Die Innenministerin rüttelt an Abschiebeschutz und Asylstatus, außerdem soll schneller Schubhaft verhängt werden.
ÖVP-Innenministerin Maria Fekter will die Abschiebung von Fremden beschleunigen und ihr Abtauchen in die Illegalität durch verschärfte Schubhaft-Regelungen verhindern. Das kündigte die Ressortchefin bei einem Hintergrundgespräch an, in dessen Rahmen die neue Fremdenrechtsnovelle präsentiert wurde. Die Vorlage enthält auch einige Entschärfungen. So werden Angehörige nicht mehr bestraft, wenn sie ihren Verwandten Beihilfe zum unbefugten Aufenthalt leisten.
"Sicherstes Land der Welt"
Fekter sieht die Novelle
als Teil ihres Projekts, Österreich "zum sichersten Land der Welt"
zu machen. Dazu gehöre eben auch ein geregeltes Fremdenrecht. Ausgeschaltet
werden soll in erster Linie Missbrauch.
Dublin-Fälle und Folgeanträge
Als besonderes Problem
haben sich nach Angaben der Innenministerin und des Leiters des
Bundesasylamts Manfred Taucher in den vergangenen Monaten die Dublin-Fälle
und Folgeanträge erwiesen. Ersteres meint jene Fälle, wo ein anderer
EU-Staat für das Verfahren zuständig ist, weil der Asylwerbende nachweislich
über dieses Land in die Union eingereist ist. Folgeanträge sind Anträge, die
dazu dienen, mittels weiteren Ansuchens eine Abschiebung zumindest
herauszuzögern, nachdem die Instanzen bereits negativ entschieden haben.
Abschiebeschutz aufheben
Gerade in diesem Punkt drückt Fekter
nun aufs Tempo. Immerhin sind laut Taucher in den ersten fünf Monaten dieses
Jahres bereits 600 solcher Folgeanträge aufgetaucht und negativ beschieden
worden. Was sich nun ändert ist, dass das Bundesasylamt den faktischen
Abschiebeschutz aufheben kann, wenn eine aufrechte Ausweisung besteht. Den
Sanktus geben muss dann noch die zweite Instanz, der Asylgerichtshof. Dann
kann das Verfahren auch in Abwesenheit des Asylwerbers abgewickelt werden.
Last-Minute-Verfahren
Eingezogen wird auch eine Art
Last-Minute-Verfahren. Wird der Folgeantrag innerhalb von zehn Tagen vor der
Abschiebung eingebracht, gibt es grundsätzlich keinen Schutz mehr außer in
bestimmten subjektiven Ausnahmefällen. Kommt der Antrag zwei Tage vor der
Abschiebung, wird nur noch "objektiv" geprüft. Das heißt im
Klartext: Es wird abgeschoben, wenn nicht im Herkunftsland z.B. ein
Bürgerkrieg ausbricht.
Ausweisung bei Anklage
Mehr Tempo will Fekter zudem bei der
Ausweisung straffällig gewordener Asylwerber. Künftig kann schon ein
beschleunigtes Verfahren eingeleitet werden, wenn der Staatsanwalt nur
Anklage erhoben hat.
Ausweisung trotz Asylstatus
Auch der bereits erlangte Asylstatus
soll nach den Plänen der Innenministerin nicht unbedingt vor Abschiebung
schützen. Nach einer Straftat, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe
bedroht ist, soll nämlich ausgewiesen werden können, wenn die Asylgründe
nicht mehr vorliegen. Gleiches gilt für subsidiär Schutzberechtigte, also
Personen, denen zwar kein Asyl zusteht, die aber aus anderen Gründen nicht
abgeschoben werden können.
Schubhaft schneller verhängen
Häufiger angewendet werden
dürfte in Zukunft die Schubhaft. Die Tatbestände, deretwegen diese Mittel
verhängt werden können, sollen "adaptiert" werden. Was
das genau bedeutet, sagte Fekter nicht. Kapazitäten, um mehr Schubhäftlinge
aufzunehmen, seien jedenfalls vorhanden, verwies die Ministerin darauf, dass
die Zahl der Schubhäftlinge seit 2006 von gut 8.700 auf knapp 5.400 im
Vorjahr gesunken sei. Noch dazu ist ja weiter ein großes Schubhaftzentrum
geplant. Fekter will es in Leoben errichten, fix ist aber noch nichts: "Ich
hätte es gerne in Leoben, aber die Leobener wollen die zusätzlichen
Arbeitsplätze noch nicht."
Beschwerden bei Dublin kürzen
Beim Dublin-Verfahren soll
eine Beschleunigung erwirkt werden, indem die Beschwerdefrist auf eine Woche
reduziert wird. Über das Dublin-Verfahren wurden heuer in den ersten vier
Monaten 540 Personen außer Landes gebracht. Im Vergleich dazu: 778 Personen
wurden normal abgeschoben, 505 wieder über die Grenze zurückgeschickt. Die
größte Gruppe sind aber die freiwilligen Heimkehrer, nämlich rund 1.650
Personen.
Verbleib im Bezirk
Eingeschränkt wird auch der Bewegungsfreiraum
für Asylwerber, wenn sie sich noch im Zulassungsverfahren befinden. Sie
dürfen sich während der gesamten Prüfung, ob in Österreich ein Asylverfahren
durchzuführen ist, nur im zuständigen politischen Bezirk aufhalten. Bisher
war diese Beschränkung maximal 20 Tage möglich. Zusätzlich wird eine
Meldepflicht eingezogen, wenn sich eine negative Entscheidung im
Zulassungsverfahren anbahnt. Gleiches gilt für obdachlose Asylwerber.
Altersfeststellung per Röntgen
Asylmissbrauch betrifft
jener Passus, der eine Altersfeststellung per Röntgen vorsieht. Konkret geht
es Fekter darum zu verhindern, dass sich Asylwerber mit gefälschten
Dokumenten als Jugendliche ausgeben, die ein erleichtertes Verfahren
erwarten dürfen. Verschärft wird zudem die Mitwirkungspflicht des Fremden
etwa bei der Beschaffung von Dokumenten.
Daueraufenthalt für Subsidiäre
Einige Passagen des
Fremdenrechtspaketes bringen freilich auch Erleichterungen für bestimmte
Gruppen. So können subsidiär Schutzberechtigte nach fünf Jahren einen
Daueraufenthaltstitel erwerben. Bisher ist der Modus so, dass bei nicht
abschiebbaren Personen nur von Jahr zu Jahr entschieden wird, ob sie weiter
in Österreich bleiben dürfen.
Familie künftig straffrei
Eine viel kritisierte Regelung
betreffend die Unterstützung von illegalen Einwanderern durch
Familienmitglieder wird aufgehoben. Sie sind künftig straffrei. Dafür werden
Fremde straffällig, wenn sie eine Scheinehe - im Beamtendeutsch
Aufenthaltsehe - eingehen. Bisher wurde nur der österreichische Staatsbürger
in diesen Fällen belangt.
Kleine Erleichterungen gibt es auch, was das Staatsbürgerschaftsrecht betrifft. So ist es künftig wieder möglich, an ein im Ausland lebendes minderjähriges Adoptivkind die Staatsbürgerschaft zu verleihen, ohne eine Niederlassung in Österreich einzufordern. Freuen dürfen sich auch Diplomaten. Heiraten sie einen ausländischen Partner und leben mit ihm außerhalb Österreichs in aufrechter Ehe, erhält die Ehefrau oder der Ehemann den österreichischen Pass.
"Kulturdelikte" gibt's noch nicht
Noch nichts wird es
mit den von Fekter geplanten eigenen Tatbeständen, was "Kulturdelikte"
bzw. den Straftatbestand "Identitätsbetrug" betrifft. Hier
sei man mit dem zuständigen Justizministerium in Gesprächen.
Ab nächstem Jahr in Kraft?
Das Fremdenrechtspaket geht
dagegen bereits jetzt in Begutachtung, wo es auch sechs Wochen bleiben soll.
Im September stehen Beschluss im Ministerrat und parlamentarische Beratungen
an. In Kraft treten soll das Paket mit 1. Jänner kommenden Jahres. Eile
sieht Fekter geboten. Immerhin ist die Zahl der Asylanträge entgegen dem
Trend der vergangenen Jahre heuer in den ersten fünf Monaten um 37 Prozent
angestiegen.
FPÖ ortet "Kleckern statt Klotzen"
Die Devise der
Innenministerin laute offenbar "Kleckern statt Klotzen", meint
FPÖ-Bundesparteichef Heinz-Christian Strache. Ihre Vorhaben sind ihm viel
zuwenig weitreichend, eine echte Verschärfung des Asylrechts sieht er nicht.
Ganz im Gegenteil gebe es sogar Aufweichungen, wenn etwa Angehörige nicht
mehr bestraft würden, die ihren Verwandten Beihilfe zum unbefugten
Aufenthalt leisten. Für Missbrauch gebe es immer noch genug Anreize, urteilt
Strache.
BZÖ sieht "Einladungskarte"
Den Orangen geht
Fekters Reform auch nicht weit genug. BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz
fordert ein strengeres Vorgehen bei Asylmissbrauch und den Ausschluss
sämtlicher Sonderregelungen. So gebe es wieder Schlupflöcher. Die
Vorstellungen der Innenministerin seien eine "Einladungskarte erster
Klasse" für alle Asylsuchenden.
Grüne kritisieren "Verschärfungswahn"
"Innenministerin
Maria Fekter streut der Bevölkerung Sand in die Augen", kritisiert die Grüne
Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Fekter gebe mit ihren ständigen
Verschärfungen vor, die Probleme im Asylwesen zu lösen. Tatsächlich schaffe
sie aber "ein extrem kompliziertes System, das selbst ihre Beamten schwer
durchschauen". Damit werde der Asylgerichtshof noch mehr belastet als bisher.