem zu einer
Solidarisierung mit den Ärzten kommen - "wenn man sieht, wie wenig
Leistung von den Kassen honoriert wird".
Michaela Moritz, Geschäftsführerin des ÖBIG versuchte, Befürchtungen der Ärzte hinsichtlich der drohenden Qualitätskontrollen zu zerstreuen: "Klar ist, die Evaluierung ist nicht Grundlage für eine Vertragskündigung." Diese Tatsache sei aus dem Gesetzesentwurf kaum herauszulesen. Es sei auch nicht so, dass plötzlich "Schwarzkappler" - also klassische Kontrolleure - in den Ordinationen auftauchen würden. Auch Aut idem verteidigte Moritz, in sämtlichen europäischen Staaten seien Einsparungen durch diese Regelung nachgewiesen.
Das Expertenhearing ist bis 16 Uhr angesetzt, am Nachmittag kommen Vertreter der Sozialversicherungs-Trägerkonferenz, sowie Sozialrechts- und Verfassungsexperten zu Wort.