Die Bundesländer sind sehr zurückhaltend in der Sache. Jetzt wirbt die Innenministerin mit wirtschaftlichen Vorteilen: "Dieser Betrieb ist krisenfest".
Das Innenministerium startet eine Art Preisausschreiben. Der Haupttreffer: Ein Flüchtlingslager, genannt Erstaufnahmestelle Süd. Dass die Errichtung solch eines Zentrums für rund 250 Asylwerber für viele Gemeinden ein Gewinn wäre, versucht ÖVP-Innenministerin Maria Fekter nun anhand von Zahlenmaterial darzustellen. Gemäß einer in Auftrag gegebenen Studie würden rund 130 ständige Arbeitsplätze entstehen, die Wertschöpfung läge bei etwa fünf Millionen Euro.
Bewerbungen erbeten
Diesen Preis kassieren können nur Gemeinden
im Burgenland, der Steiermark oder in Kärnten. Nur sie werden vom
Innenministerium angeschrieben, ob sie sich nicht bis September für die
Errichtung des dritten Erstaufnahmezentrums bewerben wollen. Denn Fekter
legt auf eine ausgewogene Verteilung der Flüchtlinge Wert, und Nieder- und
Oberösterreich sind mit Traiskirchen und Thalham ausgelastet. Dass nun der
Süden dran ist, begründet die Ministerin mit den Wanderungsströmen aus dem
Süden Europas.
Keiner interessiert?
Dass sich keine Gemeinde finden könnte, die
das Erstaufnahmezentrum will, kann sich die Ressortchefin nicht vorstellen.
Es habe ja bereits Interessenten gegeben. Warum diese nicht genommen wurden,
begründet Fekter vage mit Überlegungen, nur den optimalen und möglichst
kostengünstigen Standort auszuwählen. Auf die Frage, wie viele bzw. welche
Gemeinden sich um das Flüchtlingslager beworben haben sollen, blieb die
Ministerin eine Antwort schuld.
Flüchtlingslager statt Schubhaftzentrum
Eher
unwahrscheinlich ist, dass ein Bundesland sowohl das Erstaufnahmezentrum als
auch das geplante Schubhaft-Zentrum erhält. Bei letzterem hofft Fekter
weiterhin auf ein Umdenken von Leoben, das als Standort vorgesehen und aus
Sicht der Ministerin ideal geeignet ist. Würde sich allerdings eine
steirische Gemeinde für das Flüchtlingslager finden, sei die
Wahrscheinlichkeit groß, dass das "Kompetenzzentrum für
aufenthaltsbeendende Maßnahmen" doch in einem anderen Bundesland
entsteht, betont die Ressortchefin.
"Dieser Betrieb ist krisenfest"
Die Vorteile eines
Erstaufnahmezentrums für eine Gemeinde sind laut Fekter wirtschaftlicher
Natur: "Dieser Betrieb ist krisenfest und konjunkturunabhängig."
Neben den zusätzlichen Arbeitsplätzen gebe es auch für die lokale Wirtschaft
Vorteile. So würden in Thalham etwa 500 Semmeln zusätzlich pro Tag verkauft,
so die Ministerin. Weitere Vorteile: Schul- und Kindergartenstandorte
könnten erhalten bleiben, eine Polizeistelle werde neu errichtet oder die
bereits bestehende ausgebaut.
Beworben wird die Erstaufnahmestelle mit einem knapp 20-seitigen Folder mit bunten Bildern und zahlreichen "Fragen und Antworten". Das Innenministerium versichert etwa, dass Asylwerber-Kinder nur dann in die Klassen integriert werden, wenn sie über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen oder, dass die Polizei in und um das Zentrum für Sicherheit und Ordnung sorgen wird. Auch der Tagesablauf des Asylwerbers wird geschildert. Er muss sich Einvernahmen und ärztlichen Untersuchungen stellen sowie seine Mahlzeiten zu fixen Zeiten einnehmen, dazu komme noch die Nachtruhe. Daher bleibe im Zulassungsverfahren nur eine beschränkte Zeit zur eigenen Verwendung.
Ende der Bewerbungsfrist ist im September. Dann wird mit den Bewerbern in Verhandlungen getreten, sofern sich welche gemeldet haben. Nicht ausgeschlossen wurde von Fekter, dass es zusätzliche Infrastrukturzuschüsse oder ähnliches für die Gemeinden geben könnte, wenn es im Zusammenhang mit der Errichtung des Lagers steht. Möglichst noch heuer will die Ministerin die Standort-Entscheidung durch haben. Eröffnet werden soll das Erstaufnahmezentrum dann 2011.
Voves "strikt" dagegen
Der steirische Landeshauptmann
Franz Voves (S) lehnt ein Erstaufnahmezentrum strikt ab und zeigte sich in
einer Reaktion auf die Aussagen von Fekter verwundert, dass die Steiermark
als Standort überhaupt in Erwägung gezogen werde. Dies sei für ihn nicht
nachvollziehbar. Voves beruft sich auch auf den entsprechenden Inhalt eines
Vier-Augen-Gesprächs mit Fekter anlässlich des Österreichischen Städtetages.
Sicher nicht in Kärnten
Mit "entschiedener"
Ablehnung reagiert das BZÖ. In Kärnten würde sich "garantiert"
keine Gemeinde für eine Erstaufnahmestelle bewerben, so Generalsekretär
Martin Strutz. Das BZÖ werde "jedmöglichen Widerstand"
leisten, assistiert Generalsekretär Stefan Petzner. Petzner sieht sogar eine
mögliche "größte Bürgerprotestbewegung"
heraufdämmern. Ein restriktives Fremdenrecht, schnelle Verfahren und die
beiden bestehenden Lager Traiskirchen und Thalham sollten reichen, meint
Strutz.